Stephan Karsch


MAQUINA POETICA

Die Entwicklung eines Poesieautomaten für das Internet


maquina-poetica: Schwarm [link 01]

maquina-poetica: Schwarm

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Das Projekt maquina poetica (www.maquina-poetica.net) ist die Umsetzung eines digitalen Poesieautomaten für das Internet. Es handelt sich hier um ein mit Macromedia Flash erstelltes Werkzeug zur Generierung von Zufallslyrik und zur (stellenweisen) späteren Nachbearbeitung der Texte von Seiten der Internetbenutzer. Die Gestaltung der Oberfläche sowie der Navigation ist einfach gehalten, ohne die sonst üblichen Flash-Effekte. Der Akt des Lesens soll im Mittelpunkt der Anwendung stehen. Die Hintergrundfotos sowie die Grafiken werden durch Zufallsoperationen ausgewählt bzw. kreiert. Alle Gedichte sind als E-Cards versendbar. Die ursprünglich deutsche Version wurde zwischenzeitlich um eine spanische und eingeschränkt englische Version erweitert.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Stephan Karsch

Entstehung

Deutschland, 2002

Eingabe des Beitrags

Stephan Karsch, 19.05.2003

Kategorie

  • Kulturprojekt

Schlagworte

  • Themen:
    • Kollaboration |
    • Autor |
    • Design |
    • Interaktivität
  • Formate:
    • interaktiv |
    • vernetzt
  • Technik:
    • Flash

Ergänzungen zur Schlagwortliste

  • Digitale Poesie, Sprachspiele, Interaktivität, Lesestrategien, Zufallstexte, visuelle Poesie, kinetische Texte, semantische Nachbearbeitung von Zufallstexten, kollektive Autorenschaft

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Die Poesiemaschine ist als Spielautomat konzipiert und lädt ein zum Experimentieren und Spielen mit Sprache und animierten Texten. Die Interaktion und Kooperation zwischen Automat und Benutzer und ihre Kommunikation mittels Lyrik steht im Zentrum der Anwendung. Der Automat bietet verschiedene Spielvarianten an.
So nimmt der Leser in der Variante "Zufall" die klassische Rolle ein, wenn er aleatorische Gedichte scheinbar "konsumiert".
In der Variante "kreativ" wird der Leser in die Lage versetzt, Ausgangstexte der Maschine zu ergänzen, zu bearbeiten oder zu erweitern. Durch Wort- und Textvorschläge des Automaten kann sich der Nutzer inspirieren lassen. Seine eigenen Eingaben werden teilweise auf dem Server abgespeichert und können so von den nachfolgenden Besuchern ebenso zur Inspiration verwendet werden.
Die Variante "visuell" führt farblich gestaltete zufällig ausgewählte Begriffe in zufälliger Anordnung auf dem Bildschirm vor. Hier findet sich ein Übergang hin zur mehr räumlichen und bildlichen Wahrnehmung von Texten.
Der Zeitaspekt gewinnt bei der nächsten Variante, "Schwarm", eine neue Bedeutung. Der Leser wird hier mit animierten Wortgedichten konfrontiert. Die Bewegung der Begriffe provoziert beim Leser immer neue Versuche der Sinnstiftung. Die kurze Zeit vor der nächsten Bewegung setzt dabei die Rahmenbedingungen für die Lektüre. Die Leser haben die Möglichkeit, auch selbstverfasste Gedichte/Texte durch Bewegung anders wahrzunehmen. Beim Wachstumsgedicht findet eine Verschiebung des semiotischen Systems vom textuellen zum visuellen Zeichen statt, indem immer neue animierte Begriffe hinzukommen, die die Wahrnehmung auf die Animation selbst lenken. Ein weiteres animiertes Gedicht funktioniert nur, wenn die Leser aktiv werden und mit der Maus die einzelnen Begriffe, die ausgewechselt werden sollen, berühren. Das kollektive, animierte Gedicht präsentiert die von den Besuchern eingegebenen Worte, die auf dem Server abgespeichert und nun durch Zufallsauswahl aufgerufen werden.
Ansätze der Rezeptionsästhetik innerhalb der literaturwissenschaftlichen Forschung dienten bei der Entwicklung der maquina als Prinzipien, die radikal weitergedacht wurden: Die bekannte Tatsache, dass Texte erst beim Lesen Bedeutung erhalten, der aktive Leser also Koautor ist, war einer dieser Grundsätze. Die Verstehens- und Sinnstiftungsprozesse beim Leser, die ein ständiges Springen zwischen Text und Leser (seiner Welt und Erfahrungen, Einstellungen etc.) voraussetzen, wurden noch intensiviert angesichts sich bewegender und verändernder Nonsens-Texte, die nicht als sinnvolle konzipiert wurden. Und dennoch: der geforderte Internetbenutzer - zwischen aktivem Leser, Mitautor und Autor - der sich auf das Spiel einlässt, pendelt zwischen Frust und Lustgewinn.

