Lars H. Beuse


Methode Kunst //

Feldaufenthalt im intimen Kosmos


Sampler aus Obejkt/Video/Sound-Visualisierung [link 01]

Sampler aus Obejkt/Video/Sound-Visualisierung

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Die multimediale Installation „Methode_Kunst//[Feldaufenthalt im intimen Kosmos]]zeigt den Arbeitsplatz einer Ethnologin/eines Ethnologen mit allen Techniken der Feldforschung. Der Feldaufenthalt der Ethnologen/des Ethnologen findet in den zur Verfügung gestellten und zyklisch wechselnden Wohnungen statt, wobei den Besuchern die Möglichkeit der teilnehmenden Beobachtung geboten wird.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Lars H. Beuse

MitarbeiterInnen

  • Christine S.  Thon

Entstehung

Deutschland, 2006-2007

Kommentar

Das Projekt soll vorgestellt werden, vor allem auch um gezielt Feedback vor allem von EthnologInnen/Kulturwissenschaftlern und MedienkünstlerInnen einzuholen.
Zudem liegt es im Wesen dieses Projektes, daß es permanent neue Räumlichkeiten im Bereich des privaten Umfeldes verschiedener Personen benötigt, denn zu den Kernmerkmalen dieser multimedialen Installation gehört es, daß sie im "intimen Felde" also letztlich in Privatwohnungen präsentiert wird. Möglicherweise ergeben sich weitere Synergien.

Eingabe des Beitrags

Lars H. Beuse, 10.03.2007
tach@mythenrauschen.net [link 02]

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Kulturelles Erbe |
    • Repräsentation |
    • Konzeptuelle Arbeit |
    • Identität |
    • Soziale Systeme |
    • Performance Kunst
  • Formate:
    • Installation

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Methode_Kunst// [Feldaufenthalt im intimen Kosmos]

Künstlerische Installation zu Forschung und Vorgehensweisen in der Ethnologie auf der Basis der Forschung zum kollektiven kulturellen Gedächtnis

Die multimediale Installation „Methode_Kunst//[Feldaufenthalt im intimen Kosmos]]zeigt den Arbeitsplatz einer Ethnologin/eines Ethnologen mit allen Techniken der Feldforschung. Der Feldaufenthalt der Ethnologen/des Ethnologen findet in den zur Verfügung gestellten und zyklisch wechselnden Wohnungen statt, wobei den Besuchern die Möglichkeit der teilnehmenden Beobachtung geboten wird.

Der Besucher ist Feldforscher nicht nur in Bezug auf die zur Verfügung gestellten Wohnungen selbst, sondern auch hinsichtlich der Arbeit der Ethnologin/ des Ethnologen zum dargebotenen intimen Kosmos. Das gegenseitige Erforschen, Analysieren und Kontrollieren bildet die Basis der Überschneidungen zwischen Kunst- und Wissenskreisläufen und damit der dargebotenen Installation. Die Medienkünstler dieser installativen Performance treten als Projektkünstler auf, die ihre Kunst als Analyseinstrument benutzen. Die Botschaft an den Besucher lautet: Nicht die Ethnologin/ der Ethnologe beschäftigt sich mit der gezeigten Kunst, sondern die Kunst mit der Ethnologin/dem Ethnologen und darüber hinaus mit dem Besucher, der Raum und die gezeigte Installation zu durchleuchten sucht.

In dem zur Verfügung gestellten Raum der Wohnung wird ein Zelt aufgestellt. In dem Zelt werden Forschungsinstrumente, Nachschlagewerke und die technische Ausrüstung (Laptop, Kameras, etc.) einer Ethnologen/einer Ethnologin aufgebaut. Zudem werden angebliche Ergebnisse der Feldforschung zu verschiedenen Wohnungen ausgestellt, wie auch verschiedene Exponate. Es werden feste Termine mit den Wohnungsinhabern vereinbart, an denen Führungen stattfinden können. Der Wohnungsinhaber bestimmt das Maß, in welchem er seine

Wohnung zur Verfügung stellt. Die Installation soll nicht statisch sein und Raum zum Testen bieten, d.h. das kulturelle Gedächtnis der Besucher und deren Befangenheit zum Thema Ethnologie aber auch zum Dasein der Kunst soll in performativen Aktionen und Vorträgen erforscht werden.

Es findet eine Zusammenarbeit mit einer MA der Ethnologie statt. Diese wird die Besuchergruppen in einem Raum empfangen, der erkennbar nicht zu dem „Feld“ gehört. In diesem Raum beginnt eine Reise in das „Feld“. Die Ethnologin wird einen kurzen Vortrag halten, in dem sie die Besucher in die Verhaltensweisen im „Feld“ einführt. Die Besucher erhalten Überschuhe und werden in Kittel gewandet. Begleitet von den dauernden Erklärungen der Wissenschaftlerin macht sich die Besucherguppe nun auf ins „Feld“ (den Raum der Installation).

