Prof. Dr. Michael Herczeg, Dr. Thomas Winkler

ArtDeCom

Theorie und Praxis integrierter ästhetischen und informatischer Aus- und Fortbildung

 „Welt der Drachen“: Ausdruckstanz auf der interaktiven Bühne, gestaltet, programmiert und aufgeführt von GrundschülerInnen der Schule Lauerholz in Lübeck

„Welt der Drachen“: Ausdruckstanz auf der interaktiven Bühne, gestaltet, programmiert und aufgeführt von GrundschülerInnen der Schule Lauerholz in Lübeck

Inhaltliche Beschreibung

ARTDECOM

INTEGRIERTE ÄSTHETISCH-INFORMATISCHE AUS- UND FORTBILDUNG

Das BLK-Forschungsprojekt ArtDeCom beschäftigte sich von Januar 2001 bis Dezember 2003 mit der Theorie und Praxis ästhetisch und informatisch geprägter Kompetenzbildung im Hinblick auf einen aktiven, gestaltungsorientierten Umgang mit digitalen Medien im Schulkontext.
Ziel des Modellversuchs war es, systemisches Denken und informatische Modellbildung als Produkt eines, an die sinnliche Wahrnehmung gebundenen, kreativen Prozesses transparent zu machen und im projektorientierten, fächerverbindenden Unterricht in der Schule zu vermitteln.
Das Projekt ArtDeCom basiert auf einem innovativen Ansatz bezüglich der Verwendung digitaler Technologien in einer handlungs- und körper¬bezogenen Form des Unterrichts. Die gleichzeitige Förderung von informatisch-kognitiven und musisch-künstlerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgte durch herkömmlich materielle als auch durch neue, digitale Medien in Form von Mixed-Reality-Applikationen.
Dabei haben Schüler zwischen 8 und 18 Jahren an sieben Schulen unterschiedlicher Schulform in Schleswig-Holstein selbstständig im Rahmen von Projekten unterschiedlichste Medien erzeugt, transformiert, kombiniert, selbstständig programmiert und präsentiert.
Dies erfordert einerseits die Erweiterung der Mensch-Maschine-Schnittstellen, z.B. durch Sensortechnologie und digitale Großprojektion und anderseits eine technische Grundlage, die altersgerechte Programmiermöglichkeiten schafft und so die Kinder und Jugendlichen den Computer besser begreifen und somit kompetenter verwenden lässt.

Das IMIS IMIS der Universität zu Lübeck gehört im Bereich des modernen Medieneinsatzes in Schulen inzwischen zu den führenden Forschungsinstitutionen (siehe internationale Publikationen).

MEDIENKUNSTTHEORETISCHE ASPEKTE – TEIL A

WIR LEBEN JA NICHT GEGENÜBER SONDERN IN DER WELT

Tastatur und Maus sind die dominierenden Eingabeinstrumente für die Steuerung des Computers. Die Ergebnisse, die der Rechner auf Grund der Eingaben generiert, werden üblicherweise auf einem Bildschirm abgebildet (manchmal unterstützt von einfachen akustischen Signalen). Der Bildschirm präsentiert uns eine digitale Welt „hinter“ der Mattscheibe. Das, was wir sehen, ist, sinnbildlich gesprochen, vor bzw. gegenüber unserer erlebten physischen Welt.
Ein Blick auf die Geschichte der Medien legt nahe, dass dies so ist, weil die Eingabe- und Steuerungsinstrumente, Tastatur und Bildschirm, letztendlich aus analogen Medien entwickelt wurden, die einem cartesianisch geprägten Weltbild entspringen: Tastatur und Maus beruhen als mediale Schnittstelle auf der Schreibmaschine, die wiederum mit ihren linearen Codes auf der Schrift beruht, und der Bildschirm beruht auf dem Fernseher und letztlich dem Film und dem Foto, und beruht so letztendlich auf dem Tafelbild. Tafelbild und Schrift stammen jedoch aus der Zeit, in der die Welt noch getrennt in die res cogitans (Welt des Geistes) und die res extensia (physische Welt) gedacht wurde.
Um Welt heute adäquat zu begreifen und in ihr differenziert handlungsfähig zu sein, ist nötig, sich das bereits im 20 Jahrhundert herausgebildete, zeitgenössische Weltbild zu vergegenwärtigen, die neuen digitalen Medien genuin als solche zu verstehen, um mit ihnen auch in ästhetischen Bildungsprozessen adäquat kommunizieren und handeln zu können.
Ein Schlüssel spielt dabei die Besinnung auf „Aisthesis“: die Sinne, die Sinnlichkeit und die Wahrnehmung und das tatsächliche Erleben, das ich als Handelnder inmitten der Welt habe. Dass Wahrnehmen ein aktiver handlungsgebundener Prozess ist, akzentuierte bereits der Phänomenologe Merleau-Ponty (Merleau-Ponty, 1966). Die Konstruktivisten Maturana und Varela formulierten später in ihrem Hauptwerk: „Jedes Tun ist Erkennen und jedes Erkennen Tun.“ (Bery Gaut, 1993a).

