Alexander Tibus


typomatic.org

Eine Plattform für den experimentellen Umgang mit Schriftzeichen


links die Eingaben, rechts ein Gestaltungsergebnis [link 01]

links die Eingaben, rechts ein Gestaltungsergebnis

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

typomatic.org ist eine Experimentierplattform zur systematischen Veränderung von Aussagen und Gestaltung von Schriftzeichen.
In drei Textmasken gibt der User je 0-6 Zeichen ein, wobei ihm freigestellt ist, ob er Satzzeichen, Buchstaben, Ziffern oder Leerzeichen wählt. Die Eingaben werden auf einem abgegrenzten Ereignisbereich sichtbar. Über Navigationsleisten verändert der User ihre Position, Größe und Schriftart innerhalb dieses Bereichs. Während des experimentellen Umgangs mit seinen Eingaben erlernt er die Navigationsprinzipien.
Damit bedingen sich individueller Gestaltungsprozess und die Auseinandersetzung mit dem Funktionssystem gegenseitig. Die Einschränkung auf ein Minimum an Gestaltungsparametern ermöglicht methodische Untersuchungen bei unkomplizierter Handhabung.
typomatic.org eignet sich für freie, aber gleichzeitig strukturierte Experimente mit Schriftzeichen, schränkt jedoch mit keinem bestimmten Anwendungs- oder Gestaltungsziel ein.
Der User ist aufgefordert, gestalterische Möglichkeiten und Anwendungspotentiale selbständig zu erschließen.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Alexander Tibus, Konzept und Design, Fachhochschule Mannheim

MitarbeiterInnen

  • Wolfgang Slaby, Programmierung, Universität Heidelberg

Entstehung

Deutschland, 2002

Eingabe des Beitrags

Alexander Tibus, 01.07.2003

Kategorie

  • Bildung und Lernen

Schlagworte

  • Themen:
    • Interface |
    • Spiele |
    • Design
  • Formate:
    • Software |
    • Internet
  • Technik:
    • Java

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

typomatic.org gibt zunächst weder Funktion noch Zweck an. Die Navigation kann nur durch Neugier und Experimentierfreude begriffen werden. Der User erlernt die Steuerung selbständig, während er durch seine Interaktion und Tastatureingaben die Gestaltungsresultate bestimmt.
1. Bedienung und Funktionen
Der individuelle Gestaltungsprozess und die Auseinandersetzung mit dem Funktionssystem bedingen sich gegenseitig. Darum sollte jeder User zunächst selbständig mit typomatic.org experimentieren.
Die Gesamtfläche teilt sich in die Steuerkonsole unten und den weißen Ereignisbereich oben. Im oberen Teil der Steuerkonsole befinden sich drei Eingabemasken, die jeweils mit 0 bis 6 Zeichen gefüllt werden.
Auf Mausklick auf den Button rechts neben den Masken erscheinen die Eingaben nebeneinander in 18 Punkt Groteskschrift auf der vertikalen Mitte des Ereignisbereichs.
Ein unsichtbares Gestaltungsraster unterteilt diesen Bereich in drei mal drei Quadrate. Unter jeder Maske befindet sich eine Navigationsleiste mit der per Maus die jeweilige Eingabe auf der Bildfläche angesteuert wird.
Die Steuerung bietet folgende Möglichkeiten:
- Um ein Rasterquadrat verschieben nach links oder rechts
- Um ein Rasterquadrat verschieben nach unten oder oben
- In 90°-Schritten drehen nach links oder rechts
- In 6 Punkt-Schritten vergrößern oder verkleinern
- Schriftwahl Times oder Arial (MAC: Times oder Helvetica)
Verschiedene Funktionen einer Navigationsleiste können beliebig untereinander kombiniert werden. Die drei Eingaben werden unabhängig voneinander gesteuert.
Natürlich kann der User auch mit nur einer oder zwei Eingaben arbeiten.
Die Tastatureingaben können jederzeit verändert werden. Ein Mausklick auf den Button rechts der Eingabefelder aktualisiert den Ereignisbereich.
Der Button links neben den Masken versetzt die Eingaben zurück in ihren Grundzustand.
2. Aufbau und Gestaltung
Die Spielkonsolen-Anmutung lädt zum Experiment ein und definiert Ereignis- und Navigationsbereich.
Das Design ist möglichst funktional und unauffällig gehalten, um das Hauptaugenmerk auf die Ereignisfläche zu lenken und den Gestaltungsprozess des Users in den Mittelpunkt zu stellen. typomatic.org fungiert als Gestaltungswerkzeug, nicht als Designobjekt.
Das minimalistische Layout ermöglicht das Erlernen der Navigation und eine unkomplizierte Handhabung. Die Funktionen sind über grafische Symbole definiert, womit das Programm sprachunabhängig funktioniert.
3. Zweck und Anwendungsgebiete
Durch das Medium Internet steht typomatic.org jedermann zur Verfügung.
An die Website soll eine Datenbank angebunden werden, so dass es möglich wird, eigene Ergebnisse zu speichern, die anderer zu betrachten und sich über sie auszutauschen.
Das Programm wurde nicht für einen vordefinierten Zweck entwickelt. Es eignet sich dazu, semiotische Phänomene zu veranschaulichen, systematisch Texte zu untersuchen, typografische Experimente durchzuführen und gestalterische Aufgaben umzusetzen.
Beispiele für Nutzungsmöglichkeiten im pädagogischen Bereich:
In Vorlesungen gestalterischer Studiengänge eignet sich typomatic.org zur Veranschaulichung von Themenbereichen wie Kompositionslehre, programmiertes Gestalten, Schriftarchitektur, Lesbarkeit und typografische Interpretation. Studenten können den behandelten Stoff jederzeit selbst nachvollziehen.
In den ersten Semestern bietet sich typomatic.org für Kurzprojekte an.
Aufgabenstellungen wie "Visualisieren Sie die Begriffe", "Bewegung und Statik mit grafischen Formen" oder "Gestalten Sie anhand der Wörter Zeit und Geld verschiedene typografische Aussagen" sind Beispiele hierfür. Studenten entwickeln auf diese Art schnell und spielerisch ein Gefühl für die Anordnung von Elementen auf der Fläche, gestalterische Parameter und systematische Untersuchungen. Für Studienanfänger, die wenig Computerwissen mitbringen, entfällt das oft zeitaufwändige Erlernen von Grafikprogrammen oder das Verzetteln in der Vielzahl der Funktionen.
Mit einer Datenbankanbindung könnten auch Hochschüler auf internationaler Ebene an gleichen Aufgabenstellungen arbeiten und die Ergebnisse austauschen.
Im schulischen Bereich findet typomatic.org bei Stoffgebieten wie Zufallslyrik, Inversion oder typografischem Gedicht seine Anwendung: Schüler können aktiv in den Unterricht eingebunden werden und selbst experimentieren.
Letztendlich macht typomatic.org allen Interessierten grafische Gestaltung auf einfache und spielerische Weise zugänglich.

