Domingo Stephan, Melchior B. Tacet


Instrumental

Klangperformance


Intrumental live [link 01]

Intrumental live

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Bei "Instrumental" handelt es sich um eine Performance, in deren Fokus die wechselseitige Abhängigkeit von Bewegung und Computersystem steht.

Auf einem hohen Hocker, so dass er frei seine Gliedmaßen bewegen kann, sitzt der Performer. Er ist über sechs Sensoren mit einem Computer verbunden. Dieser wertet die Daten aus, die aus den Bewegungen des Performers resultieren, um sie in Klanggebilde umzurechnen. Vor dem Performer auf dem Boden befindet sich eine Projektion. Sie dient ihm als Display, damit er die Auswirkungen seiner Bewegungen nicht nur akustisch, sondern auch visuell nachvollziehen kann. Auch für das Publikum soll dieses Display sichtbar sein, das sich um das Geschehen frei bewegt.

Zu Beginn der Performance steht dem Performer nur ein Ton zur Verfügung, den er durch seine Bewegungen ansteuern kann. Im Laufe der Performance kann er noch weitere hinzu schalten (reine/konsonante/dissonante Intervalle), bis sich ein vollständiger dorischer Modus aufgebaut hat. Zudem lassen sich Klangfarbe und Feedback steuern. Ist der letzte Ton hinzugeschaltet, beginnt das System den Klang auszublenden. Kurz sind noch die Bewegungen des Performers zu sehen, die nun keine akustischen Auswirkungen mehr haben.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Domingo Stephan, Programmierung, Universität Bayreuth
  • Melchior B. Tacet, Performance/Programmierung, Universität Bayreuth

Entstehung

Deutschland, 2006

Eingabe des Beitrags

Domingo Stephan, 14.02.2006

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Interface |
    • Mensch-Maschine-Interaktion HCI |
    • Körper |
    • Klang
  • Formate:
    • Performance
  • Technik:
    • Motion Tracking |
    • Midi

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Thema der Performance ist das Zusammenspiel von Bewegung und Musik. Untersucht werden soll, ob sich die Bewegung aus den Fesseln des Klanges befreien kann, indem sie selbst Musik generiert oder ob ihr durch diese Aufgabe erneut Einschränkungen auferlegt werden. Im Allgemeinen ist die Bewegung im Zusammenspiel mit der Musik dieser untergeordnet. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da jedem die körperlichen Effekte der Musik durchaus bekannt sind. Natürliches Element der Musik wäre es also, Körperbewegung zu produzieren. Das ist nicht nur beim expressiv spielenden Pianisten oder beim Sänger zu sehen, der für das Ausüben seiner Kunst eine bestimmte Körperhaltung einnehmen muss, sondern auch beim Zuhörer, den die Musik bis in ekstatische Verzückung mitzureißen im Stande ist. Im Gegenzug dazu ist Bewegung nicht in der Lage, sich über die Musik zu stellen und aus sich heraus Klang zu erzeugen, wie es umgekehrt der Fall ist.

Würde man jedoch die verschiedenen Parameter von Bewegung und Musik über ein Sensorium mit einander verkoppeln, so könnten sich aus der Analyse von Bewegungsabläufen Werte ergeben, die in Klang umgeformt werden können. Der Körper wäre nun also sein eigenes Instrument. Jedoch wären alle Bewegungen den Gesetzmäßigkeiten des Instrumentes unterworfen, wie auch der Pianist an die spezifische Bedienungsweise seines Instrumentes gebunden ist. Dadurch, dass der Benutzer seine Bewegungen dem Instrument anpassen muss, ergeben sich zwangsläufig Vorgaben, die nicht notwendigerweise als ästhetische Bewegung angesehen werden können. Die Bewegung ist dem Instrument unterworfen, aber dadurch in der Lage Musik zu generieren, die ihrerseits eine ästhetische Form annehmen kann. Der Körper kann zwar nunmehr Sound erzeugen, wird in seinen Bewegungen aber auf die einer technischen Funktionalität zurückgefahren. So begibt sich Bewegung von einer Zwangslage in die andere, kann sich aber im Gegenzug autonom zur Musik verhalten.

Diese kurz beschriebenen Abhängigkeiten zwischen Bewegung, Sensorsystem und errechnetem Klang sind wichtiger Bestandteil des Konzepts und sollen deshalb konkret innerhalb der Performance thematisiert werden. Der Zuschauer wird konfrontiert mit sehr kleinen, präzisen und rein funktionalen Bewegungen, die den Wahrnehmungsbereich der Sensoren nicht überschreiten sowie mit einem stark synthetischen Klang, der vor allem keine Assoziation zu bekannten Mitteln der Klangerzeugung zulassen soll. Dabei darf auch das technische Verfahren der Klangerzeugung nicht versteckt werden, so dass der Zuschauer die Körperstellen, wo die Sensoren angebracht sind, sehen können muss. Ebenso wird dem Zuschauer das Display des Performers sichtbar gemacht, welches ihm Auskunft über den Ablauf der Komposition sowie den aktivierten Parametern der Tonerzeugung gibt.

