Juliane Fuchs, Marc Olff

backup_festival. neue medien im film

backup ist ein Festival für Film- und Videoproduktionen, die unter Verwendung digitaler Werkzeuge entwickelt werden

Nominiert für den
Digital Sparks Award 2003

backup screen 2002

backup screen 2002

Technische Beschreibung

Innerhalb der Film- und Video-Programme des "backup.award", "backup.clipaward" und "backup.forum" arbeiten wir grundsätzlich mit einem breiten Spektrum an MAZ- und Projektionstechnik, um der Vielfalt der eingereichten und kuratierten Arbeiten gerecht zu werden und Raum zu geben.
Im "backup.club" wird nicht nur mit Partizipationsmöglichkeiten und Aneignungstechniken experimentiert, wir haben uns auch den technischen Herausforderungen unserer VJ's, DJ's und Klangkünstler mit Rechner-, MAZ-, Projektions- und Audio-Technik gestellt.
Die umfassendsten System-Anforderungen und das breiteste technische Spektrum beinhaltete das backup.lounge|lab 2002.
Anstelle individueller künstlerischer Arbeiten, die sonst in einer Ausstellung bestenfalls durch den thematischen Bezug nebeneinander existieren, wurden im "backup.lounge|lab" Werke produziert, die miteinander agierten und als gemeinsame Arbeiten Individualismus und eine proprietäre Herangehensweise an Materialien (Raum, Gedanken, Gegenstände, Medien) durch eine transdisziplinäre, "offene" Arbeitsweise ersetzten. Allen Beteiligten standen die Konzepte, Quellmaterialien ("sources") und Werkzeuge der anderen zur freien Verfügung. Das Ganze entstand aus einer intermedialen Melange, die nicht künstlerische Identität auflöste, sondern die Verschiedenartigkeit der am Lab beteiligten Disziplinen zeigte. Die Vermischung der unterschiedlichen Positionen zu Ausstellungsraum, Medien, Material und Werkzeugen schuf einen künstlerischen und technischen Arbeitsraum neuer Dimension.
Die Auswahl erfolgte nach internationaler Ausschreibung anhand dokumentierter Arbeiten, Konzept und Biographie. Das Interesse an einer Auseinandersetzung mit dem Konzept der "open art", kollaborative Arbeitsweise und die Bereitschaft zur Öffnung des eigenen Werks für die Zu- und Übergriffe der anderen zeichnete dabei die Eingeladenen aus.
Zum einen war unsere Vorgabe an möglichst vielen Stellen auf proprietäre Software und Arbeitsweisen zu verzichten, und zum anderen eine weite Streuung des technologischen Umfeldes abzudecken. So haben wir uns für Luna Nera entschieden, eine Londoner Künstlergruppe, mit der wir zum Thema Streaming und Projektionen gearbeitet haben, weiterhin artificial paradises, auch eine in London basierte Gruppe, deren Hauptschwerpunkt in verteilten Signal Processing Systemen in vernetzten Clustern mit Linux liegt, Katherine Moriwaki vom Trinity College aus Dublin die als Interface Designerin an Audio- und Videokunst im Bereich der Mikroelektronik arbeitet. Hier noch zu nennen ist Micz Flor, anerkannter Theoretiker zur OpenSource Thematik und praktizierender OpenSource Programmierer.
In der Vorbereitungsphase bis zum Workshop und über das Festival hinaus entstand ein System, das den Beteiligten die Kommunikation über die Entwicklung der interdisziplinären Arbeit ermöglichte. Zuallererst wurden eine simple Datenbank angebunden an ein Mailinglisten- und IRC-PHP-Webinterface erstellt, um Kommunikation und Datenaustausch zwischen den Künstlern zu ermöglichen.
Diese Zeit nutzten wir, um uns mit den verschiedenen Herangehensweisen zu beschäftigen und Verknüpfungen systematisch-technologischer und medialer Positionen zu begreifen, zu initiieren und deren technologische Umsetzung zu entwerfen.
Als sozial-vernetzende Komponente waren die Künstlergruppe Ikarus (Weimar) und Micz Flor (Berlin/Prag) sehr bestimmend. Über die Arbeit mit ihnen konnten wir das Gesamtsystem "backup.lounge|lab" für die Umsetzung im Workshop und die gemeinsame Work-in-Progress Arbeit an den Festivaltagen etablieren. Eine Woche vor Festivalbeginn entstand im alten Straßenbahndepot des ""E-Werk"" ein Labor. Dort trafen die Künstler erstmalig zusammen. Dieses Zusammentreffen war zu Beginn geprägt von vielen Fragen, der Workshop entwarf durch seine einzigartigen Voraussetzungen sehr schnell ein funktionierendes Forschungs- und Art-in-Progress System. Schwerpunkte waren die Interaktion der verschiedenen Arbeits- und Präsentationsweisen und die infrastrukturelle Zusammenführung verschiedenster technologischer und designerischer Ansprüche.