Das im Felde stattfindende Erlaben ist ein permanentes Wechselspiel zwischen Realität und Fiktion. Der Besucher ist gezwungen, seine Blick zu schärfen, um bei allen Informationen, die auf ihn einfluten, noch unterscheiden zu können- Was ist hier Kunst? Was ist hier Wissenschaft? In diesem Feld der behaupteten Wissenschaft und der tatsächlichen Kunst entsteht ein unscharfes Rauschen. Der Besucher ist allein auf seine Wahrnehmung angewiesen, sogar darauf, der Führerin in Gestalt einer Ethnologin zu misstrauen. Damit wird er selbst zum Forscher, der letztlich nur anhand möglichst rationalen und aber auch intuitiven Vorgehens filtern kann, was Wissenschaft und was Kunst ist.

Erschwerend kommt darüber hinaus hinzu, dass der Besucher dem wahrhaften Wissenschaftler als Begleiter zunächst die Deutungshoheit überlässt, dh. der Besucher erwartet von der ihn begleitenden Ethnologin den Erkenntnissen der Wissenschaft entsprechende Informationen. Die Ethnologin aber ist selbst Bestandteil der Installation und eingeweiht in die Strategie der Verschleierung. Der so sicher geglaubte Raum wird zu einem kaum zu durchdringenden Dickicht von Behauptung und Tatsache. Das Zelt, die Computer, die vermeintlichen Messgeräte, die die letzten Beweise der vermuteten Wirklichkeit sind, werde somit selbst in den Strudel der Fragwürdigkeit gezogen.

Damit Medien als Träger einer kollektiven Erinnerung dienen können, bedarf es einer ganz bestimmten Erinnerungsstruktur, eines Erinnerungs- und Bedeutungsgewebes, welches als kulturelles Gedächtnis fungiert. Es sind Bruchstücke eines kulturellen Gedächtnissesm, die zunächst scheinbare Sicherheit im „Feld“ geben, um in Weiteren durch den Gesamtprozess der Installation aus einem Bdeutungsgewebe herausgelöst zu werden. Es ensteht ein Raum in und an dem nichts mehr so ist, wie es augenblicklich scheint- ein Raum ohne Erinnnerung.


Technik

Technische Beschreibung

1. Es wurden mehrere Interviews mit EtnologInnen geführt. Hierbei ging es vor allem um, die teileweise kontrovers, geführte Frage nach der Feldforschung. Ein anderer wichtiger Aspekt ist der des Reisens, und eben die Frage in wie weit nun Ethnologische Forschung, die ja in der Vorstellung immer noch mit "Reisen in die exotischen Länder" verknüpft ist, vor ORT, eben in der "Wohnung um die Ecke" funktionieren kann. Aus diesen Interviews wurde ein Videosampler geschnitten, der im Rahmen der Installation in einem Loop läuft.

2. Kontrastierend werden Aufnamen von einem echten Feldforschungsaufenthalt in St.Ana/Bolivien gezeigt. Diese aufnahmen wurden von einer Ethnologin zur verfügung gestellt die die aussterbende Sprache der Movima (Indigene Tieflandgruppe Boliviens) dokumentiert. Diese Aufnahmen wurden ebenfalls zu einer Sampler geschnitten und laufen auf einem weiteren Bildschirm ebenfalls als Loop.

3. Sprachanalyseprogramme, die auch bei der Dokumentation und Analyse indigener Sprachen zum Einsatz kommen wurden benutzt um Alltagsgespräche in einer deutschen Wohnung aufzuzeichnen. Daraus wiederum wurde eine Präsentation erstellt die auf einem in der Installation befindlichen LapTop läuft, auch das "Sprachrauschen" ist über Lautsprecher im Raum zu hören.

4. Es wurde eine KopfPlastik hergestellt die Köpfen nachempfunden ist, wie sie Anthropologen auf der Basis von Knochenfunden herstellen, diese Plastik erweckt den Eindruck sie sei in einem Halbfertigen Zustande.

5. Es wurden 4 Leuchtkästen 100x75x20 auf der Basis von Mittelformatfotografien hergestellt, sie sind Anthropologischen Aufnahmen aus der Zeit um 1900 nachempfunden, und zeigen vermeintlich Indigene bei der Vermessung durch Anthropologen.

6. All diese Gegenstände und technischen Gerätschaften werden in zyklisch wechselnden Privatwohnungen aufgebaut. Die Wohnungen werden durch Zufall über Anzeigen gefunden. Bedingung ist nur, daß die Eigentümer den Künstlern zuvor nicht bekannt sind.

