Simone Bucher

Urbicande - Porträt einer Comicstadt

Stadtvisualisierung/Stadtporträt

Nominee of the digital sparks award 2003

Filmstill

Filmstill

Content Description

Während der wissenschaftliche Teil meines Diploms mit Worten durch die urbanen Hintergrundzeichnungen der Comics führt, möchte ich in meiner praktischen Arbeit dazu einladen, eine der untersuchten Comicstädte selbst zu erleben und ihre Atmosphäre auf sich wirken zu lassen.
Ich beziehe mich dabei auf ein Werk des zuletzt besprochenen belgischen Comic-Künstlers Francois Schuiten: "Das Fieber des Stadtplaners", (orig.: La Fievre d'Urbicande). Hierfür habe ich die von Schuiten entworfene Stadt Urbicande in den dreidimensionalen, digitalen Raum übertragen.
Dadurch soll ein weiterer Zugang mit filmischen Mitteln ermöglicht werden. Die Kamera kann nun in die flächige Darstellung der Comicstadt eintauchen und findet dahinter eine räumliche Rekonstruktion der Stadt Urbicande, durch deren Strassen und Gebäude sie sich schließlich bewegt.
Dort relativiert sich die Wertigkeit der Bild-Ebenen schon formal, da im dreidimensionalen Raum der jeweilige Betrachterstandpunkt über Vorder- und Hintergrund entscheidet.
Ich verstehe das Ergebnis meiner praktischen Arbeit als eine Kombination aus Architekturvisualisierung (in Anlehnung an die technischen Mittel, mit welchen Architekten ihren Auftraggebern Entwürfe präsentieren und an Schuitens Interesse an Stadtplanung) und einem Stadtporträt, in dem die für Urbicande charakteristischen Merkmale hervorgehoben werden.
Die eigentliche Handlung des Comics spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die Wirkung der Visualisierung soll allein durch die Atmosphäre der Stadt selbst entstehen. Zwar führt die Kamera immer wieder an Orte, die der ursprünglichen Erzählung entnommen sind, doch an diesen Schnittstellen ist die Handlung eingefroren. Die Protagonisten der Geschichte sind dort als flächige "Pappaufsteller" zu sehen. Sie dienen lediglich der Verdeutlichung von Maßstäben, also der Situation der Figur in der so überproportioniert und monumental entworfenen Stadt Urbicande. (Schuiten beschäftigt sich in seinen Arbeiten zumeist mit den sozialen Aspekten von Bauen und Wohnen, sowie mit der Frage nach der Wirkung von Repräsentationsarchitektur und abstrakt planerischen Gesamtkonzepten auf die Menschen in der Stadt.)
Der Grundgedanke der theoretischen Arbeit - den städtischen Hintergrund der Comics in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken - wird hier weitergeführt. Das Setting soll, gelöst von den durch die im Comic vorgegebenen Begrenzungen und Blickwinkeln selbst, als Ganzes erlebbar werden. Die Übertragung der Comicstadt in eine dem Betrachter ungewohnte Umgebung möchte alte Lesemuster, z.B. schnelles Weiterblättern, sobald der Text eines Comics erfasst ist, aufbrechen und zudem zu einer neuen Aufmerksamkeit und Neugier des Betrachters auf den Comic-Hintergrund führen.