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Awareness Ein Interview über Modelle zur Wahrnehmung von Tele-Präsenz mit Wolfgang Prinz, Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss |
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Das Thema Awareness als elektronisch unterstützte Wahrnehmung von Aktivitäten an verschiedenen Standorten findet großes Interesse in CSCW Forschungsgruppen (Computer Supported Cooperative Work), insbesondere seit dem Aufkommen von e-commerce- / e-business- / e-learning-Anwendungen im Internet. Während sich hier die Forschung stark an der Gruppenwahrnehmung in verteilten Arbeitsszenarien orientiert, werden in der Medienkunst vor allem die Aspekte der Wahrnehmung in medialen Räumen und die Frage von privatem und öffentlichem Raum behandelt. |
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netzspannung: Was bedeutet der Begriff Awareness?
Wolfgang Prinz: »Awareness bedeutet für mich die Wahrnehmung der Aktivitäten innerhalb der Arbeitsgruppe, mit der ich zusammenarbeite, aber auch die Wahrnehmung von Aktivitäten, die an anderen Orten stattfinden. Die Frage ist, wie man die Gruppenwahrnehmung innerhalb von Teams unterstützt, die lokal verteilt arbeiten, um deren soziale Trennung zu überwinden? Ein Beispiel von konkreten Szenarien ist das Generell muss man natürlich sagen, dass Awareness nur die eine Seite der Medaille ist, die andere Seite der Medaille ist Überwachung und Kontrolle bzw. der Schutz der Privatsphäre. Alle Awareness-Systeme können ja im Prinzip auch als Big-Brother-Systeme genutzt und interpretiert werden. Bei der Präsentation unserer Awareness-Projekte haben wir die Erfahrung gemacht, dass Personen, die schon intensiv mit Groupware-Systemen arbeiten, den Nutzen dieser Systeme in vernetzten Prozessen sehen. Andere, die noch nie damit gearbeitet haben, bemerken eher die Probleme, die damit verbunden sind. Ich glaube, dass es noch eine Zeit lang braucht, bis die Notwendigkeit von Awareness als funktionale Unterstützung von Kooperationsprozessen klar wird. Es müssen aber auch Wege gefunden werden, um mit sozialen Prozessen umzugehen, die zwischen Überwachung und Schutz der Privatsphäre liegen.« Fleischmann / Strauss: »Awareness bedeutet so viel wie Bewusstsein, Bewusstheit, Erkenntnis. Der Begriff wird in der Informationstechnik mit Wahrnehmung von Aktivität im Zusammenhang mit Tele-Präsenz verbunden. Es geht darum, ein Tele-Bewusstsein zu entwickeln gegenüber Kommunikationsprozessen. Diese Kommunikationsprozesse beruhen auf der Aktivität von Menschen, Robotern oder Datenströmen. So wie es eine soziale Awareness unter Menschen gibt, kann man auch von einer Awareness unter Daten sprechen. Bei genetischen Algorithmen und neuronalen Netzen reagieren die nächsten Nachbarn auf den jeweiligen Zustand eines Kommunikationsmodells, weil sie »lernfähig« sind und eine sogenannte künstliche Intelligenz haben. Awareness-Methoden, die den medialen und den realen Raum verbinden, sind Interfaces wie z.B. Computer Vision oder Tracking-Systeme, Web-Kameras, elektronische Felder, Sensoren usw. Sie messen und signalisieren die Veränderung von einem digitalen Zustand in einen anderen. Diese Veränderungen werden sichtbar, hörbar, spürbar, fühlbar - erfahrbar gemacht. Es geht um die Entwicklung und Wahrnehmung des elektronischen Doppelgängers, seiner Spuren im Netz und der Auswirkung dieser Netzaktivität auf den realen Raum.« Welche Projekte beschreiben am besten die aktuellen Ansätze zu Awareness im Forschungsumfeld von CSCW?