INTERAKTIVE MEDIENKUNST UND TANGIBLE MEDIA IN BILDUNGSPROZESSEN

Nach neueren relationalen (nicht intrinsischen) Definitionen, etwa im Sinne eines Clusterbegriffs (Bery Gaut, 1993b) kann als künstlerisch relevante Eigenschaft der digitalen Medienkunst deren Differenzierungsleistung zur Neustrukturierung von dem, dessen wir gewahr werden, gebunden an digital vermittelte kommunikative Prozesse (vgl. Winkler, 1994), bezeichnet werden.
Wenn Medien (auch digitale Medien) Erweiterungen unseres Körpers sind (vgl. McLuhan, 1964), dann spielt auch in der digitalen Medienkunst die Produktivität der sinnlichen Erfahrung im Zusammenspiel mit Vernunft (im Plural) beim leiblichen Gewahrwerden (von Etwas als Etwas), eine wesentliche Rolle (Winkler, 1994).
Voraussetzung, damit sich Sinn entfalten kann, ist das Erleben von Ereignissen. Dabei trifft (die an einen konkreten Körper gebundene) Subjektivität immer auf eine allgemeine Sicht des menschlichen Vermögens. Menschliche Aktivität überhaupt bewegt sich zwischen den Polen des Geprägt¬seins durch Kultur und Gesellschaft und des Moments des Abwerfens dieser Prägung, um sie dann durch eine individuelle oder im sozialen Kontext selbst erlebte und bewertete Konstruktion zu ersetzen.
Eine der Besonderheiten von digitaler Medienkunst ist das Moment der Interaktivität. So finden wir neben interaktiver Netz-Kunst zunehmend interaktive Environments (Kenneth Rinaldo, 2000), die den physischen Raum mittels Tangible Media stärker mit einbeziehen, als die interaktiven künstlerischen Installationen mit ihren konventionellen Schnittstellen (Luc Courchesne, 1990).
Anders als bei den herkömmlichen interaktiven Medien, die ausschließlich mittels GUIs (Graphical User Interfaces) und leicht erweiterten alphanumerischen Codes (mittels Tastatur und Maus) zu steuern sind (a.a.O.), ist es unser Bestreben, im Kontext von ästhetisch-informatischen Bildungsprozessen Computer in zunehmendem Maße mittels TUIs (Tangible User Interfaces) zu steuern.
Diese ermöglichen mittels alternativer Schnittstellen (etwa Tast- und Geräuschsensoren, Bild- oder Spracherkennung) das synästhetische Einbeziehen einer Vielzahl unserer Sinne bei der Interaktion mit dem Computer. Der Benutzer interagiert ähnlich wie in natürlichen Formen der Kommunikation und Interaktion.
Ziel von TUI ist die direkte Manipulation (im wörtlichen Sinne) digitaler Informationen. So richtet sich der mediale Prozess bei der Verwendung von Tangible Media stärker auf die Interaktion selber. Er erfolgt beispielsweise über die Bewegung und Platzierung realer Objekte, die vom Rechner registriert werden.
Durch die stärkere Einbeziehung von Tangible Media in Bildungsprozessen möchten wir die Kluft, die sich historisch gesehen zwischen der „real-physischen Welt“ und der „virtuellen Welt“ interaktiver, künstlicher Systeme auftat, überwinden.

MEDIENKUNSTTHEORETISCHE ASPEKTE – TEIL B

ZEICHENTHEORETISCHE BETRACHTUNG ÄSTHETISCH-INFORMATISCHER BILDUNGSPROZESSE

Eine zeichentheoretische Betrachtungsweise im Sinne der Peirceschen Semiotik (Peirce, 1940) trägt zur weitern Klärung der Rolle von zunehmend Bild- und Ereignis bezogenen Kommunikationsformen bei.

Die gesellschaftliche Praxis, in der gerade Kinder und Jugendliche sich digitaler Medien annehmen, steht grob im Widerspruch zu den Formen in denen wir im schulischem Kontext arbeiten und lernen: semiotisch gesehen, für gewöhnlich mittels hoch abstrakter Zeichen. Also Zeichen, die etwa in ihrem Objektbezug stark indexikalisch und symbolisch ausgerichtet sind und weniger mittels ikonischer Zeichen.

