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Niels Knolle

Strawinskys "Le Sacre" Crossover HipHop (only available in gERman)

Zum Thema: Musik des 20. Jahrhunderts

Musik der Avantgarde und Musikunterricht


Die moderne Musik des 20. Jahrhunderts, vielfach auch als Neue Musik oder Avantgarde bezeichnet, wird in der breiten kulturellen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. In den Medien wird sie, wenn überhaupt, in den Nachtmagazinen gesendet und in Konzerten wird sie allenfalls eingebettet in die klassischen Erfolgsstücke des 18. und 19. Jahrhunderts gespielt. Für zeitgenössische Kunstmusik interessiert sich lediglich ein Prozent der Bevölkerung. Offenkundig vertragen sich die intellektuellen und klanglichen Anstrengungen, die mit ihrem Hören verbunden sind, nicht mit den Bedürfnissen der Musikliebhaber nach harmonischer Anmutung und struktureller Geborgenheit.
Zudem haben sich die Entwicklungslinien der modernen Musik in vielfältiger Weise differenziert, so dass sehr unterschiedliche kompositorische und ästhetische Orientierungen nebeneinander existieren, über die einen Überblick aus eigener Hörerfahrung bzw. analytischer Durchdringung zu gewinnen, zunehmend schwieriger geworden ist. Hinzu kommt, dass der mit ihr verbundene Anspruch, aufgrund ihrer kompositorischen Entwicklung den musikalischen Fortschritt zu verkörpern, in den vergangenen 20 Jahren zunehmend von Jazz und Populärer Musik geltend gemacht wird. Es erscheint daher sinnvoll, von moderner Kunstmusik zu sprechen und Begriffe, die einen normativen oder exklusiven Anspruch in sich tragen, im Unterricht zu vermeiden.

Igor Strawinskys Komposition: "Le Sacre du Printemps"


”Le Sacre”, 1913 komponiert, ist das dritte Werk, das Strawinsky nach den Balletten ”Feuervogel” (1910) und ”Petruschka” (1911) in Paris zur Uraufführung gebracht hat. Alle drei Werke markieren mit ihrer neuartigen Tonsprache den Aufbruch in die musikalische Moderne, wenngleich sie in der Rückschau von heute längst selbst zu Klassikern geworden sind. Insbesondere das ”Le Sacre”mit seiner von Takt zu Takt variierenden Rhythmik, seiner modalen, an russische Volksmelodien anknüpfenden Harmonik, der kleingliedrigen, von Wiederholungen geprägten Melodik und seinen harten, Collagetechniken vorwegnehmenden Übergängen hat auf die Zeitgenossen eine schockartige Wirkung ausgeübt, die zu einem grandiosen Tumult bei der Uraufführung führte und bis heute den Zuhörer zu faszinieren vermag.

Die Verarbeitung von Musikmaterialien im HipHop


Die zentralen Musikinstrumente im HipHop beim Live-Musikmachen sind die zwei Plattenspieler und ein spezielles Mischpult. Bei der alternativen Studioproduktion wird zusätzlich ein MIDI-Production-Center (MPC) verwendet. Ob auf der Bühne oder im Studio: immer geht es darum, eine Collage aus kurzen Musikzitaten und Geräuschen improvisatorisch zu komponieren. Diese musikalische Konstruktion von Zitatverknüpfungen - sei es live mit zwei Turntables oder computergestützt mit Soundsamplern bzw. Softwaresequenzern - stellt das stilbildende Merkmal dieser Musik dar. Die collagierten Zitate verweisen zum einen auf die Ursprungswerke, ihre jeweiligen kulturellen Kontexte und ihre eigentlichen Adressaten. Zum anderen erzeugen die Zitate in ihrer harmonischen, rhythmischen (und ggf. stilistischen) Heterogenität einen eigenen Werkzusammenhang mit einer andersartigen ästhetischen Ganzheit. Die Spannung zwischen den Zitaten bereits vorhandener Musik(-fragmente) und ihrer Verarbeitung zu einem neuen musikalischen Zusammenhang macht beim bewussten Hören den eigentümlichen Reiz dieser Musik aus.
DJ Acetronaut am MIDI-Produktions-Center
Die Inanspruchnahme fremden geistigen Eigentums hat im HipHop zugleich eine kulturpolitische Bedeutung im Sinne eines bewussten Infragestellens des persönlichen Besitzanspruches auf Licks, Grooves, Styles oder musikalisch-technische Verfahren, insbesondere wendet es sich gegen die Copyrightansprüche der Schallplattenfirmen (vgl. [link 01] Essays über das Thema). Die Anerkennung als eigenständige kreative Leistung jedoch begründet sich erst aus der Auswahl der Zitate, ihrer rhythmischen und melodischen Verarbeitung zu Loops und ihrer Verknüpfung und Überlagerung zu größeren musikalischen Zusammenhängen. "Musik aufzunehmen und sie einfach wiederzugeben, das kann jeder. Das macht keinen Musiker aus. Den Musiker macht aus, zumindest in meinem Bereich, Sachen zu verändern oder halt auch auseinanderzuschnipseln", [link 02] DJ Acetronaut [PDF |104 KB].
Liste der Links in der Seite:

[link 01]http://www.lrz-muenchen.de/~uf121as/www/jive.html
[link 02]documents/Interview-DJ-Acetronaut.pdf