Katja Heseler


connecting tube

auramodule - media installations underground


"connecting tube", U-Bahnstation Rosenthaler Platz, Berlin [link 01]

"connecting tube", U-Bahnstation Rosenthaler Platz, Berlin

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

"connecting tube" ist eines von neun "auramodulen". "auramodule" sind Medieninstallationen für den Untergrund. Spielorte sind Großstädte mit ihren U-Bahnnetzen. "connecting tube" ist eine Art Periskop, das im Berliner U-Bahnnetz, Station Rosenthaler Platz, installiert war.

Die Aufgabe von "auramodulen"
Die Installationen verleihen U-Bahnstationen eine Ausstrahlung. Sie bieten den Menschen im Untergrund einen Kommunikationsrahmen, in dem geschaut, gehört, gefühlt und agiert werden kann. Der unterirdische Ort bekommt ein Gesicht, wird zu einer positiven Erlebnis- und Entdeckungswelt.

Das Wesen von "auramodulen"
Bei den Modulen handelt es sich um Objekte, die in den Stationen und Tunneln der U-Bahnnetze installiert werden. Dabei bedienen die Installationen unterschiedliche Interaktivitätslevel und unterscheiden sich in ihrer Form und ihren Funktionsmechanismen (analog bis stark medial) grundlegend. "auramodule" sind in jedem U-Bahnhof einsetzbar. Jedes Modul wird dabei individuell an den jeweiligen Spielort angepasst und erhält in der Umsetzung seine formale und kontextuelle Vollkommenheit. Inhaltlich schenken die Module dem Benutzer, entgegengesetzt zum realen Aufenthaltsort, einen "intimen Blick"- ein Spiel mit Privatheit, Öffentlichkeit und Schaulust.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Katja Heseler

MitarbeiterInnen

  • Ursula  Damm, Professorin, Bauhaus-Universität Weimar
  • Max Wolf, Professor, Bauhaus-Universität Weimar
  • Peter Benz, Dipl.-Ing., Bauhaus-Universität Weimar

Entstehung

Deutschland, 2006

Eingabe des Beitrags

Katja Heseler, 31.01.2006

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Kommunikation |
    • Wahrnehmung |
    • öffentlicher Raum |
    • Interaktivität
  • Formate:
    • Installation

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Die Installation "connecting tube" ist ein Modul aus der Serie "auramodule - media installations underground". "connecting tube" besteht aus einer Art Periskop, wie es in Kriegs-U-Booten Verwendung findet. Dieses ist fest in einer U-Bahnstation installiert. Das Gerät integriert sich aufgrund seiner Gestalt und Funktion sehr gut in das Umfeld.

Bei der Installation handelt es sich nicht um ein echtes optisches Gerät. Der Betrachter schaut in einen virtuellen Raum (Laptop mit Film auf drehbarem 3D-Modell im Periskop – siehe Technische Beschreibung).

Als Besucher fragt man sich oft, was oben zu sehen ist, was gerade passiert, während man sich selbst in den unterirdischen Gängen befindet. Das Periskop verbindet Unter- und Oberwelt miteinander. Schaut der Benutzer nun durch den Sucher des Periskops erwartet er einen Blick auf das Geschehen, welches sich oberirdisch auf der Strasse abspielt; er befindet sich jedoch in einem Privatraum - ein Blick in einen Alltagsraum.

Mit dem Periskop kann der Beobachter nun den Blick durch die Szenerie schweifen lassen, sich im Raum orientieren und das Geschehen darin verfolgen. Sehen, ohne selbst gesehen zu werden! Dabei bietet das Periskop die Möglichkeit sich 360° um sich selbst und damit im Sehraum zu bewegen. Der Benutzer der Installation kann so auf horizontaler Ebene in jeden Winkel des Raumes schauen. Eine vertikale Orientierung im Raum lässt dieses optische Gerät nicht zu. Mit diesem Aspekt spielt der Film. Zu sehen ist nur der Ausschnitt vom Boden bis ca. 80 cm in die Höhe. Durch diese fragmentale Sicht auf den Raum und die darin befindlichen Personen entsteht ein Großteil der Szenerie im Kopf des Betrachters.

Zu sehen bekommt der Betrachter den Film "Begegnung". Drehort des Films, indem man sich mit dem Periskop bewegen kann, ist ein Badezimmer, um über die äußere Form des Periskops, die Vorstellung eines zusammenhängenden Rohrsystems zu schaffen - eines geschlossenen Verbindungssystems (Tube-Periskop-Rohrsystem).
Das Badezimmer ist der intimste aller Räume in einer Wohnung. Es ist ein Raum der nicht nur der äußeren Hygiene dient, sondern auch einen Rückzugsort darstellt, indem man die Fabrikation von "Ich" und Identität betreibt, in dem man Handlungen nachgeht, die nicht für die Augen zweiter bestimmt sind.

Der Film erzählt oberflächlich betrachtet eine Geschichte von zwei Personen, die in einer Beziehung kommunikationslos nebeneinander herleben und in einem Gleichklang zusammenkommen. Der Rahmen der Einzelsituation oder Einzelpersonen ist Mittel, um eine Absurdität aufzudecken, die uns aus Gewohnheit in der tatsächlichen ursprünglichen Situation nicht befremdlich vorkommt. Es geht um die Allgemeinheit der zu übertragenen Situation, die erst durch das "scheinbare Gesicht", die Verlegung in einen Privatraum, in eine Einzelsituation, beginnt, zu kippen. Verbindendes Element und Übertragungshilfe ist eine Zeitung, die sich sowohl im Film (wartende Person) als auch auf dem realen Bahnsteig befindet.