Die Schrift trennt sich vom Körper. Sie kann kein Bild vom Körper herstellen. Lediglich im Sprechakt, als beim Sprechen, ist Sprache in gewissem Sinne körperlich. Durch die Transkription in die Schrift entfernt sich die Sprache vom Körper.
Wenn nicht nur Kinder und Jugendliche in zunehmendem Maße digitale Räume zur Kommunikation verwenden (sich etwa mittels Avataren in interaktivern 3D-Räumen treffen), so deshalb, weil diese Räume ganz und gar für unseren körperlichen Blick eingerichtet sind. Sie liefern (wie alle Bilder) nicht so sehr Informationen, sondern Anschauung - und zwar die Illusion von Anschauung.

STRATEGIEBILDUNG IM UMGANG MIT WELT

Heute bedeutet „in der Welt sein“ „im Bild sein“. Die neuen in Echtzeit wiedererkennbare 3D-Räume generierenden digitalen Medien (etwa mittels MUDs -Multi-User-Dungeons, wie etwa „Die Sims“ oder „Dark Age of Camelot“ - oder des Atmosphere Browsers ermöglichen uns heute die unmittelbare Interaktion mit dem Bild und mit anderen Personen in Form von Avataren. Doch wie steht es um die Rolle des Körpers?
Der Körper des Menschen ist ein Medium in einem doppelten, widersprüchlichen Sinne: So ist er Ort seiner eigenen Bilder (oder solcher, die er für eigene hält), und er ist kollektiv, durch die aktuellen Bilderfahrungen seiner Umwelt disponiert. Er ist aber auch Träger äußerer Bilder, in dem er sich selber zum Bild macht und als Bild agiert.
Der Körper ist Wahrnehmender (Blickender) und Wahrgenommener (Erblickter) zugleich. Auf Bildkörper richten wir einen ähnlichen Blick, wie wir lebende Körper anblicken, und gleichen das, was ihnen fehlt (nämlich eigenes Leben), durch Animation und Bildglauben aus.
Mittels digitaler Applikationen werden wir zusehends in die Lage versetzt den Bilderfluss in unserem Kopf, spontan in die mentale Produktion von virtueller Realität umzusetzen.
Avatare in interaktiven 3D-Räumen sind ganz und gar für unseren körperlichen Blick eingerichtet. Sie liefern wie alle Bilder nicht so sehr Informationen, sondern Anschauung - und zwar die Illusion von Anschauung.
Doch wo bleibt in den digitalen Bilderwelten der Mensch mit seinem Körper, einem Körper der mittels handlungsbezogener, multisensueller Wahrnehmung Garant aller adäquaten Wahrnehmung ist?
Wie erhalten wir uns, die Fähigkeit kritisch gegenüber des Geprägtseins durch Kultur und Gesellschaft zu sein, und wie erhalten wir uns die Möglichkeit, die gesellschaftliche Prägung abzuwerfen und als freie Individuen verantwortlich zu handeln, wenn in der Schule ikonische Formen der Semiose in Lernprozessen ausgespart bleiben?
Die Antwort ist: Wir benötigen neue Formen von Bilderfahrung, die sich auf unser körperliches Dasein beziehen und den Prozess des visuellen Wahrnehmens vielschichtig (auch künstlerisch) reflektieren lassen. Wir benötigen hybride Handlungs-, Kommunikations- und Lernräume, die die Welt anschaulicher mentaler Modelle mit der Welt der körperlichen Wahrnehmung und dem körperlichen Handeln verbindet, die sowohl digitale interaktive Bilder als auch synästhetische, körperliche Wahrnehmung vereinen.

LITERATUR

- Merleau-Ponty, M. (1966): Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin.
- Maturana, H. / Varela, F. (1990): Der Baum der Erkenntnis, Bonn.
- Bery Gaut, B. (1993), “Kunst” als Clusterbegriff, in: Bluhm, R. and Schmücker, R. (eds), Kunst und Kunstbegriff – Der Streit um die Grundlagen der Ästhetik, Mentis, Paderborn, pp. 140-165.
- Winkler, T. (1994), Die Phänomenologie des Maurice Merleau-Ponty als ungeschriebene Kunstphilosophie, Dis. Universität Hamburg.
- McLuhan, M. (1964), Understanding Media: The Extension of Man, McGraw-Hill, New York.
- Kenneth Rinaldo (2000) Autopoiesis.
- Luc Courchesne (1990) Portait no. 1.
- Peirce, C. S. (1940), The Philosophy of Peirce : Selected Writings, Buchler, J. (eds),Routledge and Kegan Paul Ltd.