Während des Workshops und in Vorbereitung auf die Festivaltage haben wir an der Erstellung einer webbasierten Streaming- und Archiv-Plattform für multimediale Inhalte wie Audio-, Video- und interaktive Formate, gearbeitet. Die Umsetzung erfolgte mit HTML und Perl auf Basis des CampSite ContentManagement Systems von Campware.org. Eine Schwierigkeit stellte die Präsentation unüblicher digitaler Videoformate dar, was die Zuhilfenahme von Cutting-Edge Beta Linux Software und deren Lauffähigkeit in kürzester Zeit notwendig machte.
Infrastrukturell arbeiteten wir mit einem Intranet, dessen Wireless Erweiterung vorgesehen und technisch realisiert war, jedoch aufgrund der Eigenheiten der entstandenen Arbeiten nicht zum Einsatz kam.
Während der vier Festivaltage präsentierten wir gemeinsam mit den 18 internationalen Künstlern dem Besucher Work-in-Progress, unter Zuhilfenahme vorhandener Veranstaltungstechnik (Audio, Licht, Projektion), Computertechnik (Netz, Interaktion, Clustering, Signal-Audio-Video-Processing) und klassischer künstlerischer Formate wie Performance und Konzert und deren Verknüpfung und Durchdringen gelang eine multimediale Ausstellungsplattform.
Hervorzuhebende Arbeiten sind beispielsweise die verteilten Systeme, die wir mit der Künstlergruppe artificial paradises präsentierten. Ap2002 ist ein System, bestehend aus mehreren 'old-fashioned' Linux-Rechnern (INTEL 486 Hardware), die - geclustert - zu neuem Leben erweckt als Audio-Video-Processing System technologisch verschiedene Arbeiten und (Re)Sourcen der Beteiligten vernetzten. Inhalt der Präsentation war der beschriebene Vorgang. Des Weiteren wurde mit Pearl Gluck (New York, USA), Luna Nera (London, UK) und Dijital Riot (Weimar) eine so genannte Tatoo-Maschine kreiert, die virtuelle Tatoos zum virtuellen brandmarken der Besucher verteilte. Dieses Mensch-Maschine-Interface ging auf die in der Auseinandersetzung einiger Künstler des .lounge|lab auftretenden thematischen Leitlinien Gewalt und Identität, insbesondere durch das Weimarer Umfeld, respektive Architekturen wie die des Gau-Forums beziehungsweise die Nähe zu Buchenwald und eine für die Festivaltage angekündigte Neonazi-Demonstration verursacht, zurück.
Ein weiterer technologisch-künstlerischer Höhepunkt am letzten Festivalabend war die Herausforderung, eine sehr kurzfristig geborene Idee innerhalb eines knappen Zeitfensters auf OpenSource-Basis funktionierend umzusetzen. Inhalt dieser künstlerischen Arbeit war ein Simultan-Streaming-Event, dessen Besonderheit eine Nutzung des Loop-Effektes beim Streamen darstellte. Es wurde an zwei verschiedenen Orten (Weimar & London) ein Essen an einer langen Tafel in Form einer Performance inszeniert. Mit Kameras wurden diese Tafeln jeweils der Länge nach aufgezeichnet, und als Stream abgesetzt wurde an der Gegenstelle dieses Bild auf eine am Ende der Tafel positionierte Leinwand projiziert, deren Abbild wiederum aufgezeichnet und gestreamt wurde. Der entstehende Effekt war eine virtuelle (durch den Loop unendliche) Tafel an der alle beteiligten Performance-Künstler gleichzeitig agierten. Realisiert wurde die Performance mit Linux und dem Real Helix Streaming Server.
Eine wissenschaftliche Nachbereitung unter Beteiligung der Künstler und einer expertisen Öffentlichkeit fand im Rahmen der Empyre Mailingliste statt.

Hardware / Software

Award/Film und Video:
Formate / Datenträger:
MPEG, Quicktime, AVI, DIVX, Realmedia, VHS, S-VHS, Hi8, Beta SP, DV, miniDV, DV-Cam, DVD, VCD, PAL, SECAM, NTSC, 35 mm, 16 mm, Super8, 1:1,37 , 1:1,66 , 1:1,85 , CinemaScope, Lichtton, Magnetton, Dolby SR, mono, Dolby A, Dolby Digital
.lounge|lab:
IRC-PHP-Webinterface, HTML, Perl, CampSite ContentManagement System von Campware.org, Cutting-Edge Beta LinuxSoftware, Linux-vernetzte Cluster, Linux - INTEL 486 Hardware, Signal-Audio-Video-Processing, Streaming per Linux und Real Helix Streaming Server + Video, Licht, Projektion, Audio, Web.
Weitere:
Flash, Director, NATO/MAX u.v.a.m.