In der U-Bahn befinden wir uns, wie auch die zwei Personen im Film, in einem Beziehungsgeflecht, sind eng mit anderen Menschen zusammen. Die Einzelgeschichte steht für die Kommunikationssituation in der U-Bahn. Diese ist geprägt durch gegenseitige Missachtung / Nichtbeachtung / Ignoranz. Man beachtet sein Gegenüber oder Nebenan nicht. Wenn man von jemandem angestarrt wird oder jemand "Hallo" sagt, wenn er in die U-Bahn einsteigt, wird dieses als Fehlverhalten empfunden. Diese Haltung ist seltsam, wenn man betrachtet, wie nah die Fahrgäste beieinander sitzen, in welcher physischen Nähe sie sich zueinander befinden. Dennoch empfinden wir diese Situation, deren Hauptmerkmal die Nichtkommunikation ist, in der U-Bahn oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, als gewöhnlich und angemessen.
Am Ende des Films entkleiden sich die beiden Menschen, was sie näher zueinander bringt. Diese Entblößung steht für die Enthüllung durch Kommunikation.

Insgesamt bietet die Installation "connecting tube" eine optimale Möglichkeit, das Virtuelle mit der Realität und der eigenen existenten Körperlichkeit zu verbinden. Bei der Nutzung des Objektes befindet man sich optisch in einem virtuellen Raum, den man quasi real begeht - um sich in diesem Sehraum zu orientieren muss man sich mit dem Objekt im Realraum bewegen und drehen. Die Verbindung zwischen Fiktiv- und Realraum wird unmittelbar - eine neue Raumerlebnisdimension entsteht.

Technik

Technische Beschreibung

Die äußere Form des Objektes lehnt sich grob an der Form eines echten Periskops an. Die tatsächliche Form folgt hier der Funktionalität, d.h. die benötigte Technik ist komplett innerhalb des Objektes, für den Benutzer unsichtbar, untergebracht.
Das Gehäuse des Periskops besteht vollständig aus Metall. Die Sehrohre münden in Richtung des Benutzers in Augenmuscheln. Diese sind mit einer neutralen Linse ausgestattet, um einen Luftzug am Auge zu verhindern. Eine weitere Linse, mit einer 10-fachen Vergrößerung befindet sich am Ende des inneren Blickrohres und lässt den Film in einer typischen, leicht nach außen gewölbten Linsenoptik erscheinen.
Die zwei Sehrohre, die von den Augenmuscheln kommen, münden in dieses größere, innere Sehrohr, welches den Gesamtblick in einem Kreis einfängt. Die beiden seitlichen Griffe zur Führung des Objekt sind mit weichem Schaumstoff ummantelt. Im Inneren des Objektes befindet sich ein Laptop, auf dessen Display der Benutzer ausschnitthaft auf ein Video schaut, welches auf ein 3D-Modell gemappt ist.

Mit der Software VVVV, entwickelt von der Agentur "meso" in Frankfurt, fand ich das geeignete Werkzeug, um das Video auf dem Laptop über die Bewegung des Periskops zu steuern. Als erstes habe ich ein 360°-Video produziert, dazu habe ich eine Kamera in der Mitte eines Raumes positioniert und synchron einzelne Raumsegmente aufgenommen. Diese habe ich dann mit Hilfe von Adobe After Effects zu einem langen Videostreifen montiert.
In VVVV erzeugte ich zwei Kugelmodelle, die ich zu zylinderähnlichen Objekten modifizierte und so zueinander ausrichtete, das sie zu einem Körper verschmelzen. Auf diese Modelle mappte ich dann den langen Videostreifen. Die Koordinaten dieser Körper mit ihrer Videotextur werden von der Software ausgelesen und können so über ein Eingabegerät gesteuert werden.
Als Eingabegerät nutze ich ein Potentiometer das in die Drehachse des Periskops eingelassen ist, so dass über die Drehung des Periskops die beiden virtuellen Körper synchron bewegt werden. Das Potentiometer wird über ein Joywarrior und USB mit dem Rechner verbunden.

Das vermeintliche Sehrohr dient bei der Installation eher als Dekorationselement und vollendet die Gesamterscheinung des Objektes. Im Inneren sind die Kabel für die Stromzufuhr untergebracht. Diese wird über eine umgebaute Autobatterie gesichert.
Das Objekt wird über eine speziell für den jeweiligen Ort angefertigte Trägerkonstruktion mit der Wand verschraubt.

Hardware / Software

Interface:
- 1 Laptop
- Periskop-Objekt

Software:
- VVVV
- Adobe After Effects

  • › digital sparks 2006 [link 02]

» http://www.katjahese…er.de/auramodule.html [link 03]

  • › Konstruktionszeichnung/Skizze "connecting tube" [PDF | 49 KB ] [link 04]
  • › Objekt [JPEG | 69 KB ] [link 05]
  • › Besucherinteraktion 2 [JPEG | 99 KB ] [link 06]
  • › Objektaufbau [JPEG | 63 KB ] [link 07]
  • › Besucherinteraktion 1 [JPEG | 105 KB ] [link 08]
  • › Besucherinteraktion 3 [JPEG | 76 KB ] [link 09]
  • › Video-Standbilder [JPEG | 134 KB ] [link 10]
  • › Zeitungsausschnitt [JPEG | 65 KB ] [link 11]
  • › Filmkörper [JPEG | 36 KB ] [link 12]
  • › Screen - VVVV [JPEG | 51 KB ] [link 13]