Peter Weibel

Ortlosigkeit und Bilderfülle - Fernwirkung der Ferngesellschaft

Vortrag im Rahmen der Vorlesungsreihe "Iconic Turn" an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Peter Weibel

Peter Weibel

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Kurzbeschreibung

Das Bild war ursprünglich an einen Ort gebunden (Höhlenmalerei/Fresko). Durch die Erfindung des Tafelbildes wurde das Bild mobil und transportabel, durch die Erfindung von Drucktechniken wurde das Bild vervielfältigbar. Hinter dem Begriffspaar Mobilität und Multiplikation versteckt sich der Kampf zwischen Nähe und Ferne. Deshalb die prekäre Definition der Aura von Walter Benjamin als "einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag". Im Verschwinden der Aura zeigt sich der Bruch zwischen Nah- und Ferngesellschaft. Zur Einheit von Raum und Zeit gehört das Original als Singularität, als etwas, das nur einmal in Raum und Zeit existiert, hier und jetzt. Durch die Logik der Distribution (Mobilität und die Multiplikation) wurde das Bild aus der Aura der Nahgesellschaft in die Ferngesellschaft expediert. Sie entbirgt die Logik der Dislokation, die Aufhebung der Macht des Ortes. Durch die Übertragung von Bildern (Telegraphie, Fernsehen) entstand die eigentliche ortsungebundene Kunst, eine ortlose Kunst. Die telekommunikative Technik steigert die Mobilität und Multiplikation der Bilder, mit der gesteigerten Ortlosigkeit steigt die Bilderfülle (Magazine, Fernsehen, www). Die distribuierten, dislokalen Bildräume, die ihren aktuellen Ausdruck in Multi-User-Online-Spielen und virtuellen Environments finden, simulieren "die spukhafte Fernwirkung" (Einstein). Der experimentelle Nachweis der Fernwirkung durch die Quanteninformatik eröffnet die kommende Phase einer entstehenden Ferngesellschaft, in der das Bild eine nie gekannte Mächtigkeit erlangt, indem es paradoxerweise seinen historischen Charakter verliert und zu einem "epistemischen Ding" (Hans-Jörg Rheinberger) wird, zu einem Mischgebilde, "noch Objekt und schon Zeichen, noch Zeichen und schon Objekt" (Michel Serres).

KünstlerInnen / AutorInnen

Termin

Veranstalter

Iconic Turn wird veranstaltet von der Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend, einer Institution der Hubert Burda Stiftung, in Zusammenarbeit mit dem Humanwissenschaftlichen Zentrum der LMU München

Veranstaltungsort

Große Aula der LMU München, Geschwister-Scholl-Platz 1, Deutschland

URL

» http://www.iconic-turn.de

Kommentar

Vortrag gemeinsam mit Prof. Dr. Anton Zeilinger, Institut für Experimentalphysik, Wien: "Nicht-Lokalität in der Quantenphysik"

Eingabe des Beitrags

, 09.07.2003

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