Wolfgang Prinz: »Es gibt eine Initiative der EU, die sich speziell mit Welche aktuellen Arbeiten im Bereich Medienkunst und Design beschreiben am besten verschiedene Ansätze zu Awareness?
Fleischmann / Strauss: »Tangible Media ist eine Forschungsgruppe, geleitet von
Im Rahmen des I3 Programmes der EU - Inhabited Information Spaces - führen wir an der GMD im
Frühe Awareness-Konzepte sind - unter anderen Namen - in telematischen Kunstprojekten zu finden, angefangen bei » Seit Mitte der 90er Jahre nimmt die Vernetzung und Überwachung von allem und jedem zu. Wie seht Ihr das Thema Privacy und Überwachung im Kontext von Awareness ? Fleischmann / Strauss: »Um 1984 war George Orwells »Big Brother« eine Vision, die sich nicht bestätigt hat. Im Jahr 2000 - dem Jahr der täglichen »Big Brother« Reality-Soaps - wird Orwells Vision nicht mehr thematisiert. Sie ist nicht mehr relevant. Inzwischen möchte jeder gesehen werden, niemand fürchtet die Kamera und das Thema Überwachung ist eher in allgemeinen Exhibitionismus umgeschlagen. Überwachungskameras in Kaufhäusern dienen heute nicht mehr in erster Linie zur Überführung von Dieben, sondern vielmehr um das Kaufverhalten der Kunden besser einschätzen und bedienen zu können. Kameras sind unser ständiger Begleiter und der Computer in Form des Handys ist zur persönlichen Umgebung geworden. In einer spielfreudigen Gesellschaft wie Japan existieren öffentliche Services für die Spiel-Community. In Tokyos Stadtteil Shibuya kämpfen Panasonic und Sony mit ihren riesigen öffentlichen Screens um die meisten Besucher und laden ein, per Handy Emails zu verschicken, die für die Öffentlichkeit auf dem Platz und im Internet sichtbar werden. Gleichzeitig wird der Platz per Web-Cam überwacht. Die meisten der jugendlichen Spieler geben sich durch Winken in die Kamera zu erkennen. Sie werden auf die Screens der Hochhäuser projiziert.
Diese Weiterentwicklung des »
Eine künstlerische Arbeit, die sich ziemlich heftig mit Fragen von öffentlichem Raum und online Kultur auseinandersetzt ist » Unser Anspruch an öffentliche Überwachungstechnologie ist deshalb der, dass ein öffentlich zugänglicher Informations- und Kommunikationsraum geschaffen wird. Überwachung kann nicht die Strategie zur Lösung gesellschaftlicher Probleme sein, die durch Eskalation sichtbar werden. Stattdessen müssen Umgebungen geschaffen werden, die es den Menschen ermöglichen, die Situationen, die diese Probleme hervorrufen wahrzunehmen, um somit die Ursachen zu erkennen und Strategien für einen produktiven Umgang erproben zu können. So sollten zum Beispiel elektronische Spiel- und Lernfelder an den Brennpunkten der Gesellschaft installiert werden: Medienlabors in den Städten, in den Schulen, auf den Spielplätzen, als Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur veralteter hölzerner Strategien. Da dies nicht geschehen wird, werden sich Gesellschaft und Industrie eine neue Umgebung für die Politik schaffen und mit Technologien wie Internet, Handy und Mobilität einen elektronischen Ersatzraum aufbauen.« Während sich das Thema Awareness sehr stark mit dem Internet entwickelte, greift das Gebiet Computer-Supported-Collaborative-Work in die frühen 80er Jahre zurück. Was waren die wichtigsten Punkte und Schwellenereignisse in der Entwicklung von CSCW?
