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10.03.2005

Mörsch, Carmen

KÜNSTLERINNEN ALS AUSSERSCHULISCHE PARTNERINNEN

MOTIVATION ZUR EINBEZIEHUNG VON KÜNSTLERINNEN

In den Projekten von "Kinder machen Kunst mit Medien" übernehmen KünstlerInnen unterschiedliche Funktionen und Aufgaben:
¬Sie sind ExpertInnen für einen unerwarteten und reflexiven Umgang mit digitalen Medien.
¬Sie erzeugen produktive Störmomente, durch die eine Reflexion der Strukturen und Inhalte von Schule und Curricula, aber auch von Kunst und digitalen Medien ausgelöst wird.
¬Sie entwickeln Gestaltungskriterien, die Gestaltungsgewohnheiten konterkarieren.
¬Sie sind Motivatoren und Rollenmodelle der SchülerInnen.
¬Ihr Arbeitsansatz ist Inspiration und Herausforderung für die Lehrenden.
¬Sie zeigen, dass es möglich ist, so unterschiedliche Systeme wie Kunst und Schule in einer Weise miteinander ins Spiel zu bringen, dass alle Mitspieler davon profitieren.

AUSWAHL UND AUFGABEN DER KÜNSTLERINNEN

Voraussetzung für die Mitarbeit in den Projekten ist, dass die KünstlerInnen in der professionellen Arbeit mit digitalen Medien ausgewiesen sind und dass sie bereit sind, sich an dem Forschungsprozess im Projekt aktiv zu beteiligen. Pädagogische Erfahrung ist von Vorteil. Die Auswahl kommt durch persönliche Kontakte und Empfehlungen zustande.
Zu Anfang von "Kinder machen Kunst mit Medien" wurden die KünstlerInnen vor allem als technische und gestalterische ExpertInnen betrachtet. Im Laufe des Projektes kommen als weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit die Konzeption und Reflexion des Unterrichtes hinzu. Sie erarbeiten zusammen mit den Lehrenden und der wissenschaftlichen Begleitung die Konzepte für die Projekte und sind während und nach der Durchführung unverzichtbare PartnerInnen bei deren Auswertung. Sie sind also auf allen relevanten Ebenen der Projektarbeit aktiv, von der Beschaffung und dem Handling der Geräte, über die Steuerung der Prozesse in den Projekten und die Präsentation der Ergebnisse bis hin zur Theoriebildung.

AUSWERTUNG

Sowohl Lehrende als auch SchülerInnen in den Projekten empfinden die Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen als extrem bereichernd. Sie sind sich einig, dass es im Rahmen der Kooperation Lerngewinne und positive Verschiebungen in individuellen Haltungen und im sozialen Gefüge der Klasse gibt. Trotzdem läuft die Zusammenarbeit zwischen KünstlerInnen und Schulen nicht konfliktfrei ab. Es prallen sehr unterschiedliche Systeme, Wertvorstellungen und Methoden aufeinander. Das kann für alle Beteiligten sehr produktiv sein, denn Lernen ist stets mit Zumutungen verbunden - es bedeutet, Positionen und Wissen, in dem man sich eingerichtet hat, zu verlassen. Diese Produktivität stellt sich jedoch nur ein, wenn den AkteurInnen ausreichend Zeit zu Verfügung steht, um die Perspektiven abzugleichen und auf dieser Grundlage einen "dritten Raum" zu erzeugen, in dem weder die Regeln der Schule noch der Kunst totalisiert werden.
Nicht nur, aber gerade auch für den Förderunterricht erweist sich die Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen als sehr produktiv, zum einen, weil diese oft eine Solidarität mit als benachteiligt markierten SchülerInnen in die Situation hineinbringen und ihnen auf diese Weise die Chance einer Positionsverschiebung eröffnen. Zum anderen, weil sie ExpertInnen für Übersetzungsprozesse und für den Umgang mit Visualität sind, was sich gerade für Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche als wertvolle Bereicherung herausstellt.

VERTRÄGE, ABSPRACHEN UND GRUNDSÄTZLICHE VORAUSSETZUNGEN

Es hat sich gezeigt, dass Transparenz im Bezug auf die vertragliche Abwicklung ein oft unterschätzter aber sehr wichtiger Bestandteil der Zusammenarbeit ist. Für die KünstlerInnen, die anders als das Schulpersonal über keine regelmäßigen Lohnzahlungen verfügt, ist dadurch Planungssicherheit gewährleistet. Beide PartnerInnen können sich im Falle von Unstimmigkeiten auf den Vertrag berufen. Genauso konstitutiv für das Gelingen der Projekte ist es, dass sich beide Seiten an getroffene Absprachen halten. Will man die Potentiale der Zusammenarbeit optimal ausschöpfen, braucht es Agenturen zur Auswahl der KünstlerInnen und der Begleitung, Qualitätssicherung und Evaluation der Projekte. Aus dem normalen Schuletat lässt sich das nicht finanzieren. KünstlerInnen in Schulen müssen also politisch gewollt sein. Angesichts der Diskussion um Schlüsselkompetenzen, Motivations- und Bildungsdefizite bei allen Beteiligten im pädagogischen Bereich liegt es nahe, die Ressourcen zu nutzen, die KünstlerInnen für die Schule in Bezug auf Selbststeuerung, Verknüpfungsleistungen, Umgang mit Differenz und Problemlösungsstrategien bedeuten. Das Nachbarland Großbritannien hat dies erkannt und fördert den Einsatz von KünstlerInnen in Schulen und dazu begleitende Forschungsprogramme in unzähligen Projekten mit vielen Milliarden GBP. Ob sich dieser Trend bei uns durchsetzt, ist noch offen. Das sollte Schulen jedoch nicht davon abhalten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ihres Erfindungsgeistes Kooperationen mit KünstlerInnen auszuprobieren und dabei Erfahrungen zu sammeln.
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