Olaf Val


Motel

Zwischen Impuls und Display: Der Autor und der Betrachter als Player


Layout der Installation Motel (ohne Antennen) [link 01]

Layout der Installation Motel (ohne Antennen)

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Interaktive Skulptur

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Olaf Val › Biografie [link 02]

Entstehung

Deutschland, 2003

Partner / Sponsoren

KHM

Eingabe des Beitrags

Olaf Val, 20.05.2003

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Avatare |
    • Wahrnehmung |
    • Spiele |
    • Körper |
    • Globalisierung |
    • Medienkunst |
    • Soziale Systeme |
    • Performance Kunst |
    • Virtuelle Realität |
    • Interface |
    • Konzeptuelle Arbeit |
    • Mensch-Maschine-Interaktion HCI |
    • Abstraktion |
    • Biofeedback |
    • Autor |
    • Identität |
    • Vernetzung |
    • Cultural Studies |
    • Künstliches Leben
  • Formate:
    • Montage |
    • 2D |
    • Installation |
    • interaktiv |
    • Enviroment |
    • Film |
    • Video
  • Technik:
    • Macromedia Director |
    • Electrostatic Tracking |
    • Quicktime

Ergänzungen zur Schlagwortliste

  • Display |
  • Impuls |
  • Player

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Motel
Videoinstallation, Köln 2003
Bestehend aus:
Theremin Sensoren
Flachbildschirm
Holzgehäuse
Zugespielt werden inszenierte Videosequenzen mit Hilfe eines Computers, programmiert mit Macromedia Director.
Am Beispiel meiner Person beschreibe ich die Arbeitssituation eines Künstlers, der sich als Autor in einer Rückkopplung befindet. Er lebt in seinem Alltag und produziert mit Videokamera und Computer ein interaktives Objekt, welches sein "making of", also seine eigene Entstehungssituation, zum Motiv hat. Ich filme mich beim Filmen und Speichern, Editieren und Vernetzen der Videos in verschiedenen Motelzimmern.
Zum Vernetzen des Videomaterials habe ich zuvor die Software "Two-Way-Movie-Linker" entwickelt, die in der Videoskulptur "Motel" den Softwareplayer bildet. Die Arbeitsprozesse für "Motel" lassen sich also in drei Schritte unterteilen:
1. Das Programmieren einer Player-Struktur.
2. Die Produktion der audiovisuellen Materialien während den Performances in den Motelzimmern. Hierbei inszeniere ich mich selbst in einer Rückkopplungssituation.
3. Der Bau eines Displays, mit Computer, Flachbildschirm, Sensoren und Gehäuse.
Mein authentisches Arbeitsumfeld, welches das Atelier an der Kunsthochschule und meine Wohnung bilden, wird in Motelzimmer verlegt, um die Arbeit auf das Wesentliche zu reduzieren. Das Konzept ist auf das Spannungsfeld zwischen meinem Körper und dem der Betrachterin oder des Betrachters ausgerichtet. Die physische Anwesenheit des Betrachters wird betont, indem er die Abfolge der Videos über Theremin-Antennen steuert. Mein Körper, dessen visuelle Erscheinung das einzige agierende Element in den Filmsequenzen bildet, wird auf zwei Arten gezeigt: zum einen vollkommen abgeschirmt in einem Motorradanzug, mit Helm, Handschuhen usw. und ein anderes Mal normal. Das heißt, jede Szene wird doppelt gedreht. Daraus resultieren zwei Gruppen von Videos mit den gleichen Handlungen. Die Playersoftware ist so programmiert, dass sie beide Ebenen im Parallelschnitt abspielt. Jede Handlung endet mit einem Menü, in dem der Betrachter sich für die nächste Handlung entscheiden kann. Dabei ist es ihm möglich, für die Figur in Motorradmontur einen anderen Erzählungsstrang zu wählen, als für die Ebene des Filmes, in der ich in "normaler" Kleidung zu sehen bin. Die beiden Figuren treten in Dialog, sie scheinen den anonymen Raum gemeinsam zu bewohnen. Dieses Spiel mit der Maske in interaktiven Erzählungen wurde von Lynn Hershman zum Beispiel 1983/84 in der Arbeit Lorna verwand.
"Diese Geschichten haben ihre Herkunft in den Neuen Medien. Darum zeige ich immer eine Maske, eine Verschleierung von tatsächlicher Intimität. Das ist nicht nur in "Virtueller Lieb" der Fall, sondern in vielen anderen meiner Stücke."
(Lynn Hershman, Das Leben nach dem Purgatorium ist wie ein Archiv, Seite 4)
