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Loser Raum

eine interaktive Installation von Anja Kempe

Loser Raum - am Rande der Balance
"Loser Raum" ist eine interaktive Installation von Anja Kempe und entstand 2002/2003 im Interface-Labor der Kunsthochschule für Medien Köln. In der Installation werden die Fotografien von zwei bzw. drei Wänden eines Raumes auf die Wände selbst projiziert. Eine Wägeplattform misst die Gewichtsverteilung der Besucher auf der Plattform und steuert durch Schwerpunktsverlagerungen das virtuelle Raummodell. Dadurch deckt sich die Projektion des Raumes nicht mehr mit dem realen Raum: die virtuelle Welt kippt aus ihrer Gleichgewichtslage heraus.
"Loser Raum" thematisiert den Körper in einer virtuellen Situation. Es wird eine Fiktion vorgegeben: Ein schwankender Raum, der sich je nach dem Gewicht seiner Besucher hebt und senkt. Das Schwanken erfolgt über die Bewegung von drei Projektionen. Drei Projektoren bilden auf drei Wänden das Bild der Wände ab. Im Ruhezustand sind Wand und die Projektion derselben deckungsgleich und man nimmt das projizierte Bild nicht wahr. Da die Projektionen an den drei Wänden auf die Bewegungen des Besuchers reagieren, wird diese erzeugte Fiktion zu einem körperlichen Erlebnis. Besteht auf dem Boden kein Gleichgewicht, kommt der Raum wie auf einem großen Floß ins Schwanken. Stellen sich alle Besucher gleichmäßig auf die Bodenplatte, werden Projektion und Wand wieder deckungsgleich. Bewegen sich die Besucher, schwankt die Projektion entsprechend. Erst wenn niemand mehr auf dem Boden herumläuft, bewegt sich auch die Projektion nicht mehr, und der Raum kommt 'zur Ruhe'." Anja Kempe

Konzeption

Besucherin auf der Wägeplattform
Entwurfsskizze
[link 01] Abbildung vergrößern
Entwurfsskizze
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Die interaktive Installation "Loser Raum" ist ein konkretes Beispiel für die enge Zusammenarbeit zwischen Künstler, Programmierer und Techniker. Die Konzepte sowohl für das Interface-Design (Wägeplattform s.u.) als auch für die Simulation einer zweidimensionalen "Wippe" entstanden unter Berücksichtigung physikalischer Kräfte. Da sich das Projekt nur durch eine aufwändige Programmierarbeit realisieren ließ, setzte sich die Künstlerin mit den Grundzügen der Java-Programmierung auseinander und nahm am Programmierkurs und weiterführenden Fachseminaren teil. Diese Art der wechselseitigen Beeinflussung ist für das künstlerische Experiment im Rahmen von CodeKit an der KHM sehr wichtig. Mit der Installation "Loser Raum" gewann die Künstlerin Anja Kempe den digital sparks Preis 2002 in der Rubrik "Interaktive Kunst". ( [link 03] mehr ...)

Hardware, Funktion und Aufbau

Steuereinheit für die Wägeplattform
Scher-Wägezelle
Zum Aufbau der interaktiven Installation "Loser Raum" müssen im Vorfeld die Wände des Ausstellungsraums abfotografiert werden. Unter der Decke des Raumes werden die Beamer so befestigt, dass mit Weitwinkelobjektiven jede Wand vollständig ausgeleuchtet wird. Jeweils ein Laptop generiert die Bildprojektion für einen Beamer. Das projizierte Bild des Raumes deckt sich mit dem realen Raum - solange kein Betrachter das Gleichgewicht stört.
Für die Interaktion ist in der Mitte des Raumes eine 4 x 4 m große Wägeplattform als begehbarer Fußboden installiert (technische Daten s.u.). Vier präzise Wägezellen messen die Gewichtsverteilung der Personen auf der Plattform. Nach einfachen Regeln lässt sich daraus der Schwerpunkt der Gesamtmasse berechnen. Diese Gewichtskraft wirkt am Ort des Schwerpunkts auf die Simulation einer physikalischen zweidimensionalen Wippe, deren Aufhängepunkt in der Mitte des Raumes liegt. Bedingt durch die äußere Kraft neigt sich die Wippe. Die Auslenkung aus der Ruhelage wird von zwei unabhängigen Winkeln beschrieben. Korrespondierend mit der Auslenkung werden die Wandprojektionen aus ihrer Nullposition ausgeschwenkt - der gesamte virtuelle Raum gerät somit in Bewegung. Lineare Rückstellkräfte sorgen dafür, dass die Wippensimulation (und der fest damit verknüpfte virtuelle Raum) langsam in ihre Ausgangposition zurück schwingt (Relaxation). Die Trägheit der Wippe und die Viskosität ihrer Umgebung legen die Dynamik der Bewegung anhand weniger Parameter fest.
Wägeplattform:
¬Holzkonstruktion mit Eisen verstärkten Ecken
¬4 Scher-Wägezellen
¬lineare Signalverstärkung
¬max. Belastung: 4000 kg
¬Genauigkeit: +/-2kg

