Heidrun V.irmer


Fisch kann auch mit zwei Gabeln gegessen werden

Eine interaktive Rauminstallation zum Ausprobieren von alternativen Eingabemedien


Aufbau der Eingabegeräte [link 01]

Aufbau der Eingabegeräte

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Bei dieser Arbeit habe ich versucht neue Eingabemedien für den Computer zu finden, die sinnlicher sind als Maus und Tastatur.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Heidrun V.irmer

Entstehung

Deutschland, 2001

Eingabe des Beitrags

Heidrun.v.Irmer@gmx.de, 31.05.2002

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Kommunikation |
    • Spiele |
    • Raum |
    • Audio |
    • Körper |
    • Medienkunst |
    • Animation |
    • Design |
    • Performance Kunst |
    • Klang
  • Formate:
    • Software |
    • CD-ROM |
    • Modell |
    • Projektion |
    • interaktiv |
    • Film |
    • Audio
  • Technik:
    • Macromedia Director

Ergänzungen zur Schlagwortliste

  • Tasse |
  • Neue Eingabegeräte |
  • Kurbel |
  • Emotionen |
  • Interaktive Bilder

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Eine interaktive Rauminstallation zum Ausprobieren von alternativen Eingabemedien.
Der Aufbau
Die Installation besteht aus einem Arbeitsplatz mit den neuen Eingabemedien und einer Beamerprojektion. Auf einem Tisch befinden sich die Eingabemedien, Tasse, Mikrofon, Kurbeln und Fußtaster. Sie werden im Folgenden beschrieben.
Es gibt sowohl Anwendungen für eine Person, als auch für zwei Personen. Um die Eingabemedien alleine zu bedienen, sollte ein Stuhl vorhanden sein. Die Verbindung zwischen den Eingabemedien und dem Rechner kann bis 8 Meter lang sein. Alle Anwendungen laufen auf Macitosh-Rechnern mit einer Konfiguration von mindestens einem G4-Prozessor mit 450 Mhz Prozessortakt, einem Hauptspeicher von 256 Mb und einem Festplattenplatz von ca. 4 Gb.
Theorie zu neuen Eingabemedien
Seit der Erfindung der Maschinen stellt sich die Frage, wie der Mensch sie bedient. Abstrakt betrachtet muss der menschliche Wille dem Gerät mitgeteilt werden. Je mehr Aufgaben eine Maschine erfüllen kann, desto wichtiger ist das Eingabemedium. Ein universelles Gerät wie ein aktueller Computer stellt somit extreme Anforderungen an das Eingabemedium.
Auch im alltäglichen Leben gibt es nicht nur eine Art des Eingabemediums. Es ist gibt viele schöne Arten, viele interessante Dinge zu bedienen. Hierbei sind die Emotionen des Benutzers nicht unwichtig. Ein Interface steht für mehr als nur die Bedienung einer Maschine. Es kann bei der Bedienung Freude und sinnliche Erfahrungen, Stress und Frustrationen auslösen.
Heute wird jeder PC mit Tastatur und Maus ausgeliefert. Kinder wachsen so selbstverständlich mit Mäusen an Rechnern auf wie die Generationen zuvor mit Lichtschaltern. Es entsteht der Eindruck, die Maus sei für alle Anwendungen optimal, einfach nur, weil sie bereits bei allen Systemen vorhanden ist. Aber spezielle Aufgaben verlangen spezielle Eingabemedien: Soll eine Eingabe von zwei unterschiedlichen Personen durchgeführt werden, so ist die Maus kein optimales Eingabemedium. Die Maus ist ein schnelles Eingabemedium. Aber ist Schnelligkeit das einzige
Kriterium? Beim Aufbau von Dramaturgie kommt es auf den Umgang mit der Zeit an. Schnelligkeit ist hierbei nur eine Ausprägung. Es braucht ein ausgewogenes Verhältnis von schnell und langsam um einen Spannungsbogen zu erzeugen. Einfache Maus-over-Events werden von vielen Benutzern nicht mehr wahrgenommen, weil das Klicken viel zu schnell geht. An einem normalen PC-Arbeitsplatz langweilen sich die Füße und die zweite Hand. Pädagogische und psychologische Forschungsansätze zeigen, dass es Sinn macht, möglichst viele Körperteile in Arbeits-, Lern- oder Unterhaltungsprozesse einzubeziehen.