In "Motel" untersuche ich, was mein Körper vor der Kamera von meiner Person vermittelt, wie viel zum Beispiel bereits kleine Bewegungen verraten können und welche Beobachtung sich im Kontrast zu dem abgeschirmten Körper entwickelt. Entscheidend ist bei der Betrachtung die Konstruktion der Impulse, welche die einzelnen Handlungen jeweils auslösen. Mit anderen Worten, wie der Betrachter in den Menüs die nächste Filmsequenz anwählen kann. Bei den Entscheidungsprozessen kommt es zu einem Zusammenspiel zwischen dem Betrachter und einer dynamischen Vernetzungsstruktur des Computerprogramms. Der "Two-Way-Movie-Linker" generiert hierzu Bedürfnisse wie Fitness, Ernährung oder Hygiene und bietet gemäß dem aktuellen Bedürfnisständen eine Auswahl von passenden Videos an. Geht der Figur zum Beispiel das Geld aus, werden hauptsächlich Links zu Filmen angeboten, in denen sie arbeitet.
Neben den zwei Erzählsträngen arbeitet der "Two-Way-Movie-Linker" auch mit zwei verschiedenen Menüformen. Bei dem einen bleibt der Betrachter in der Welt des Films. Einzelne Bildmotive, die für verschiedene Handlungen stehen, sind sensitive Felder, die mit dem Cursor aktiviert werden können. Das andere Menü macht die Netzstruktur sichtbar. Seine graphische Darstellung wird mit verschiedenen Blendwerten über die Videobilder als transparente Ebene gelegt. Alle Videos liegen auf einer Fläche, die größer ist als der Bildschirm. Der Film, den man grade gesehen hat, wird ins Zentrum gerückt und bildet den Ausgangspunkt für Verknüpfungen zu anderen Videos in seiner Nähe. Je häufiger ein Clip betrachtet wird, umso mehr wird er nach außen verschoben. Alle Filme bewegen sich vom Zufall gesteuert. Der Betrachter kann sich für einen der angebotenen Links entscheiden, dabei kann er über dieses Feld scrollen, indem er den Cursor an die Ränder des Bildschirmes steuert.
Der Player der Arbeit "Motel" stellt aus einem endlichen Fundus von Videos durch das Prinzip der Filmmontage, nach dem im Parallelschnitt aus a + b = c wird, eine quasi unendliche Menge an Filmen zusammen. Dabei wirken die vorgegebene Struktur (Regelwerk der Vernetzung), der Zufall (Eigenbewegung der Clips), ein Gedächtnis (häufig betrachtete Videos werden nach außen geschoben) und der Betrachter (mit seinen Entscheidungen) auf den Handlungsablauf ein. Mein Abbild in den Videos wird zu einer Marionette, die vom Netz und vom Betrachter gesteuert wird. In der Rolle des Künstlers bin ich bei der Erstellung des audiovisuellen Materials in der Situation der Marionette gefangen. Dabei wird nicht das riesige Spektrum der medialen Netze beleuchtet, in dessen Strudel sich die künstlerische Praxis befindet. Die Arbeit konzentriert sich auf die Wirkung des Körpers vor dem Objektiv der Kamera am Beispiel von alltäglichen, meist banalen Handlungen.
Baudrillard beschreibt den Zustand der totalen Kommunikation als einen für einen Schizophrenen charakteristischen Zustand:
"Ihn charakterisiert weniger, wie man gewöhnlich sagt, der Realitätsverlust, sondern vielmehr jene absolute Nähe und jene totale Unmittelbarkeit der Dinge, jene Überbelichtung durch die Transparenz der Welt. Jeder Szene entblößt und ungehindert durchdrungen ist er nicht mehr in der Lage, seinen eigenen Körper zu umgrenzen und sich zum Spiegel zu machen. Er wird reiner Bildschirm, reine Oberfläche zur Absorption und Resorption für die einfallenden Strahlen aller Netze."
(Bautrillard, Das Andere selbst , Seite 23)
"Ein Erfolgsrezept von der Stange. Das Haus sieht aus wie ein Würfel, hat drei Stockwerke und besteht aus Beton. Tisch, Bett und Stuhl lassen dem Staubsauger freie Fahrt, die Toiletten desinfizieren sich automatisch. Nach zwei Monaten Bauzeit sind die Zimmer der Hotelmarke Formule 1 bezugsfertig - sechsmal so schnell wie üblich. Die Wirtschaftlichkeit hat System beim französischen Konzern Accor, der in Deutschland mit Namen wie Ibis oder Etap als "Aldi der Hotelbranche" gilt."
(Heimo Fischer, Aldi der Betten, Die Zeit 13.02.03, Seite 22 (Wirtschaftsteil))