Mit dem Fokus auf die Abhängigkeit sowie die wechselseitig Einflussnahme zwischen Körper und Computersystem, die eine bestimmte Bewegungsästhetik und Soundqualität überhaupt erst ermöglichen, steht "Instrumental" im Gegensatz zu bisher durchgeführten Experimenten und Performances im Bereich der Tonerzeugung durch Bewegung in Echtzeit im Tanz, in denen Bewegung nicht rein funktional, sondern als eigenes ästhetisches Mittel genutzt wird.

Technik

Technische Beschreibung

Verwendung findet bei dieser Performance das Sensorinterface Digital Dance von DIEM [1], welches über MIDI mit der Software Max/MSP verbunden ist.

Das Digital Dance-System besteht aus Sensoren, einem Funksender, den der Performer am Gürtel befestigen kann, und einem Empfänger, der die Sensordaten in MIDI-Werte wandelt und so zur weiteren Verarbeitung bereitstellt.

Die Sensoren sind sechs lamellenartige, durch Biegung veränderliche, elektrische Widerstände sowie ein selbstgebauter Kontaktgeber in Form eines Handschuhs. Die Sensoren sind mit speziellen Stoffmanschetten an den Gelenken des Performers befestigt (Handgelenke, Ellenbogen, Knie, Fußgelenke). So können die Beugungszustände der Gelenke gemessen und im Computer nutzbar gemacht werden.

Auf der Computerseite kommt die Software Max/MSP von Cycling74 [2] zum Einsatz, sowie das Object (Plugin) ddg.mono von Darwin Grosse, welches einfache Synthesizerfunktionen bereitstellt. Das eigentliche, in Max/MSP geschriebene, Programm ordnet nun die Sensorwerte der einzelnen Gelenke verschiedenen Parametern des Klanges zu, und macht diese unmittelbar veränderbar. Es gibt zwei 'Stimmen', eine ist der linken, die andere der rechten Körperhälfte zugeordnet, welche jeweils folgende Parameter haben:

- Tonhöhe
- Klangfarbe
-Feedback-/Delaydauer

Die Tonhöhe wird duch einfaches Umwandeln der MIDI-Werte in die dazugehörigen Notenwerte bestimmt.

Die Klangfarbe wird durch das Verändern eines Hoch- bzw. Tiefpassfilters beeinflusst, welcher den Ton eines Sägezahn-Oszillators moduliert.

Schließlich kann der Klang in einer Feedback- und Delayschleife gehalten werden, bis hin zu einem Dauerton.

Die Performance nun gliedert sich in sieben Stufen, in denen unterschiedlich viele Töne zur Verfügung stehen, beginnend nur mit dem Grundton und seinen Oktaven. Im Laufe des Stückes wird stufenweise jeweils ein Ton freigegeben, ausgelöst durch den Kontakt am Handschuh, so dass am Ende die sieben Töne des dorischen Modus zur Verfügung stehen. Ist der Modus komplett aufgebaut, beginnt das System jeden Input von dem Wert 4321 zu subtrahieren. Durch diesen Vorgang wird der Klang ausgefadet, bis beim Wert 0 nichts mehr zu hören ist.

Zur optischen Rückmeldung der einzelnen Parameter dient eine Projektion, die von Performer und Publikum einsehbar ist.

[1] http://hjem.get2net.dk/diem/products.html
[2] http://www.cycling74.com/products/maxmsp
[3] http://www.cycling74.com/twiki/bin/view/Share/DarwinGrosse

Hardware / Software

Hardware:
- Apple Macintosh (Powerbook G4)
- DIEM Digital Dance mit sechs Sensoren, ein selbstgefertigter Handschuh mit Kontaktgeber
- USB-MIDI-Interface
- MIDI-Kabel
- Möglichkeit zur Soundausgabe
- Beamer mit VGA- oder DVI-Eingang, Projektion von oben vor den Performer
- Hoher Hocker ohne Lehne

Software:
- Mac OS X
- Max/MSP Version 4.5
- ddg.mono Object

  • › digital sparks 2006 [link 02]
  • › screenshot: Statusanzeige (Display) [JPEG | 43 KB ] [link 03]
  • › screenshot: Patch [JPEG | 83 KB ] [link 04]
  • › screenshot: "matchpassfarm" zur Selektion der Töne [JPEG | 108 KB ] [link 05]
  • › Artikel im Nordbayrischen Kurier vom 9.2.2006 [JPEG | 186 KB ] [link 06]
  • › Beitrag im BR vom 8.2.2006 [MP3 | 805 KB ] [link 07]
  • › Videoaufzeichnung vom 7.2.2006 [7 MB ] [link 08]
  • › Bildmaterial vom 7.2.2006 [JPEG | 59 KB ] [link 09]