Code-Entwicklung

[link 06] Physikalische Konstanten steuern die Dynamik
[link 07] Auszug aus dem Java (3D) Programm
Das Kunstprojekt "Loser Raum" ist ein Beispiel für eine verteilte Computeranwendung im künstlerischen Kontext. Für jede Wandprojektion wird ein eigener Rechner und ein Beamer eingesetzt. Die vorproduzierte Wandfotografie ist als zweidimensionales Objekt in eine Java3D-Umgebung eingebettet und kann über zwei Winkel gedreht und gekippt, bzw. dreidimensional transformiert (verschoben) werden (Java-Applikation "BalanceRoomDisplay"). An einen der Rechner ist die Wägeplattform angeschlossen. Auf diesem Gerät wird zusätzlich die physikalische Bewegung einer zweidimensionalen Wippe in einem viskosen Medium simuliert ("BalanceRoomServer"). Über das angeschlossene Netzwerk (Ethernet) werden die Simulationsparameter (Neigungszustand der Wippe) an die Display-Applikationen gesendet, und es entsteht der Eindruck eines zusammenhängend animierten Raumes ("low cost cave").

Für die Java-Programmierung wurden CodeKit-Module aus den Bereichen "Netzwerk" und "Java3D" benutzt und erweitert. Weil das projizierte Bild mit der realen Wand im Gleichgewichtszustand exakt übereinstimmen muss, wurde ein "TuningServer"-Programm geschrieben. Die Java-Applikation ermöglicht die Feinjustierung der virtuellen Wände und kompensiert gleichsam Verzerrungsartefakte in der Wandfotografie, was den Aufbau der Installation überhaupt erst ermöglicht.
Im Rahmen des CodeKit-Projektes ist es wichtig, dass die in der Installation gesammelten Erfahrungen und Programme anderen Studierenden in ihren künstlerischen Projekten zur Verfügung stehen. Deshalb wurde die Software nachträglich ausführlich kommentiert, aufgearbeitet und steht im CodeKit-Archiv frei zur Verfügung. Fragmente dieser Programme wurden bereits für die Arbeit "Update (zo2)" von Vera Doerk weiter verwendet.

Source-Code:


¬BalanceRoomDisplay.java
¬BalanceRoomServer.java
¬TuningServer.java

[link 08] Java-Code für "Loser Raum" [ZIP | 9 KB]  

Links

Ausstellungen von "Loser Raum"


Feel, Tactile media art Z33, Hasselt 2004
[link 09] Altitude 2002 (Präsentationswoche der KHM, Köln)  
[link 10] Ars Electronica 2002  

Videos und Homepage


[link 11] Video Ars Electronica 2002 [RealMedia | 2 Min.]  
[link 12] Video Ars Electronica 2002 [Windows Media | 2 Min.]  
[link 13] digital sparks Award  
[link 14] Loser Raum Skizze [JPEG | 1,4 MB]  
[link 15] Anja Kempe Homepage  
Liste der Links in der Seite:

[link 01]images/skizze-GR.jpg
[link 02]images/LoserRaumKlein-gr.jpg
[link 03]http://netzspannung.org/digital-sparks/03/
[link 04]images/Code1-gr.gif
[link 05]images/Code2-gr.gif
[link 06]images/Code1-gr.gif
[link 07]images/Code2-gr.gif
[link 08]http://netzspannung.org/cat/servlet/CatServlet/$files/129109/Java-Codes%20f%fcr%
20Loser%20Raum.zip
[link 09]http://www.khm.de/
[link 10]http://www.aec.at/festival2002/
[link 11]http://netzspannung.org/cat/servlet/CatServlet/$files/129087/loser_raum.ram
[link 12]http://netzspannung.org/cat/servlet/CatServlet/$files/129092/loser_raum.asx
[link 13]http://netzspannung.org/digital-sparks/
[link 14]http://netzspannung.org/cat/servlet/CatServlet/$files/129184/LoserRaumPoster.jpg
[link 15]http://www.khm.de/~akempe/