Technik

Technische Beschreibung

Java-Applet
HTML

Hardware / Software

Systemvoraussetzungen:
Windows 98, 2000 und XP: Internet Explorer ab Version 5 (ggf. Virtual Machine von www.sun.com herunterladen), Mozilla ab Version 1.3, Netscape ab Version 6.2
MAC OS X: Netscape ab Version 6.2
Linux: Mozilla ab Version 1.2, Nestscape ab Version 5, Konquerer ab Version 2.0. Die Funktion der unteren Buttonreihe entfällt unter Linux aufgrund von Schriftkompatibilitäten.
Die Seite ist auf 1024 x 768 Pixel optimiert.

Kontext

Hochschule / Fachbereich

Fachhochschule Mannheim
Gestaltung

URL der Hochschule

» http://www.gestaltung.fh-mannheim.de [link 02]

Betreuer des Projekts

Prof. Kai Beiderwellen

Kommentar des Betreuers

Diese gelungene Applikation vermittelt durch gezielte Reduktion der Möglichkeiten für den User einen spielerischen Zugang zur Typografie. Durch die simplifizierte Steuerung der Vorgänge entstehen immer wieder anregende und wertvolle typografische Arbeiten. Sie zeugt vom tiefen typografischen und didaktischen Verständnis des Herrn Tibus.
Diese Anwendung eignet sich hervorragend zur didaktisch sinnvollen Heranführung von Studenten an dieses komplexe Thema.

Seminar / Kurzbeschreibung

Die Arbeit ist im Rahmen des Wahlpflichtfaches "Human Interface Design" am Institut für interaktive Medien, FHTG-Mannheim, entstanden. Das Thema dieses Seminars war Kontrollsysteme und deren Auswirkungen auf die kontrollierten Objekte.
Das Selbstverständnis dieses Kurses lässt sich wie folgt beschreiben: Die zunehmende Einführung von kommunizierenden Technologien in unseren Alltag, von der sprechenden Krawatte bis zum einkaufenden Kühlschrank, wird unser Kommunikationsverhalten nachhaltiger verändern als die allgemeine Einführung des Fernsprechers.
Als Designer sind wir Teil dieser Entwicklung und zugleich in der Pflicht diese Prozesse zu gestalten.
Dieser projektorientierte Kurs vermittelt das nötige Wissen, um im Spannungsfeld interaktiver Anwendungen und den damit verbundenen sozialrelevanten Auswirkungen als Gestalter richtungweisend und praxisrelevant agieren zu können.
So bietet dieser Kurs von der designtheoretischen Auseinandersetzung, über die praktische Gestaltung der Benutzeroberflächen, bis hin zum Einblick in die Vorgehensweisen der Programmentwickler und Techniker, eine möglichst große Palette der neuen Gestaltungsaufgaben für Designer.
Wichtige typografische Begleitung hat diese Arbeit durch die zusätzliche Betreuung durch Herrn Professor Armin Lindauer erfahren, der an der FH-Mannheim das Institut für Desktop Publishing leitet und als Typograf tätig ist.

Zuordnung Forschungsbereich

Institut für interaktive Medien (IAM).
Die biologische Evolution des Menschen ist subjektiv zum Stillstand gekommen. Der evolutionäre Prozess ist an die Technik delegiert worden. Die Fenster in diese Welt sind die Bildschirme und Displays, vor denen wir sitzen, um an diesen Prozessen zu partizipieren und um diese steuern zu können.
Es eröffnet sich uns eine neue Welt, die dadurch charakterisiert ist, dass dort Wirkungen in spezifischer Weise erzeugt werden, nämlich nicht mehr energetisch-materiell, sondern durch Unterschiede, d.h. durch Information. Es ist eine Welt, die sich um Informations- und Kommunikationsprozesse dreht, die im Gegensatz zu der rundfunkartigen Abfertigung eines passiven Publikums Menschen mit Menschen verknüpft. Statt Einbahnstraßen gibt es Gegenverkehr, Widerspruch und Ermutigung. Welche Rolle, welche Möglichkeiten und welche Verpflichtungen Design in dieser Welt hat, ist Gegenstand dieses Instituts.

  • › digital sparks 2003 [link 03]

» http://www.typomatic.org [link 04]