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\\ Lernen\ Codekit\ Theorie |
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| Ausschnitt Java-Programmcode: Variablendeklaration
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"Technologie ist nichts anderes als die gegenständlich gewordene Widerspiegelung der menschlichen Seele in der Natur. Maschinen sind vom Menschen produziert. Sie sind nichts anderes als die Materialisierung dessen, was im Kopf, in der Psyche des Menschen bereits vorhanden ist. Maschinen können als materialisierte Projektionen von Wesensmerkmalen des Menschen begriffen werden. Nicht die Technik wäre dann das größte Problem des gegenwärtigen Menschen, sondern der Mensch selbst."
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Arno Bammé (1983), in: Maschinen-Menschen Mensch-Maschinen: Grundrisse einer sozialen Beziehung, Rowohlt Taschenbuch, Hamburg, p. 110.
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Ausgangspunkt des im Folgenden vorgestellten Programmiermoduls CodeKit ist die Erkenntnis, dass unsere gegenwärtige Kultur in besonderer Weise durch Medien und die von ihnen geschaffenen Realitäten geprägt ist. Die neuen Informations- und Kommunikations-Technologien werden - wie jede Technologie - vor dem Hintergrund eines bestimmten, unausgesprochenen Verständnisses der Natur des Menschen entwickelt und verändern gleichzeitig unsere Verhaltensweisen. Entscheidend ist nun, dass weder die medialen Möglichkeiten, Formen und Konsequenzen dieser Technologien sich selbst offenbaren, noch geht die theoretische und ästhetisch-praktische Reflexion der Medienentwicklung quasi automatisch von statten. Es bedarf besonderer Anstrengungen und in der Bildung besonderer Situationen und Umfelder, sowie geeigneter Lehr- und Lernmittel, um den kritischen wie experimentellen Umgang mit neuen wie alten Medien zu ermöglichen. Das an der Kunsthochschule für Medien in der Fächergruppe Kunst- und Medienwissenschaft angesiedelte Modellvorhaben KIT - Kunst - Informatik - Theorie, das im Rahmen des BLK-Programms "Kulturelle Bildung im Medienzeitalter" (KuBiM) gefördert wurde, setzt an diesem Punkt an. Es untersucht die Wechselwirkung von künstlerischer Praxis und neuen Technologien unter der Perspektive einer künstlerischen Ausweitung und einer Modifizierung des Gebrauchs digitaler Werkzeuge. Insbesondere widmet es sich den noch nicht angemessen gewürdigten engen Beziehungen zwischen Kunsttheorie und Informatik im Rahmen einer Entwicklung zeitgemäßer künstlerischer Praktiken mit und durch Medien.
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Bei der Frage, welche prinzipiellen Kenntnisse und Fertigkeiten nötig sind, um sich mit den neuen computerbasierten Medien sowohl medienwissenschaftlich als auch künstlerisch-praktisch fundiert auseinandersetzen zu können, kommt nach unserer Überzeugung der Programmierung eine zentrale Stellung zu. Einige Gründe, warum der Programmierung eine Schlüsselstellung in dieser medialen Praxis eingeräumt wird, seien im Folgenden beispielhaft genannt:
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"Kulturelle Bildung im Medienzeitalter" hat die Aufgabe, durch einen experimentellen Gebrauch der neuen Medien zu einer realistischeren Einschätzung von deren Möglichkeiten und Grenzen zu kommen. Nur die Ebene der Programmierung bietet aber einen wirklich grundlegenden Zugang zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien . Die Programmierung und die damit verbundenen algorithmischen Grundstrukturen können als Erklärungsprinzip für viele natürliche Erscheinungen in einem mechanistischen Weltbild herangezogen werden.
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Viele künstlerische Projekte - insbesondere avancierte medienkünstlerische Arbeiten - erfordern für ihre Realisierung Programmier-Kenntnisse. Ein wesentliches Ausbildungsziel soll darin bestehen, StudentInnen in die Lage zu versetzen, selbstständig an ihren Projekten zu arbeiten. Auch wenn natürlich nicht alle MedienkünstlerInnen ProgrammiererInnen werden sollen, müssen sie dennoch so viel von den zugrunde liegenden Strukturen verstehen, dass sie Aufwand und die Grenzen der Systeme einschätzen können, mit denen sie umgehen. Kenntnisse von den Grundstrukturen der Programmierung sind hierfür unabdingbar.
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Imagination - Sprache - Material |
Die Herstellung medialer Inhalte und Anwendungen ist im Kern ein Prozess der Umformung. Das Imaginäre (Vorstellungen, Phantasien, Träume, Utopien) wird in Symbolisches, d.h. sprachliche Modelle transformiert. Dabei ist eine Einlassung ins Reale unumgänglich. Material, das an sich ohne Bedeutung ist, wird semantisch aufgeladen. Die Relationen und Spannungen zwischen Imagination, Sprache und Material (in der Sprache des Computers: das Interface) wirken in der Programmierung in besonderer Weise zusammen. Programme sind nicht nur textlich verfasste Imaginationen und Denkvorgänge. Sie besitzen als Beschreibungen zusätzlich eine feste Bindung ans Reale, da sie in direkter Weise Handlungsanweisungen für die Maschine darstellen und sich in reales Material einschreiben. Dieses Dreiecksverhältnis zwischen Imagination, Sprache und Material, das gleichzeitig ein Grundmuster jedes kulturellen Prozesses ist, tritt auf der Ebene der Programmierung besonders deutlich in Erscheinung und kann hier experimentell untersucht werden.
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Es wird oft betont, dass die neuen multimedialen Formen die Grenzen zwischen den traditionellen künstlerischen Fachdisziplinen aufheben, da sie die Wahrnehmung mit allen Sinnen einfordern. Die Ebene der Programmcodes zielt dagegen auf eine andere Form der Generalisierung ab. Sie abstrahiert von den konkreten Medienausprägungen wie Bild, Text oder Ton und wirkt auf der Ebene der Denkprozesse und der Reflexion. ProgrammiererInnen im Bereich der neuen Medien müssen Denken und Wahrnehmen ständig miteinander verbinden und zugleich Übersetzungsleistungen ins Visuelle und Akustische vollbringen. Den traditionellen Schulen der Wahrnehmung mit allen Sinnen muss deshalb beim Umgang mit neuen Medien eine Schule der Kognition an die Seite gestellt werden. Die Einführung in die Programmierung ist ein Ansatz in diese Richtung.
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