Technik

Technische Beschreibung

Macromedia Flash 5 Player, Prozessor - Anforderung: mindest. 350 MHz

Hardware / Software

Hardware/Software: PENTIUM II, Flash 5, Dreamweaver 4, Apache Server, PHP, HTML, ActionScript, Photoshop 5

Kontext

Hochschule / Fachbereich

Fachhochschule Schwäbisch Hall
Mediengestaltung

URL der Hochschule

» http://www.fhsh.de [link 02]

Betreuer des Projekts

Prof. Dr. Martin Koeppl

Kommentar des Betreuers

Die Arbeit 'maquina-poetica.net' von Stephan Karsch ist eine virtuelle Vorrichtung zur Erzeugung von Gedichten. Unter der Bedingung des Bildschirms als Textrezeptions- und Produktionsumfeld wird ein Spektrum an projektiven Verfahren zur Verfügung gestellt und verschiedene semantische Mechanismen bei der Gestaltung von Texten ins Bewusstsein gebracht. Am meisten dürfte dabei der Bereich 'Kreativ' den etablierten Vorstellungen des poetischen Spielers entsprechen, d.h. durch die Vorgabe eines Zufallsgedichtes, das bei Nichtgefallen neu durchgemischt werden kann, baut der so angeregte Spieler aus der eigenen Intentionalität heraus Silben- und Wortkombinationen zusammen, die von bedeutungsschwanger bis seicht und silly alle Tiefen und Untiefen des poetischen Schaffens abdecken können. Der Rest ist 'Maschine', die mit Anspruch auf anspruchsvolle Kreation Strukturen auf verschiedenen Ebenen aufdeckt und nutzt: Es ist die Infrastruktur der Sprache, die hier auf eindrucksvolle Weise mit dem Zufall ins Zusammenspiel gebracht wird. Im Einstiegsszenario der kombinatorischen Poesie herrscht eine strenge Syntax und Morphologie, die nach einigem Durchmischen und Neuschaffen der verbalen Zufallsstruktur die Vorgehensweisen des digitalen Poeten aber auch mancher leibhaftiger Poeten bewusst macht: Der wohl angeborene Trieb des wahrnehmenden Wesens, aus wahrgenommenen Formen und Strukturen sinnhafte und bedeutungsvolle Gestalten zu konstruieren, und, soweit ein scheinbarer Schöpfungsakt dahinter steht, dem Willen dieses Wesens hier absichtsvolle Schöpfung zu unterstellen, wird durch diese Maschine überzeugend als intellektuelles Spiel ausgebreitet. Verschiedene visuelle Übersetzungen verdeutlichen den Überschwang assoziativer Operationen gegenüber den streng analytisch konstruierten.
Hinter dieser Kunst, den Computer mehr oder weniger intelligent mit Worten und verbalen Werten umgehen zu lassen, steht eine rechte Programmierkunst, und, last but not least, hohe literatur- und sprachwissenschaftliche Kompetenz des Autors dieser Maschine (abgeschlossenes Literaturstudium vor dem Gestaltungsstudium). Dass sich die Interaktion mit der Maschine wie eine nichtlineare Geschichte auf der Basis eines unkonventionellen Interfaces entwickelt, lässt zwar die Maus- und Cursorbewegung nicht zur kienästhetischen Erfahrung werden, eröffnet aber in der Interaktion dennoch eine rekombinatorische Freiheit, die die Gestaltungsebenen des Interfaces, der graphischen Gestaltung und der Textpoesie ineinander spiegelt.

Seminar / Kurzbeschreibung

Bachelor-Arbeit und Kolloquium

Zuordnung Forschungsbereich

Visual Design & Interactive Storytelling
Hypermedia Semantics

  • › digital sparks 2003 [link 03]

» http://www.maquina-poetica.net [link 04]