Wolfgang Prinz: »Alles begann damit, dass man versuchte Arbeit auf eine sehr mechanische Art und Weise zu unterstützen. Man suchte nach Modellen, die Prozesse modellieren. Aufgrund dieser Modellierungen wurden Arbeitsprozesse gesteuert und kontrolliert. Aus dieser Zeit stammen sehr viele
Ein anderes System, das sehr stark die Raum-Metapher nutzt ist DIVA, das auch in unserem Forschungsinstitut entstanden ist. Ein ähnliches System ist In welchen Zusammenhang steht das Thema Awareness zu Telematik und Virtual Reality ? Fleischmann / Strauss: »Die heutige Auseinandersetzung mit dem Begriff Awareness ist zwar entscheidend durch den Internet-Boom bestimmt worden, aber ebenso wichtig war die historische Entwicklung von Virtual Reality (VR) in diesem Zusammenhang. Sie motivierte zu wissenschaftlichen und künstlerischen Experimenten mit Themen wie Telepräsenz und Wahrnehmung von virtuellen oder entfernten Räumen und Personen. Diese Auseinandersetzung liegt dem heutigen Verständnis von Awareness zugrunde.
Die Entwicklung von VR fand in verschiedenen Kontexten statt: in der Computer-Industrie, im Militär, bei der NASA, im Science Fiction, in der Kunst und den Gegenkulturen. VR entwickelte sich von einer Fiktion - der Idee in den Datenraum hinein zu springen - in William Gibsons »
Die technischen Vorläufer der heutigen Systeme sind die von Ivan Sutherland in den späten 60er Jahren entwickelte Datenbrille (head-mounted display) und das 1982 von Thomas Furness entwickelte Air Force »super cockpit«. Im August 1989 stellen die Firmen VPL und Autodesk
1990 erschien der Artikel von John Perry Barlow »
Parallel zu dieser Entwicklung eines virtuellen Raumes - als Utopie und Simulation - existiert schon seit den 60er Jahren der vernetzte Raum. Während des kalten Krieges entwickelte die »Defense Advanced Research Projects Agency« der USA einen dezentralen Kommunikationsraum (das
Die spätere Erfindung des Welchen Zusammenhang gibt es zwischen diesen Entwicklungen und der Medienkunst?
Fleischmann / Strauss: »Die Motive der telematischen Kunst greifen insbesondere das Verhältnis von nah und fern auf und spielen mit allen möglichen Formen von Telepräsenz. Wie erlebe ich die Präsenz des anderen, der nicht hier ist, obwohl es so scheint? »
In dem japanischen VR-Projekt von Kazuhiko Hachiya - »InterDiscommunication Machine« - tragen zwei Teilnehmer Head Mounted Displays, wobei die Spieler statt der eigenen Perspektive, die Perspektive und den Sound des anderen wahrnehmen. Ähnlich wie in dem Film » Die Vernetzung und Visualisierungstechniken aus Wissenschaft, Kunst und Architektur haben den heutigen Stand der Medienkunst, -technik und -gestaltung geprägt. Der wissenschaftliche Hintergrund der gesamten Entwicklung ist die Kybernetik mit den Protagonisten Norbert Wiener, Heinz von Foerster, Gregory Bateson, Ernst von Glasersfeld und anderen.