PÄDAGOGISCHE ASPEKTE – TEIL A

KONSTRUKTIVISMUS, SINNLICHKEIT UND CO-KONSTRUKTION VON WISSEN

Obwohl sich immer mehr Hersteller digitaler Lernmedien auf konstruktivistische Ansätze berufen, scheint einer der wesentlichsten Momente konstruktivistisch orientierter Pädagogik außer Acht gelassen: Die Wichtigkeit der Vielschichtigkeit sinnlicher Wahrnehmung und des Kooperativen im real physischen Raum für den Lernprozess.
Dies hat mit der dürftigen Konstruktivismus-Rezeption zu tun, nicht nur in der Pädagogik und Erziehungswissenschaft, vielmehr auch in pädagogischen Ansätzen, die sich der Verwendung digitaler Medien beim Lernen zuwendet. Konstruktivismus wird für gewöhnlich vorrangig auf erkenntnistheoretische Überlegungen reduziert.
Bereits in der Reformpädagogik der 20er Jahre (Piaget, 1975) und der neuen Reformpädagogik nach 1968 (insbesondere bei Beck und Wellershof: Beck/Wellershof, 1989) kam es angesichts der Verkürzung auf rein kognitive Momente im alltäglichen Schulunterricht zu einer Rück- und Neubesinnung auf die Vielzahl unserer Sinne beim Lernen. Unser Verständnis konstruktivistischer pädagogischer Theorien knüpft hier an.
Der von uns auch im Projekt ArtDeCom propagierte pädagogische Ansatz teht in der Folge einer kritischen konstruktivistisch orientierten Pädagogik, wie sie jüngst in Deutschland von Michael Göhlich (Göhlich, 1996) und Heinz Moser oder - noch spezifischer auch in Bezug zur Verwendung digitaler Medien beim Lernen - in den USA von Seymour Papert (Papert, 1990) und Mitchel Resnick (Resnik, 1999) vertreten wird. Gemeinsam ist ihnen die besondere Beachtung des Aisthetischen (physisch Wahrnehmbaren) und des etwas kreierenden Tuns beim Prozess der Lernens (besonders bezüglich der abstrakten informatischen Modellbildung).
Ihrem Ansatz folgend, gehen auch wir davon aus, dass ein selber Ausbilden von informatischer Handlungskompetenz, wie wir heute wissen, besser mit einem aktiven selber Handeln in realen Kontexten einhergeht. So schaffen im Projekt ArtDeCom Schülerinnen und Schüler selber digital erweiterte, real-physische Handlungsräume nach gestalterisch-künstlerischen Gesichtspunkten. In diesen hybriden Räumen stehen ihnen eine Reihe unterschiedliche Schnittstellen zum Computer zu Verfügung, die eine Vielzahl unserer natürlichen Sinne zum gemeinsamen Lernen berücksichtigen. Wir bezeichnen diese Räume auch als Mixed Reality Lernräume (vgl. ArtDeCom-MR-Lernräume-Veröffentlichungen).

PÄDAGOGISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR VERWENDUNG SPEZIFISCHER HARD- UND SOFTWARE

Die Programme, die wir für gewöhnlich auf unseren Rechnern installiert haben, schränken, da nur wenige Sinne angesprochen werden, unseren Wahrnehmungs- bzw. Erfahrungshorizont dramatisch ein und transponieren die zu lösende Aufgaben in fragmentierte und dekontextualisierte Arbeitsschritte, in denen es vorwiegend um die bloße Akkumulation und Sichtung von Information oder die bloße Einzeloperation geht.
Auch fällt Lernsoftware (die sich auf die üblichen traditionellen Ein- und Ausgabegeräte beschränkt) für gewöhnlich zurück in schwache pädagogische Methoden, wie etwa Frontalunterricht, greift auf externe Motivation zurück und postuliert Einzelarbeit.
Selbst die mehr erfahrungsorientierte Spielesoftware, die im Schulunterricht keine nennenswerte Rolle spielt, reduziert für gewöhnlich die Lernenden auf Personen, die am Computer einer Welt auf dem Bildschirm „gegenüber“ sitzen.
Mit traditioneller Lernsoftware oder Computerspielen trainieren wir nach wie vor Verhaltensweisen, die vom Mangel an Förderung eigenständigen Handelns gezeichnet sind und, pädagogisch gesehen, überholt sind: So folgen dort die lernenden Personen lediglich einem vorgefertigten Programm. Nicht sie selber, sondern andere sind die Schöpfer der Aktion des interaktiven Systems. Die Technik, die sie verwenden, bleibt ihnen verborgen – die informatischen Prozesse bleiben unerreichbar in der „Black Box“ der Computer, die für sie, auf unergründliche Weise, die virtuelle Welt als schönen aber fragilen Schein erzeugen.
Aus diesem Grund fokussierten wir uns, bezüglich des Lernens mit digitalen Medien, auf multisensuelle Formen der Erfahrung und das selbständige Gestalten, also auf künstlerisch-ästhetische Prozesse. In den einzelnen durch digitale Medien unterstützten Unterrichtsversuchen von ArtDeCom erprobten wir erfinderisches, gemeinsames Lernen mit allen Sinnen, das die informatischen Prozesse mit einbezieht.

