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2007/05/11

Cultural Heritage (only available in gERman)

01 _ Kulturvermittlung mit digitalen Medien
02 _ Zum Begriff: Cultural Heritage
03 _ Simulation als Erzählung und Erforschung von Kultur
04 _ Simulation mit Photographie, Film- und Videotechnik
05 _ Computerunterstützte Visualisierung als Forschungsinstrument
06 _ Präsentation der Simulation: Vermittlung und Mediale Inszenierung
07 _ Wissenschaftlichkeit versus Suggestionskraft
08 _ Kritik an der Simulation
09 _ Exkurs: Zum Begriff der Simulation
10 _ Projektauswahl

02 _ Zum Begriff: Cultural Heritage

Der Begriff des "kulturellen Erbes" wird für kulturelle Artefakte verwendet, die im Hinblick auf lokal oder national erinnerte Traditionen eine identitätsstiftende Rolle spielen oder im Rahmen der 1972 entstandenen Konvention für "Kultur- und Naturerbe der Menschheit" › [1] ein wichtiges Zeugnis der menschlicher Geschichte darstellen. In der IT-Forschung versteht man unter dem Schlagwort "Cultural Heritage" allerdings das digitale Speichern, Sammeln und Bewahren von Informationen über historische Kulturgüter. Entsprechend geht es vornehmlich um die Anwendung von Aufzeichnungs-, Steuerungs- und Übertragungstechnologien. Die Projekte erforschen beispielsweise die Digitalisierung von Archiven bzw. die digitale Reproduktion kultureller Artefakte, die Langzeitarchivierung digitaler Daten und den Aufbau von Netzwerken, um das vorhandene Wissen zusammenzutragen. Viele dieser Fragestellungen sind vor allem für eine Fachöffentlichkeit relevant (historische Archive Bibliotheken, Bildarchive, Museen, Forschungseinrichtungen).
Der Fokus dieser Betrachtung liegt auf der Frage, wie digitale Technologien für kulturelle Erinnerung eingesetzt werden können. Wie werden die gespeicherten, gesammelten, bewahrten und rekonstruierten Inhalte dem Publikum vermittelt? Dabei kommt 3D-Simulationen, die einen visuellen Eindruck historischer Stätten oder Bauwerke vermitteln, eine wichtige Bedeutung zu. Verschiedene Ansätze dazu werden im Folgenden vorgestellt. Die meisten Projekte zur Vermittlung des kulturellen Erbes gehen von einem Artefakt aus, das zeitlich, gesellschaftlich und geografisch aus seinem ursprünglichen Kontext herausgenommen ist, so dass das einzelne Objekt im Mittelpunkt steht. Innovative Vermittlungskonzepte verbinden jedoch Inhalte, Erlebnis- und Erfahrungsräume und Lernangebote in einer medialen Gesamtinszenierung, in der verschiedene Vermittlungsebenen und Medien ineinander greifen, wie z.B. im Haus der Musik in Wien. › [2]
Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Themas "Kulturvermittlung mit digitalen Medien", die Frage, wie Informationen strukturiert und visualisiert werden, wird allgemeiner unter dem Thema › Explore Information diskutiert.
Digitale Medien nehmen bei der Dokumentation, Speicherung und Vermittlung des kulturellen Erbes eine immer wichtigere Rolle ein. Durch die immensen Speicherkapazitäten und die verlustlose Reproduzierbarkeit digitaler Daten schienen digitale Technologien auf den ersten Blick das optimale Medium zur Sicherung historischer Daten und Bestände zu sein. Inzwischen hat sich allerdings gezeigt, dass es kaum ein Medium gibt, das stärker vom Verfall bedroht ist. Aussagen von Chipherstellern › [3], die noch Ende der 90er Jahre ewige Haltbarkeit versprachen, werden durch neue Betriebssysteme und unterschiedliche Standards widerlegt. Digitale Werke, die an bestimmte Hardware, Software oder Browser gebunden sind, haben eine begrenzte Dauer. Der Wissenschaftler Jeff Rothenberg › [4] beschreibt den Verfall, der durch die rapide technische Entwicklung bedingt ist, in Fünfjahreszyklen und stellt fest: "Digital Information Lasts Forever - Or Five Years, Whichever Comes First".
Dies bedeutet, dass die zur Sicherung und Vermittlung des kulturellen Erbes hergestellten Daten selbst vom Verlust bedroht sind. Schwerer noch, da bisher nur im Bewusstsein weniger Entscheidungsträger angekommen, wiegt jedoch die Tatsache, dass viele medienkünstlerische Arbeiten der Gefahr des Verschwindens ausgesetzt sind. Die Programme, mit denen sie produziert wurden, sind mit neueren Softwareversionen inkompatibel und defekte Hardware ist häufig nach einigen Jahren nicht mehr ersetzbar. Während für die Erhaltung von Werken der Film- und Videokunst in den letzten Jahren konservatorische Lösungsmodelle entwickelt wurden, sind die Probleme der Dokumentation und der Rekonstruktion sowie der Erhalt komplexer und vernetzter Formen des digitalen kulturellen Erbes nicht gelöst. In jüngster Zeit wurden hierfür erste Modelle entwickelt und erprobt. › [5] Da die digitale Kunst bisher jedoch nur in wenigen musealen Sammlungen vertreten ist und den Museen für solche konservatorische Aufgaben die fachlichen und finanziellen Mittel fehlen, gehen künstlerische Arbeiten auf der Basis digitaler Technologie verloren, bevor sie innerhalb des Fachdiskurses fundiert analysiert und gewürdigt werden können.
Der Begriff des kulturellen Erbes müsste also auf Werke der aktuellen digitalen Kultur ausgeweitet werden, da andernfalls künftig in der kulturellen Erinnerung eine ganze Periode künstlerischer Arbeiten der konkreten Anschauung entzogen wird. Die Dokumentation digitaler Werke, wie sie auf netzspannung.org und auch in anderen Archiven zu finden ist, bildet einen wesentlichen Beitrag, um diese Arbeiten vor dem Vergessen zu bewahren. Sie kann jedoch die unmittelbaren Rezeptionsprozesse der Arbeiten in Ausstellungen nicht ersetzen.
[1] "Kultur- und Naturerbe der Menschheit", » http://www.unesco.de/c_arbeitsgebiete/info-welterbe.pdf.
[2] "Haus der Musik in Wien", » http://www.haus-der-musik-wien.at.
[3] "Digital information is forever. It doesn't deteriorate and requires little in the way of material media." Andy S. Grove, Geschäftsführer/CEO bis 1998, Intel Corporation.
[4] Jeff Rothenberg, Senior Researcher, RAND Corporation, Santa Monica, CA, » http://aic.stanford.edu/meetings/archives/2000/rothenberg.html.
[5] Vgl. "Walker Art Center Collection and Resources", » http://collections.walkerart.org/; "Archiving the Avant Garde", » http://bampfa.berkeley.edu/about_bampfa/avant_garde.html; "404 Object not found. Was bleibt von der Medienkunst?", » http://www.404project.net/; "Variable Media Initiative", » http://www.variablemedia.net/.

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