Einerseits gibt es heute die Dematerialisierungsthese, die besagt, dass der Körper verschwindet. Andererseits gibt es ein Verständnis darüber, wie die Medien auf den Körper wirken und wie dieser dadurch in einem ständigen, evolutionären Prozess des »body shaping« neu geprägt und formuliert wird. Aus der Dematerialisierungs- und der Materialisierungthese - und aus der aktuellen Forschung in Wissenschaft und Technologie ergibt sich eine dritte, die Genom-These. Sie besagt, daß anstelle des »quasi-natürlichen Körpers« Maschinen aller Art treten: virtuelle oder reale, intelligente, selbstlernende, autonome Modelle, die selbst wieder unseren Körper steuern können, wie
Das Interface, das zwischen realem Körper und technischem Körper vermittelt, versetzt den Benutzer in eine Situation, die den Wahrnehmungsprozess nicht abbildet, um eine Illusion zu schaffen, sondern für den Nutzer sichtbar macht, wie dieser Prozess funktioniert. Zahlreiche Medienkunst-Projekte thematisieren die Konfrontation mit künstlichen Systemen oder eigenständigen Maschinen, die neue Formen der Awareness gegenüber dem eigenen Körper stimulieren. Seit ca. 1998 werden Mixed Reality-Konzepte entwickelt, die den virtuellen Raum in den realen Raum einbinden. Dabei wird die »Awareness« des hybriden Raumes erforscht. Sie entsteht durch die Überlagerung der Wahrnehmung des realen Raumes und des eigenen Körpers mit der Wahrnehmung anderer Teilnehmer in vernetzten Räumen. Unsere Performance Installation » Eine historische Besonderheit von CSCW ist es, daß Teams, die an der Ausarbeitung der CSCW bzw. Awareness Systeme arbeiten, meistens interdisziplinäre Teams sind. Aus welchen Disziplinen bestehen sie ? Wolfgang Prinz: »Die meisten sind natürlich Informatiker, als Entwickler dieser Systeme. Dann sind Sozialwissenschaftler beteilig, die Systeme evaluieren, deren Einsetzbarkeit nutzen, vor allem aber an partizipativen Design-Prozessen wesentlich beteiligt sind. Psychologen experimentieren mit den Systemen, und Ethnographen beobachten die Arbeitsprozesse, um dort Hinweise zu finden, wie sie besser unterstützt werden können.« Wo seht ihr die Schwierigkeit, die Relevanz künstlerischer Auseinandersetzung mit Kommunikationsprozessen und Awareness für wissenschaftliche Projekte und technologische Entwicklung, zu vermitteln? Wolfgang Prinz: »Ich weiß nicht, ob dies eine spezielle Sprache erfordert. Ich glaube, es bedarf der Offenheit beider Disziplinen. Die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, bei denen beide Disziplinen zusammenarbeiten und wo man versucht Synergiemöglichkeiten zu finden, ist der richtige Schritt. Ich weiß nicht, ob das von Erfolg gekrönt sein wird, wenn man ausschließlich versucht, eine gemeinsame Sprache oder ein Vermittlungskonzept zu finden. Letztendlich basiert sehr viel auf der Zusammenarbeit zwischen Menschen. Betrachten wir doch als Analogie das, was am Anfang im CSCW Bereich geschah, nämlich die Verknüpfung der Informatik mit den Sozialwissenschaften oder der Ethnographie. Da gab es anfangs eine ganze Menge Missverständnisse zwischen den verschiedenen Disziplinen, es war sehr schwierig, beide zusammenzubringen. Erfolge stellten sich ein, als man Institutionen oder Zentren gegründet hat, in denen beide Disziplinen eng zusammenarbeiteten, wo beide voneinander lernten und über die gemeinsame Forschungsarbeit iterativ ein gemeinsames Sprachverständnis entwickelten. Ich bin der Meinung, dass man zunächst reale Veranstaltungen braucht und von diesen ausgehend Plattformen in Web schaffen kann. Denn es gibt zur Zeit ein Überangebot im Web von Treffpunkten, Veranstaltungen, Plattformen oder Diskussionsforen. Es ist sehr wichtig, dass man die Leute erst einmal zusammenbringt, damit eine persönliche Beziehung entstehen kann. Und ausgehend von dieser persönlichen Beziehung muss man versuchen, eine Plattform zu schaffen, die diese am Leben erhalten kann. Hier kommen wir wieder zum Awareness Thema. Wenn man die Leute einmal zusammengebracht hat, muss man sie online begleiten, sie müssen immer noch eine Präsenz fühlen, eine Präsenz spüren - und darüber in Kommunikation treten.« Vielen Dank für das Gespräch. ![]()
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