Technik

Technische Beschreibung

Motel
Hardware:
Die Arbeit "Motel" ist als kompakte Wandinstallation konzipiert, die mit einer Stromversorgung auskommt. Der Rechner ist in einer Kiste untergebracht, die an der Wand hängt. An diesem Gehäuse wiederum ist der Flachbildschirm moniert, so dass er die Technik verdeckt. An den Rändern des Bildschirms sind rechts und links jeweils eine Theremin-Antenne befestigt.
(Die Antennen wurden von Martin Nawrath entwickelt und beruhen auf dem ATMEL Mikrokontroller AT90S2313.)
(Die Daten werden über den Serial Port über das SerialXtra an Director gesendet.)
Interaktion:
Nähert sich ein Betrachter der Arbeit, so werden von den Antennen die Abstände vom linken und rechten Rand zu seinem Körper gemessen. Anhand dieser Daten wird eine Cursorposition berechnet. Dieser Cursor läst sich nun steuern, indem man sich mit dem eigenen Körper vor dem Bildschirm bewegt. Bei einem Schritt nach rechts misst die rechte Antenne einen höheren Wert als die linke und der Cursor folgt, indem er ebenfalls nach rechts wandert. Da es für den Benutzer zu umständlich wäre, seinen Körper vertikal zu bewegen, arbeitet "Motel" nur mit einem eindimensionalen Kursor, also einer vertikalen Linie.
Software:
Der TWML (TwoWayMovieLinker) arbeitet mit komprimierten Quicktime Videos (Cinepack 800 x 600). Diese werden beim Import in die Applikation manuell klassifiziert. Die Software generiert Werte für alltägliche Bedürfnisse wie Ernährung, Fitness, Hygiene usw., welche der Klassifizierung des Videomaterials entsprechen. Anhand dieser Daten sucht der TWML am Ende einer Filmsequenz nach Verknüpfungen zu weiterführenden Videos. Innerhalb der gefundenen Links kann der Betrachter wählen und somit den Verlauf des Filmes steuern. Da das gesamte Videomaterial zweimal gedreht wurde, einmal mit Kostüm und einmal ohne, springt der TWML permanent zwischen beiden Ebenen hin und her. Vergleichbar mit dem Prinzip des Wechselschnitts hat der Betrachter auf diese Weise die Möglichkeit, zwei Erzählungen zu monieren. Der Cursorbalken, die Menüs so wie eine Visualisierung der Sensordaten werden als graphischen Interfaces über das Videobild eingeblendet.

Hardware / Software

Theremin Sensoren
Flachbildschirm
Holzgehäuse
Zugespielt werden inszenierte Videosequenzen mit Hilfe eines Computers (PC, WinXP 2MHZ), programmiert mit Macromedia Director.

  • › digital sparks 2003 [link 03]

» http://www.olafval.de [link 04]

  • › Layout des Netz-Menüs [JPEG | 23 KB ] [link 05]
  • › Martin Nawraths Zeichnung zur Funktion der Tereminsensoren [JPEG | 15 KB ] [link 06]