| PERSPEKTIVEN AUS DER KUNSTPÄDAGOGIK (only available in gERman) |
| "Medien konstruieren jeweils andere Wirklichkeiten, machen Unsichtbares sichtbar, Abstraktes anschaulich, ermöglichen Simulationen jenseits des real Erlebbaren und schaffen eine Vielzahl neuer Lernchancen". › [1] |
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Die fortschreitende Mediatisierung aller Lebensbereiche hat große Auswirkungen auf das Wahrnehmen, Empfinden, Vorstellen, Denken und Handeln von Kindern und Jugendlichen. Das Schulfach Kunst besitzt die Möglichkeiten, einen kritischen und kreativen Umgang mit der Herstellung und Wirkung von (digitalen) Bildern auszubilden. Bei multimedialen Arbeitsformen kommt es weniger auf die Vielfalt der benutzten Medien als auf sinnvolle Verknüpfungen der verschiedenen Gestaltungsweisen an. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die SchülerInnen eigene inhaltliche und bildnerische Fragestellungen haben, die sie durch digitale Techniken multimedial zum Ausdruck bringen wollen.
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ÄSTHETISCHE ZUGANGSWEISEN AM COMPUTER |
| Ausschnitt eines eingescannten und daraufhin digital bearbeiteten T-Shirts
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Einen kompetenten, kritischen und ästhetischen Umgang mit den spezifischen Möglichkeiten des Computers eignen sich SchüerInnen am wirkungsvollsten an, indem sie Bilder, Animationen und Videos selbst produzieren bzw. digital bearbeiten. Die praktische Arbeit mit neuen Medien sollte mit einer rezeptiven und forschenden Auseinandersetzung mit Kunst verknüpft werden: Durch die Recherche im Internet, in virtuellen Ausstellungspräsentationen (z. B. » http://www.whitney.org/artport/) oder in der Auseinandersetzung mit Netzkunst. Ein wesentlicher Bestandteil der medialen Gestaltungsarbeit liegt in der Präsentation des recherchierten und produzierten digitalen Materials mit Hilfe von Autorenprogrammen. Eine ästhetische Besonderheit im Umgang mit dem Computer liegt in der prozessorientierten und oftmals auch zufallsgeleiteten Arbeitsweise. Dazu gehören Verfahren der Verfremdung, der Montage und der Animation. Der Computer ermöglicht ein Arbeiten in Serie, ein Wiederansetzen an jeder gewünschten Stelle, ein Ausprobieren von Variationen und ein Neuzusammenstellen alter Elemente (elektronisches "Recyceln"). Diese Prozesse mit ihrem offenen und instabilen Charakter erlauben ein lustvoll forschendes, auf "trial and error" angelegtes Experimentieren und fördern Ungeahntes und Überraschendes zutage.
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BILDUNG EINER AUFMERKSAMKEIT FÜR MEDIALE ÜBERGÄNGE |
| Digital bearbeiteter Schal
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Wenn eine Schülerin oder ein Schüler einen viel geliebten Gegenstand, z.B. ein Kuscheltier, auf den Scanner legt und ihn digitalisiert, dann entsteht ein medialer Übergang zwischen der materialen Welt der Dinge und der virtuellen Welt des Computers. Im Prozess der Transformation, im Übergang in die mediale Wirklichkeit, verändert sich der Gegenstand: es taucht ein fremdes Bild auf, das neue Sichtweisen auf das geliebte Objekt ermöglicht. Das Kuscheltier wird auf zwei unterschiedliche Weisen zum "Übergangsobjekt": Zum einen ist es als reales Objekt ein Gebrauchsgegenstand, der mit Erinnerungen, Wünschen und Empfindungen aufgeladen ist; zum anderen erzeugt das digitale Bild des Objektes den Wunsch, neue Bedeutungen durch multimediale Bearbeitungen hinzuzufügen. So entstehen in der digitalen Gestaltungsarbeit mediale Übergangsräume, in denen Unterscheidungen zwischen wahr und falsch, Bild und Abbild, Realität und Fiktion zu oszillieren beginnen. Entscheidend ist, dass die SchülerInnen in ihren Wahrnehmungen, Empfindungen und Gedanken unmittelbar angesprochen werden. Das energetisch wirkende Netz äußerer und innerer Bilder ist Ausgangspunkt einer kognitiven und kreativen Auseinandersetzung. Allerdings können dabei auch diffuse Ängste, Desillusionierungen und partielle Sinnleere entstehen. Das Konstruieren neuer Wirklichkeiten im Prozess der Übersetzung erfordert hohe Abstraktionsleistungen und kann zu Verlusten von Unmittelbarkeit führen. Das weiche, vertraut riechende Kuscheltier ist im Computer "verschwunden" und kehrt als etwas Fremdes zurück. Die Darstellungsdifferenzen und Verluste von einem Medium zum anderen müssen besprochen und verarbeitet werden (bei Kindern wie bei Erwachsenen), nur so kann sich ästhetische Medienkompetenz entwickeln.
