Michael Zoellner

statistiken in computerspielen

Wissensvermittlung über eine populäre Plattform

Nominiert für den
Digital Sparks Award 2003

otto neurath -> computerspiele

otto neurath -> computerspiele

Inhaltliche Beschreibung

Konzept
"Vereinfachte Mengenbilder sich merken ist besser als genaue Zahlen vergessen" (Otto Neurath)
Das Projekt befasst sich mit der Vermittlung von statistischen Zusammenhängen über das Massenmedium Computerspiel. Diese populäre Plattform wird zum Zweck der Informationsvermittlung genutzt. Echtzeit-Daten werden als leicht wahrnehmbare Bilder dargestellt. Das wertegenaue Ablesen der eingehenden Daten wird zu Gunsten der schnellen und gesamtheitlichen Informationsvermittlung in den Hintergrund gestellt. Die Wissensvermittlung in einer solchen Umgebung ermöglicht es den Rezipienten, komplexe Zusammenhänge spielerisch zu erfahren und somit intuitiv zu begreifen.
Umsetzung
Beispielhaft für weitere mögliche Echtzeit-Datenquellen wird das Surfverhalten deutscher Internetnutzer in eine 3D-Welt projiziert. Verschiedene Themengebiete (Computer, Politik, Sex, Sport, Umwelt, Wirtschaft) werden durch äußerliche Erscheinung, Verhalten und Laute eines Avatars dargestellt. Alle gefundenen Suchbegriffe werden nach den Themengebieten kategorisiert und durch entsprechende Avatare in der Welt gezeigt. Der Datenstrom erzeugt und verändert also die Population in dieser Welt, welche auch ein Spiegelbild der Netzgesellschaft darstellt.
Das Spiel besteht aus drei Szenarien mit unterschiedlichen Interaktions- und Abstraktionsgraden:
das erste Level stellt eine abstrakte Insellandschaft dar. Jede Insel repräsentiert einen Themenkomplex, farblich und durch themenbezogene Texturen codiert. Die Avatare fühlen sich von ihren zugehörigen Themeninseln angezogen und halten sich in deren Nähe auf, wodurch sich die Massenverhältnisse erkennen lassen. Der Spieler hat hier eine rein beobachtende Funktion.
Eine aktive Beteiligung des Spielers fordert das zweite Level, dessen visuelle Erscheinung und Gameplay an Nintendo-Spiele angelehnt sind. Die bunte Landschaft mit Insel, Wiesen und Bäumen fordert zu deren Erforschung auf. Auch diese Welt ist bevölkert von den Repräsentanten der Suchbegriffe. Hier hat der Spieler mehr Möglichkeiten zur Interaktion und zur Beeinflussung des Spielgeschehens. Es gilt, Rätsel zu lösen und Geschicklichkeitsprüfungen zu bestehen, um geheime Orte zu erreichen, an denen sich für den Spieler neue, spannende Ausblickspunkte befinden.
Anders als die beiden abstrakten Level stellt das dritte eine realistische Umgebung dar. Eine Straßenszene mit Supermarkt, Autos und Grünflächen. Diese Darstellung projiziert die Statistiken in eine reale Welt. In einer späteren Weiterentwicklung könnte das Spiel auch in einer Augmented Reality Umgebung erlebt werden, d.h. die Avatare würden in eine reale Szenerie projiziert werden.
In allen drei Level gibt es mehrere Darstellungs- und Vergleichsoptionen. Eine reine Echtzeit-Darstellung bezieht alle 30 Sekunden neue Daten von den Suchmaschinen und stellt diese dar. Die Avatare stehen für die Suchbegriffe, nach denen in diesem Moment im Netz gesucht wird.
Daneben besteht die Möglichkeit, die Suchbegriffe verschiedener Zeitpunkte miteinander zu vergleichen. Die weiter in der Vergangenheit liegenden Suchbegriffe werden durch so genannte Ghost-Avatare dargestellt. Im Gegensatz zu den herkömmlichen sind diese transparent, um die Vergangenheit zu symbolisieren. Man erkennt hier sehr schnell wie sich verschiedene Wochentage und Tageszeiten auf die Suchbegriffe und somit auf die Gewichtungen der Kategorien auswirken. An einem Sonntagmorgen wird man eine andere Population vorfinden als in den nächtlichen Stunden eines Werktages.
Ausblick
In der nächsten Phase des Projekts sollen sowohl die Software als auch die Visualisierung weiterentwickelt werden. Der Quellcode der Quake3engine wird weiter angepasst, um die künstliche Intelligenz flexibler zu gestalten und um die Interaktionsmöglichkeiten zu erweitern.
In der weiteren Gestaltung der Szenarien und der Avatare steckt ebenfalls noch viel Arbeit. Die Ausdrucksmöglichkeiten und das Verhalten sind bei den Avataren noch nicht sehr ausgeprägt, zudem fehlt es in den Welten noch an Geräuschen und Sprachsamples.
Die Software im Hintergrund ist so modular aufgebaut, dass es möglich ist, alle denkbaren Visualisierungen modular anzubinden (Flash, SVG, HTML, etc.) und weitere Datenquellen zu verarbeiten. Deshalb werden wir bald den Quellcode dokumentieren und offen legen, um anderen die Möglichkeit zu geben, diesen weiterzuentwickeln und weitere Visualisierungsformen darauf anzuwenden.