PÄDAGOGISCHE ASPEKTE – TEIL B

ÄSTHETISCHE ERFAHRUNG UND MODELLBILDUNG IM PÄDAGOGISCHEN KONTEXT

Konsequent versuchen wir möglichst frühzeitig virtuell-digitale und real-physische Welt durch das selber erstellen von Mixed-Realty-Environments und Mixed-Reality-Performances im Schulalltag zu verschränken, um die heutige zunehmend digital durchsetzte Welt für die Schülerinnen und Schüler besser „begreifbar“ zu machen, damit sie sich adäquat in ihr orientieren können und zielgerichtet und differenziert handlungsfähig sind.
In transdisziplinären Projekten, die natur-, geistes- und sozialwissenschaftliche Fragestellungen in sich vereinigen, knüpften wir bewusst an aktuelle Lebensfragen der Schülerinnen und Schüler an, um die Identifikation mit dem zu Lernenden und so auch die Motivation zum Lernen zu stärken.
Die Auseinandersetzung mit der Schnittstelle zwischen Realität und Digitalität wurde dabei in besonderer Weise thematisiert: sowohl an der Schnittstelle der Interaktion zwischen Schülern und Computer im digitalen Raum, im realen Raum als auch zwischen digitalem und realem Raum.
Da die Verbindung von physischer Welt und Digitalität unserer Meinung nach in allen Bereichen menschlichen Tuns eine zunehmende Rolle spielt, ist uns die pädagogische Ausrichtung auf das Verstehen und Erreichen von Handlungskompetenz sowohl im ästhetischen (selber Gestalten) wie auch im Informatischen (selber Programmieren) besonders wichtig.
Aus diesem Grund darf sich die Verwendung digitaler Medien in die Schule nicht in einem bloßen Aufpfropfen digitaler Technologie in den jeweiligen Fachspezifika erschöpfen. Und keinesfalls darf es dazu führen, dass die Lernenden lediglich vorgegebene Aufgaben nach vorgegebenen Lernmustern abarbeiten.
Auch und gerade das Unterrichten, gestützt durch digitale Medien, sollte als Co-Konstruktion intersubjektiver Wirklichkeit begriffen werden, das theoretische Modellbildung fächerübergreifend im Kontext sinnlich-anschaulich verankerter praxisnaher Projekte reflektiert.

GESTALTEN HYBRIDER ERFAHRUNGSRÄUME

An den eben benannten Kritikpunkten setzen wir an und möchten zeigen:
- dass die Verwendung digitaler Technologie zur Errichtung interaktiver hybrider Räume auch mit einem geringen organisatorischen und finanziellen Aufwand möglich ist, was allerdings nicht die Verwendung digitaler Spitzentechnologie ausschließen muss;
- dass die Verwendung von alternativen Schnittstellen möglich ist, die einer natürlichen Kommunikations- und Handlungssituation nahe kommt;
- dass den Benutzern digitale, technische Systeme in der Weise nähergebracht werden können, dass sie diese Verstehen können, und dass ihnen ein eigener kreativer Spielraum ermöglicht wird, in dem sie lernen, die Interaktivität der Systeme selbst zu programmieren, um dadurch auch zu erlernen, Kommunikations- und Verhaltensprozesse zu modellieren.

LITERATUR

- Beck, J. / Wellershof, H. (1989).
- Piaget, J. (1975): Das Erwachen der Intelligenz beim Kinde, Stuttgart.
- Göhlich, M. (1996): Konstruktivismus und Sinneswandel in der Pädagigik. In: Aisthesis/Ästhetik – Zwischen Wahrnehmung und Bewusstsein. Weinheim.
- Papert; S. (1990): Mindstorms: Children, Computers, and powerful Ideas. New York: Basic Books.
- Resnik, M., Berg, R., Eisenberg, M., Turkle, S., and Martin, F. (1999): Beyond Black Boxes: Bringing transparency and aesthetics back to scientific investigation. International Journal of the Learning Sciences.