Es gibt Alternativen zur Maus, deren Erfolg zeigt, dass es wichtig ist über weitere Eingabemedien nachzudenken. Man schraubt sich ein Lenkrad an den Schreibtisch, weil Fahrsimulationen auf diese Art viel mehr Spaß machen. Joysticks erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie nicht nur so heißen, sondern weil sie Freude machen. Eine Fahrsimulation mit einer Maus zu steuern würde vom Benutzer intuitiv als verkehrt empfunden. Bei der Entwicklung einer Anwendung kann das Eingabemedium nicht außen vor bleiben, sondern sollte stilistisch in den gesamten Kontext aufgenommen werden.
Es erscheint sinnvoll, ungewohnte Eingabemedien für den Rechner auszuprobieren. Analogien zu existierenden Verhaltensweisen inspirieren zu neuen Eingabemedien. Reizvoll ist es Medien zu analysieren, die einem selber Spaß machen oder irgendwie sinnlich sind.
Meine neuen Eingabemedien und Anwendungen
Bei den hier vorgestellten Eingabemedien und Anwendungen ist immer der Grundgedanke ein Erlebnis zu vermitteln. Der Aufbau der technischen Geräte ist bewusst nicht stromlinienförmig, sondern betont den prototypischen Charakter des Aufbaus. In der Rauminstallation werden Anwendungen zum Testen der neuen Eingabemedien zusammengefasst. Eine zentrale Steuerung ermöglicht dem Benutzer, zwischen den verschiedenen Komponenten hin und her zu wechseln.
Tasse und Frühstücksbrett
Die Tasse auf dem Frühstücksbrett ist der mechanische Teil des Hauptauswahlmenüs, sie ist das Eingabemedium. Eine Tasse ist jedem aus dem täglichen Leben vertraut und ist sehr positiv belegt. Niemand würde sie mit der Steuerung komplizierter Technik in Verbindung bringen.
Durch das Verschieben der Tasse auf dem Frühstücksbrett kann eine Anwendung ausgewählt und gestartet werden. Ihr gegenüber steht die Projektion auf dem Bildschirm, die auf die Positionierung der Tasse reagiert.
Der Bildschirm präsentiert am Anfang auf dem Frühstücksbrett die Auswahl der Anwendungen. Von einem fliegenden Fisch begleitet, kann der Benutzer mit der realen Tasse auswählen. Hat er eine Anwendung ausgewählt und den neugierigen Fisch in die Tasse gelockt, beginnt die Erklärung zur entsprechenden Anwendung. Die Anleitung muß durchgearbeitet werden. Erst wenn die Eingabemedien korrekt bedient wurden, wird die entsprechende Anwendung gestartet. Wird die Tasse in die Mitte des Brettes gezogen, gelangt man wieder in die Hauptauswahl.
Mac Mikro
Jeder Benutzer hat die Möglichkeit mit der Stimme einen Ton zu erzeugen, ohne weiter körperlich aktiv zu werden. So kann er mit dem Computer in einen Dialog treten. Ein Mikrofon wird mit einer Wäscheklammer festgehalten. Die Wäscheklammer wiederum ist mit einem Kabelbinder an einem Gehäuse befestigt, das einen Vorverstärker beinhaltet. Dieser Vorverstärker ist ein Bausatz, der den Pegel des Mikrofons anhebt, so dass ein Computer dieses Signal verarbeiten kann. Die Stromversorgung kann mit einem groben Schalter, der mit "Ein" bzw. "Aus" handbeschriftet ist, geschaltet werden. Die eingelesenen Daten kann der Computer auf unterschiedliche Weise verarbeiten.
Kurbel
Die Kurbel ist aus unserem Alltag fast verschwunden. Mixer und Brotschneidemaschinen sind elektrisch, die Fensterheber im Auto auch. Sicher sind kleine Elektromotoren besser und billiger, aber die anschauliche Mechanik hat auch ihren Reiz, denn Mechanik ist nachvollziehbar. Es ist doch schön, den Computer mit einer Kurbel zu bedienen!
Fusstaster
Wenn man mit den Händen die Kurbeln betätigt, muss man für den Doppelklick ein anderes Körperteil nutzen. Die Füße bieten sich an. Wie gut man mit den Füßen kleine Impulse geben kann, zeigt das Autofahren.
Die Anwendungen
Segeln
Grundgedanke dieser Anwendung ist der Wettstreit zwischen zwei Personen mit unterschiedlichen Mitteln. Ein Papierschiffchen kann man an einem Faden im Wasser schwimmen lassen. Es hat dabei gegen den Wind anzukämpfen. Der eine Benutzer kurbelt das Schiff nach links in den Hafen, der andere Benutzer versucht das mit Pusten und dem dadurch entstehenden Gegenwind zu verhindern. Das Verhalten des Seils, mit dem das Schiffchen gezogen wird, basiert dabei auf einer Simulation der physikalischen Vorgänge. Die Kräfte Trägheit, Gravitation und Zugbelastung wirken auf dieses Seil ein. Durch geschickte Wahl dieser Parameter kann der Eindruck erzielt werden, das Schiff sei sehr schwer und es würde kräftig am Seil gezogen. Diese Darstellung unterstützt die Dramaturgie der Anwendung.