7. In dieser Wohnung wird ein Zelt aufgebaut mit "Campingmöbeln" dies es Zelt ist Quasi das Zentrum der Installation, darum herum sind die weiteren Bestandteile aufgebaut.

8. Eine Magisterin der Ethnologie bewohnt dieses Zelt für eine Woche und empfängt BesucherInnen, die sich über ihren vermeintlichen Feldaufenthalt im intimen Kosmos informieren wollen. Sie führt dann die BesucherInnen durch die Wohnung.

Hardware / Software

Soundforge, PremierePro, Flash/Director, After Effects, Photoshop, Nikon e8700, Panasonic HDC-SD1EG-S, diverse Tonaufnahmegerätschaften, LapTop, 3Flachbildschirme

Kontext

Statement

Die Begleitung durch einen echten Wissenschaftler überläßt diesem zunächst die Deutungshoheit, der Besucher der Installation erwartet die Wahrheit vom ihn begleitenden Wissenschaftler, dieser aber ist selbst Teil der Installation und eingeweiht in die Stratege der Verschleierung. Hier wird eine symbolische Wissenschaft betrieben, beispielsweise handelt es sich bei den auch aufgebauten "Überwachungsgeräten" um Attrappen. Dieser eine Teilansatz ist Reflextion gewisser populärwissenschaftlicher Trends, z.B. in den Medien, die auch diese symbolische Wissenschaft betreiben - sehr "Trendy". Bestimmte Versatzstücke die scheinbar wissenschaftlich sind reichen aus um Wissenschaft zu behaupten die keine ist, um Wissenschaft also zu simulieren.

Nach neuesten Ergebnissen z.B. aus der Ethnologie spielt bei simulierter also symbolischer Repräsentation das kollektive kulturelle Gedächtnis eine große Rolle. Im Verlaufe der Führungen durch Wohnung und Installation und so.to.speak Experimente - werden die Symbole in Bedeutungslosigkeit aufgelöst.

Es geht also darum mit Vorstellungen und Symbolen mit der Repräsentation von Wissenschaft zu experimentieren um in einem Raum der Unschärfe, der "Vermeintlichkeit" in einem Wechselspiel mit den BesucherInnen einen Prozess der kritischen Hinterfragung von behaupteter Wissenschaft einzuleiten. So kann vielleicht beim ein oder anderen der Blick auf bestimmte Berichterstattung in den Medien geschärft werden, kann das beliebte Populärwissenschaftliche Treiben einmal hinterfragt werden.

Gleichzeitig entsteht durch die Konfrontation mit dem intimen Raum der privaten Wohnung ein sehr unsicheres Gefühl, welches zu einem vollkommenen Umschließen der Besucherinnen durch die Installation führt, denn das betreten fremder Wohnungen verursacht viel größere Verhaltensänderungen als z.B. das Betreten einer Galerie oder eines Museums. Außerdem wird so natürlich hinterfragt in wie weit Feldforschung auch Intimzonen verletzt, und andererseits durch diese Verletzung selbst verfälscht wird.

Für mich sind Arbeiten in einem derartigen Spannungfeld besonders Interessant, vor allem wenn es darum geht mit Symbolen und Repräsentation und Simulation zu arbeiten. Der Erkentnissgewinn kann benutzt werden um die funktionsweise der Medien künstlerische zu verdeutlichen und sie vor ihrem historischen Hintergrund abzubilden.

Theorie / Forschung

"Featured Creatures - Das Fremde in der Rotation"
http://www.mythenrauschen.net/content/view/114/244/

Sekundärliteratur

  • Beuse, Silke, Das kulturell Fremde im medialen Raum des wilhelminischen Deutschlands, Bonn, 2006
    » http://www.mythenrau…content/view/114/244/ [link 03]

Referenzen

  • Beuse, Lars H, Montes Horribiles, Köln, 2007
    » http://www.mythenrau…ontent/view/1003/282/ [link 04]
  • Thon, Christine S, AKE 2007, Köln, 2007
    » http://www.mythenrau…ontent/view/1002/282/ [link 05]
  • › Community/netzkollektor [link 06]

» http://www.mythenrau…content/view/184/151/ [link 07]

  • › Paper/Katalogtext [PDF | 21 KB ] [link 08]
  • › Screenshot aus einem von zwei Videofilmen die Bestandteil der Installation sind [JPEG | 138 KB ] [link 09]
  • › Ein Detail mit der angesprochenen Kopfplastik und laufender Sprachpräsentation im Hintergrund [JPEG | 91 KB ] [link 10]