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ÄSTHETISCH-BIOGRAFISCHE ARBEIT UND MEDIALE GESTALTUNG |
| Die Strohpuppe trägt das T-Shirt eines Schülers, das er zur Scheidung seiner Eltern bekommen hat.
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In ästhetischen Wahrnehmungen des Alltags, in der Auseinandersetzung mit Kunst und in vielfältigen Gestaltungprozessen wird biografische Arbeit produktiv. Wenn Kinder persönlich wichtige Gegenstände thematisieren, entdecken sie eigene und fremde Lebenszusammenhänge, da mit solchen Dingen Atmosphären, Erinnerungen und Erfahrungen verbunden sind (vgl. › Magie der Dinge) Darüber hinaus hilft die Erfindung fiktiver Biographien den SchülerInnen etwas über sich selbst zu entdecken. Die eigenen Sichtweisen und Einstellungen fangen in der Mehrdeutigkeit des fingierten Ausdrucks an zu schillern. Die Übersetzung von individuellen biografischen Inhalten in ein digitales Medium schafft Distanz und Reflexionsspielraum. Sie ermöglicht, die eigene Problematik durch vielfältige Perspektiven neu zu betrachten.
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CROSSOVER VON NEUEN uND ALTEN MEDIEN |
| Küche aus dem Computerspiel
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Die Nutzung digitaler Medien im Kunstunterricht ersetzt nicht ein sinnlich-ästhetisches Arbeiten mit traditionellem Bildmaterial, mit Alltagsdingen und realen Objekten. Ganz im Gegenteil: durch den kritischen Gebrauch neuer Medien können veränderte Sichtweisen auf die Produktions- und Rezeptionsprozesse von traditionellen künstlerischen Medien ausgebildet und diese neu entdeckt werden. In den medialen Übergängen wird die Besonderheit und Begrenztheit des jeweiligen Mediums erfahrbar und führt zur Neubewertung eines anderen: Die Augenblicklichkeit und Schnelligkeit des Digitalen wertet z.B. langsame, organische und eigengesetzliche Entwicklungen auf; seine Beliebigkeit und Wiederholbarkeit weckt den Wunsch nach dem einmaligen, unwiederholbaren Ereignis. Das Unterrichtsprojekt › Magie der Dinge will ein solch produktives "Crossover" von digitalen und sinnlich-ästhetischen Erfahrungen provozieren.
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ÄSTHETISCHE MEDIENKOMPETENZ ALS TEIL KULTURELLER BILDUNG |
Indem die SchülerInnen ihre individuellen und experimentellen Arbeitsprozesse reflektieren, d.h. auch medienkritisch beurteilen, ob ein Medium die eigenen Fähigkeiten einschränkt bzw. nur aus kurzlebigen Effekten besteht, kommen sie zu einer realistischen Einschätzung der neuen Medien. Zu wünschen wäre, dass sich ein solches, in der multimedialen Gestaltung ausgebildetes, ästhetisches und kritisches Verständnis gleichermaßen auf den alltäglichen Mediengebrauch überträgt. Die SchülerInnen sollten erkennen, dass auch Fernseh- und Videobilder immer nur Ausschnitte und Konstruktionen von Wirklichkeit sind, die sich nahezu beliebig kombinieren und manipulieren lassen.
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[1] PAZZINI, Karl-Josef : Gutachten zum Programm: Kulturelle Bildung im Medienzeitalter. Bonn: BLK-Materialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsförderung, Heft 77, 1999, S. 38.
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