Fliegen
Kinder kann man dabei beobachten, wie sie ein Spielzeug durch die Luft tragen und dabei mit der Stimme die Fluggeräusche nachahmen. Würde es nicht Spaß machen das Flugzeug mit der Stimme zu steuern? Die Anwendung, ein Flugzeug freihändig fliegen zu lassen und nur mit der Stimme zu steuern ist ein Versuch, die Stimme anders als zum Sprechen zu benutzen.
Ein Flugzeug erscheint auf dem Bildschirm. Es wird gezeigt, wie es vorwärts fliegt, Gegenstände und Personen kommen ihm entgegen. Die Steuerung dieses Fluges wird vom Benutzer übernommen. Durch die Höhe seiner Stimme kann er die Flughöhe des Flugzeuges variieren. Gleichzeitig wird die Lautstärke des von ihm erzeugten Tons dazu verwendet vor und zurück zu fliegen.
Alle entgegenkommenden Gegenstände erzeugen ein eigenes Geräusch. Die Summe der Geräusche ergibt eine Klangkollage. Da die ganze Anwendung eine Analogie zu dem oben beschriebenen Kinderspiel darstellt, lehnt sich die grafische Umsetzung an Konstruktionszeichnungen für Blechspielzeug an.
Wird eines dieser Objekte mit dem Flugzeug berührt, so beschweren sie sich mit einem typischen Geräusch. Das Umfeld des Flugzeugs wirkt dadurch sehr lebendig. Die Stimme wird normalerweise nur zum Sprechen genutzt. Dabei kann der Klang sehr genau moduliert werden. Man kann sehr feine Unterschiede hören, wenn man etwas Gesprochenes verstehen will. Abgesehen von Musikern und Schauspielern werden diese Fähigkeiten kaum genutzt. Geräusche mit der Stimme zu machen ist man nicht gewohnt. Sprechen lernt man als Kind. Vielleicht sind es darum auch nur Kinder, die einfach so mit ihrer Stimme herumexperimentieren.
Mit dieser Anwendung soll ein Kontext geschaffen werden, in dem es Spaß macht mit der Stimme zu experimentieren.
Bilden
Ist eine Anwendung mit der man in alten Verhaltensregeln stöbern kann. Es handelt sich nicht um eine Analogie zum Lesen im einem Buch. Der Zusammenhang der Sätze ist ein völlig neuer, virtueller. Es gibt einen dunklen, gerade gesetzten Haupttext, der mit der ersten Kurbel von links nach rechts auf den Bildschirm gekurbelt werden kann. Zu jedem Wort dieses Textes kann man mit der zweiten Kurbel eine weitere Verhaltensregel als Kommentar hervorkurbeln.
Diese zweiten Sätze heben sich in Farbe und Form vom Haupttext ab. Kurbelt man den Haupttext weiter, löst sich der Kommentar von seinem Ursprungswort und fliegt frei umher. Er schwebt allmählich nach unten, bleibt am unteren Bildschirmrand liegen und verblasst langsam. Liest man weiter im Haupttext und kurbelt Wort für Wort weitere Regeln hervor lagern sich durcheinander unten am Bildschirmrand lauter verblassende Sätze ab. Diese kann man mit dem Fußtaster wieder aufwirbeln. Mit einem Klick schubst man sie nur ein wenig an, klickt man öfter, kann man den Bildschirm in eine Schneekugel mit lauter umher fliegenden Verhaltensnormen verwandeln.
Man kann einerseits vorsichtig mit der Anwendung umgehen, Wort für Wort lesen, und sich über den Text freuen. Dazu bedient man die Kurbeln abwechselnd und tritt ab und an den Fußtaster. Man kann aber auch einfach abstrakte, bewegte Bilder erzeugen, indem man beide Kurbeln dreht, immer wieder mit dem Fuß klickt und schaut was passiert. Der Sound rundet die Stimmung der Anwendung ab. Beiläufiges Klaviergeklimper, das nur aus ein paar Tönen besteht, wird lauter, wenn die Kurbeln viel bewegt werden, und verschwindet fast, wenn vom Benutzer keine Aktion ausgeht.
Tanzen
