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10.03.2005

AUSWERTUNG: EINSATZ UND POTENTIALE DIGITALER MEDIEN IM UNTERRICHT

DIE TECHNIK ALS VORBEDINGUNG

Die einfache Handhabung der Geräte führte zusammen mit der Anforderung, in der Arbeit mit digitalen Medien schnell ästhetische Entscheidungen treffen und vermitteln zu müssen sowie dem Wunsch nach technischer Qualifizierung bei LehrerInnen wie SchülerInnen zunächst zu der Tendenz, sich von den Handlungsangeboten und Effekten der Programme leiten zu lassen.
Der Umgang mit Medien erforderte, dass die LehrerInnen eigene Unsicherheiten oder Vorbehalte gegenüber digitaler Technik abbauten. Der Erwerb technischer Fertigkeiten ist aus der Arbeit mit digitalen Medien, unter anderem aufgrund der rasch fortschreitenden technischen Entwicklung und der damit einhergehenden Aufforderung zum kontinuierlichen technischen "Update" auch in der Schule nicht wegzudenken. Allerdings rückten im Verlauf des Projektes die ästhetischen Lernanteile und -erfolge und die didaktischen Potentiale des Medieneinsatzes immer weiter in den Vordergrund der Reflexion.

MEDIEN ALS LERN- UND MOTIVATIONSHILFE

Digitale Medien wurden in den Projekten von Anfang an erfolgreich als Motivationshilfe eingesetzt. Die schnelle Erzeugung sicht- und hörbarer Ergebnisse erleichterte die Verknüpfung zwischen Erlebtem und bildlich oder auditiv Fixiertem auch für Kinder mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne oder vergleichsweise eingeschränkten Erinnerungsvermögen. Die Erinnerung an die eigenen Handlungen förderte selbst gesteuerte Lernprozesse (vgl. › Anlauttabelle, › Augenhöhe).
Eine ausführliche Zwischenevaluation im Team im Jahr 2004 brachte zutage, dass einerseits die Faszination von Medien, die z.B. von Computerspielen oder Videoclips ausgeht, die Motivation der SchülerInnen steigerte, andererseits diese hypnotische bzw. suggestive Wirkung der Medien nicht alle Lernenden ansprach. Darum ist es wichtig, verschiedene Handlungsangebote zu machen. Eine große Aufmerksamkeit kommt in der Schule daher dem "Crossover" › [1], dem Übersetzungsmoment zwischen digitalen und analogen Medien zu.
Auch frustrierende Erlebnisse mit technischen Fehlern oder Abstürzen sowie mit den Verweigerungsmöglichkeiten des Internet › [2] führten zu einer kritischeren Einschätzung der digitalen Medien durch SchülerInnen und LehrerInnen.

MEDIEN ALS AUFMERKSAMKEITSSTRATEGIE

Es zeigte sich, dass die eingesetzten Medien in fast allen Projekten als Kommunikationsmittel oder -anlass funktionierten. Berichterstattungen und Interviews im öffentlichen Raum stellten die Beteiligten vor besondere Herausforderungen in Bezug auf Eigeninitiative, Selbstbewusstsein und Kommunikationsgeschick und -fähigkeit. Schon der Ausflug in die außerschulischen Räume bedeutete für einige, in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte SchülerInnen einen Zuwachs an Mobilität und eine Erweiterung ihres üblichen Aktionsradius. Durch das gemeinschaftliche und offizielle Erscheinungsbild als Kamerateam wurden sie von ihrer Umwelt aufmerksamer wahrgenommen, was gerade den sichtbar von der "Gesundheitsnorm" abweichenden Menschen durch verschämtes Wegschauen und absichtliches Übersehen oft verwehrt wird.

FÖRDERUNG DES SPRACHERWERBES

Weiterhin förderte der Einsatz der Medien in den Projekten den Spracherwerb, insbesondere das sinnentnehmende Lesen. Weil es notwendig war, für die mediale Produktion einen Erzählstrang in narrative Einheiten oder Szenen aufzuteilen, setzten sich die SchülerInnen mit Struktur und Inhalt selbst erfundener und geschriebener Geschichten auseinander. Außerdem begriffen sie, indem sie nacherzählten und medial übersetzten, komplexe sprachliche Sachverhalte.

BEWEGUNGSFÖRDERUNG UND DARSTELLENDES SPIEL

Szenische Improvisationen oder Inszenierungen vor der Kamera erfuhren durch die Präsenz der Aufnahmetechnik eine neue Bewertung und Ernsthaftigkeit im Engagement der TeilnehmerInnen. Sie unterstützen die multimediale Erprobung der eigenen sprachlichen und darstellerischen Fähigkeiten. Weil die Kinder für die Kamera oft Aktionen wiederholen ( vgl. › Anlauttabelle) oder im Verlauf von Animationsaufnahmen Bewegungen verlangsamen oder zerlegen mussten, konnten sie ihre Bewegungsabläufe eindrücklich wahrnehmen. Bewegungen setzten den Bildapparat in Gang, Bilder setzen den Bewegungsapparat in Gang und so fort. Solche Hin- und Herübersetzungen stellten komplexe, lebensnahe Wahrnehmungs- und Lernsituationen her.

TEAMFÄHIGKEIT UND SOZIALE KOMPETENZEN

Flexibilität und Nachvollziehbarkeit von Produktionsweisen förderten auch die sozialen Prozesse im Unterricht. Arbeitsteilung und die Differenzierung nach Vorlieben und Fähigkeiten erforderten, dass Rollen, Funktionen, Zuständigkeiten aller Beteiligten ausgehandelt und mit den verfügbaren räumlichen, technischen und personellen Ressourcen abgestimmt werden mussten. Im gegenseitigen Coaching der SchülerInnen erkannten sie Differenzen an, was sich auf den Klassen- bzw. Gruppenzusammenhang auswirkte.
Medienarbeit als Teamwork wurde auch von außen wahrgenommen und beurteilt. Andere Klassen, Eltern, Schulleitungen bewerteten die Fähigkeit, mit der digitalen Technik umzugehen, durchweg positiv. Dass einzelne SchülerInnen oder die ganze Klasse sozial aufgewertet wurden, hat mit dem Umgang mit den prestigeträchtigen neuen Medien zu tun.

[1] Begriff, der im KuBiM-Projekt › MuSe Computer dafür benutzt wird
[2] Man bekommt z. B. in Telekommunikationsprojekten auf E-Mails möglicherweise keine Antwort.

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