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2007/05/11

Cultural Heritage (only available in gERman)

01 _ Kulturvermittlung mit digitalen Medien
02 _ Zum Begriff: Cultural Heritage
03 _ Simulation als Erzählung und Erforschung von Kultur
04 _ Simulation mit Photographie, Film- und Videotechnik
05 _ Computerunterstützte Visualisierung als Forschungsinstrument
06 _ Präsentation der Simulation: Vermittlung und Mediale Inszenierung
07 _ Wissenschaftlichkeit versus Suggestionskraft
08 _ Kritik an der Simulation
09 _ Exkurs: Zum Begriff der Simulation
10 _ Projektauswahl

05 _ Computerunterstützte Visualisierung als Forschungsinstrument

Während Simulationen der sinnlich erfahrbaren Eigenschaften real existierender Orte, Kulturgüter und Vorgänge häufig auf dokumentarischen Aufnahmen basieren, erfordert die Visualisierung vergangener oder fiktiver Bauten, Objekte, Zustände und Vorgänge eine Rekonstruktionsleistung. Zahlreiche Projekte zeigen mittels 3D-Software und den Techniken der Computervisualisierung Rekonstruktionen als digitale, aber dennoch sinnlich (visuell) erfahrbare Simulationen.
Computergenerierte Architekturmodelle werden mit so genannten CAD- (Computer Aided Design), bzw. CAAD- (Computer Aided Architectural Design) oder anderen 3D-Modelling-Programmen erschaffen. Die Entwicklung dieser Software wirkt sich unmittelbar auf die mit ihrer Hilfe erstellten Simulationen, etwa den Grad ihrer Naturtreue, aus. Während etwa 1989-1990 an der ETH Zürich noch mit einer frühen AutoCAD-Version das antike › Aventicum als abstrakte 3D-Visualisierung rekonstruiert wurde, gelingt über zehn Jahre später an der TU Darmstadt mit Hilfe der Software Maya 2.0 - 3.0 der fast fotorealistische digitale Nachbau der › Synagogen in Deutschland.
Digitale Modelle werden stets im Maßstab 1:1 ausgeführt. Dies ermöglicht - im Unterschied zum physischen Modell - die Integration aller Details. Der digitale Nachbau ermöglicht außerdem die Belegung der einzelnen graphischen Elemente mit Zusatzinformation, etwa über die Eigenschaften des repräsentierten Materials. Beispiele schließen die Simulation der Raumakustik, des Wärmeverhaltens oder des Lichteinfalls (› AML, › Sternkirche) ein. Ferner werden architektonische Entwicklungsprozesse visualisiert (› Manhattan Timeformations) und digitale Raummodelle durch animierte Figuren virtuell belebt (› LifePlus) › [6].

Jedes Modell eines realen Bauwerks fordert eine Vollständigkeit, die nicht unbedingt eine Detailfülle, wohl aber eine schlüssige Gesamtrepräsentation meint. Dies gilt für den Einsatz im architektonischen Entwurfsprozess ebenso wie für eine Simulation bestehender und die virtuelle Rekonstruktion historischer Bauten. Hier wie dort müssen Widersprüche in der Datenlage und innerhalb wissenschaftlicher Theorien unbedingt ausgeräumt werden. Die in den verschiedenen Projekten erarbeiteten Modelle basieren häufig auf Bild-, Text- oder anderen Informationen über das zu rekonstruierende Objekt, die in die digitalen Rekonstruktionsmedien übersetzt werden. Im Unterschied zur zweidimensionalen Zeichnung wird am 3D Modell sofort offensichtlich, wenn sich das Bauwerk nicht als plausibles Ganzes zusammenfügen lässt. Widersprüche und Probleme können also nicht umgangen werden, sondern müssen - wie beim realen Bauvorgang selbst - geklärt werden. Das konstruktive Modell duldet keine Unschärfe.

In diesem Sinne ist eine digitale Rekonstruktion eines nicht mehr existierenden oder nie gebauten Gebäudes - gerade dann wenn nicht alle Daten vollständig und eindeutig vorliegen - immer auch als architekturhistorisches Forschungsprojekt und das Modell als wissenschaftliches Instrument zu verstehen. Bei der Rekonstruktion historischer Bauten resultiert hieraus auch immer wieder die Widerlegung oder Bestätigung lang diskutierter kunst- oder architekturhistorischer beziehungsweise archäologischer Theorien.

Die Relevanz der Simulation als Forschungsinstrument hebt auch Hubertus Günther unter dem Stichwort der "kritischen Computer Visualisierung" hervor › [7]. Anhand der 1998 unter seiner Leitung durchgeführten Simulation von Sebastiano Serlios Projekt für eine "Loggia per mercanti" in Lyon › [8] (Projekt Serlio) beschreibt er zum Beispiel die Auseinandersetzung mit zwei voneinander abweichenden Rissen. Zudem wurde "über ein Kalkül mit Maßen und Säulenordnungen" die Seitenfassade rekonstruiert, die Serlio nicht im Aufriss darstellt. › [9] Dies führte auch zu neuen Erkenntnissen über das Anliegen und die Vorgehensweise Serlios.
Das Projekt › Virtuelle Archäologie ist schließlich explizit als ein auf einer Datenbank basierendes Arbeitsinstrument für die archäologische Forschung konzipiert. Wissensmanagement und Präsentationsmodus verbindend, dient das System der Aufnahme und Visualisierung der archäologischen Daten und zeichnet sich durch eine ständige Aktualisierbarkeit der erstellten digitalen Modelle aus.

[6] Zu weiteren verwandten Projekten des MiraLabs siehe: » http://www.miralab.unige.ch//3research/research_projects.cfm..
[7] GÜNTHER, Hubertus: Kritische Computer-Visualisierung in der kunsthistorischen Lehre. In: FRINGS, Marcus (Hrsg.): Der Modelle Tugend. CAD und die neuen Räume der Kunstgeschichte. Weimar 2001, S.111-132.
[8] vgl. auch: ZUMSTEG, Martin: Technische Aspekte des Projekts Serlio. A.a.O., S.123-128; GÜNTHER, Hubertus: Serlios Projekt für eine Loggia per mercanti in Lyon als Modell für eine kritische computergestützte Visualisierung von Architektur, in: Kunstchronik 52, 1999, S.547f.
[9] GÜNTHER, Hubertus, a.a.O., S.113.

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