Die folgende Anwendung spielt mit dem Thema Tanz. Es können zwei Benutzer auf einer virtuellen Bühne miteinander tanzen. Dargestellt werden zwei Arten von Figuren: Eine weibliche, die durch die eine Kurbel bewegt werden kann, und eine männliche, die durch die andere Kurbel gesteuert wird. Die Figuren laufen auf unsichtbaren Bahnen vor und zurück, dabei bewegen sie sich rhythmisch, gerade so, wie der Benutzer sie über die Kurbel steuert. Eine passende Hintergrundmusik gibt das Thema des jeweiligen Tanzes vor.
Die Anwendung beginnt mit einer weiblichen Figur. Der Anwender kann, nach einem schön getanzten Solo, durch Betätigen der beiden Fußtaster weitere männliche und weibliche Figuren auf der Tanzfläche erscheinen lassen. So können ganze Formationen von Tänzern und Tänzerinnen entstehen. Diese Formationen bewegen sich anschließend beim Bewegen der jeweiligen Kurbel in absolutem Gleichklang über die Bühne. Werden eine gewisse Zeit beide Kurbeln mit der gleichen Geschwindigkeit bewegt, betreten zwei Figuren die Bühne, die, wenn weiter mit der gleichen Geschwindigkeit gekurbelt wird, miteinander tanzen. Jede neue Figur erscheint auf der Bühne hinter dem Formationspartner. So erhält die Bühne eine gewisse Tiefe.
Die Figuren verbergen während des Tanzes nicht, dass sie nur aus Konstruktionszeichnungen bestehen, die wie auf Papier gezeichnet über die Bühne tanzen. Sie haben eine Breite und ein Höhe, sind aber auf unendlich dünnes Papier aufgebracht: Dreht sich eine Figur, so sieht man in der Seitenansicht die Figur nicht mehr. Dieser Eindruck wird dadurch weiter bestärkt, dass man in das Mikrofon pusten kann und die Figuren sich im Wind nach hinten biegen. Ist die jeweilige Hintergrundmusik zu Ende, oder sind einfach zu viele Figuren auf der Bühne, so fallen alle, bis auf die erste Solotänzerin um.
Diese Anwendung spielt die Möglichkeiten der beiden Kurbeln als Eingabemedium für zwei Benutzer aus. Die beiden Benutzer arbeiten gemeinsam an einer Choreographie und werden dabei für ihre Harmonie belohnt. Gleichzeitig wird mit der Faszination mechanischer Tanzfiguren gespielt.
Zeichnen
Bei dieser Anwendung ist der Grundgedanke, eine Anwendung zu entwickeln, in der zwei Benutzer gemeinsam eine Erfahrung machen können. Um eine Anwendung zu zweit zu steuern, muss ein gemeinsames Ziel vorhanden sein. Beim Zeichnen müssen sich die beiden Benutzer absprechen welches Motiv entstehen soll. Tun sie das nicht, entstehen sinnlose Linien. Beide Anwender sind gleichermaßen für das Führen des Stiftes verantwortlich. Nur wenn sie harmonieren entsteht das gewünschte Bild.
Zeichnen zu zweit ist ein spannendes Projekt. Die Darstellung einer Tafel im Hintergrund der Anwendung deutet die Situation mit Kreide zu malen an. Mit den beiden Kurbeln wird der Stift in die Ausgangsposition gebracht. Durch Drücken des linken Fußtasters setzt der Stift auf. Nun hinterlässt weiteres Kurbeln eine Spur auf der Tafel. Wird der Taster losgelassen, kann ein neuer Startpunkt für eine nächste Linie gesucht werden. Auf Fußtasterdruck kann das eben erstellte Werk wieder gelöscht werden. Es ist auch möglich beide Kurbeln durch einen Anwender zu benutzen. Durch die ungewohnte Steuerung ist der Anwender besonders gefordert seine Bewegung so zu koordinieren, dass die gewünschte Richtung mit dem Stift beschrieben wird, weil auch gleichzeitig mit dem Fußtaster das Schreiben ausgelöst werden muss.
Ich wünsche allen Anwendern genauso viel Spaß wie ich bei der Entwicklung dieser Eingabemedien und deren Anwendungen hatte. Nicht nur wenn das Fischbesteck fehlt, sondern auch einfach so: Fisch kann auch mit zwei Gabeln gegessen werden!

Technik

Technische Beschreibung

Die Drehbewegung der durch die Kurbel angetriebenen Scheibe wird in Impulse umgewandelt und via usb zum Rechner geschickt.

Hardware / Software

Alle Anwendungen laufen auf Macitosh-Rechnern mit einer Konfiguration von mindestens einem G4-Prozessor mit 450 Mhz Prozessortakt, einem Hauptspeicher von 256 Mb und einem Festplattenplatz von ca. 4 Gb.

  • › digital sparks 2002 [link 02]
  • › Zusammenfassung der Diplomarbeit [PDF | 2 MB ] [link 03]
  • › Die Benutzung [14 MB ] [link 04]