Christian Coers


19,90 agenturfassung

Eine Hommage an die Werbung nach dem Roman "Neununddreissigneunzig" von Frédéric Beigbeder


19,90 »agenturfassung« [link 01]

19,90 »agenturfassung«

Technik

Technische Beschreibung

Kurzfilm 13 Minuten und 50 Sekunden
Format miniDV

Hardware / Software

Aufnahmeformat: miniDV
Kamera: SONY DC 110 PC
digitaler Schnitt: Adobe Premiere
Titelsoftware: Adobe Premiere, Adobe After Effects, Adobe PhotoShop
Werbeaufnahmen: direkt aus dem aktuellen Fernsehprogramm auf miniDV aufgenommen

Kontext

Hochschule / Fachbereich

FH Dortmund
Design

URL der Hochschule

» http://www.fh-dortmund.de/fb/fb2/ [link 02]

Betreuer des Projekts

Prof. Dr. Heiner Wilharm

Kommentar des Betreuers

INTERMEDIALE
"19.90 Agenturfassung" ist die zweite schöpferische Auseinandersetzung mit der französischen Literatur der Gegenwart, die Bimm Coers zu einer eigenständigen künstlerischen Adaption inspiriert hat. Es handelt sich um Frédéric Beigbeders "99 Francs". In der deutschen Übersetzung, noch aus-DM-Zeiten, wie man leicht nachrechnen kann, unter dem Titel, "39,90" veröffentlicht; in Worten: Neununddreißigneunzig, erschienen bei Rowohlt.
Der Titel ist Programm. Beigbeders Buch jagt uns in einer "tour de raison" durch die Welt des Mammons und derjenigen, die ihm erlegen sind. Und das sind viele. Ein Buch mit seinem Verkaufspreis zu betiteln, schreibt Michel Houlebecq, heißt, das Wesen einer Welt zu benennen, die das Geld zur Wirklichkeit schlechthin erhoben hat. Beigbeder weiß, wovon er spricht, wenn er die groteske Geschichte einer Werbekampagne für ein fettfreies Joghurt abspult. Zehn Jahre lang hat er selbst als Texter in einer Werbeagentur verbracht. Nach der Veröffentlichung seines ersten Romans, wohlgemerkt. "Ich bin der Typ, der ihnen Scheiße verkauft. Sie von diesen Dingen träumen lässt, die Sie niemals haben werden", outet sich sein alter ego Octave zu Beginn von "39,90". Am Ende weiß niemand mehr, wo der Werbespot endet und die Realität beginnt, wer wohin gehört.
Wie man vermutet, also nicht nur ein Stück über die Welt der Werbung und des Geldes, sondern vor allem auch über die Medien. Media are messages. Konsequent führt Christian Bimm Coers diesen Ansatz Beigbeders weiter. Coers hat kein Buch geschrieben, er hat einen Film gedreht mit allen Mitteln der sog. Neuen Medien; in der Ästhetik der Werbeclips. Bimm Coers Intermediale befasst mit den Beigbederschen Inhalten, den Halluzinationen der so genannten Kreativen und Werbefuzzis, ihren Exzessen und Neurotizismen. Doch er belässt es nicht allein bei der Betrachtung der Werbewelt, sondern weitet sein Theater aus. Coers nimmt den vergleichbaren Wahnsinn in Gesellschaft, Ökonomie und Politik, Religion und Kultur ins Visier. Vor allem aber hat er dabei die medialen Institute, deren Facetten und Verbung im Blick, in denen die allerseits geschätzten Perversionen produziert respektive dem geneigten Publikum präsentiert werden. Kein Wunder also, dass Bimm Coers nicht einfach auf Beigbeders Buch, auf seine Texte zurückgreift, sondern sich weitere Schichten von Wort und Bild zum multimedialen Palimpsest arrangiert. Zunächst eine beim WDR im April und Mai 2002 unter Walter Adler entstandene Hörspielfassung von "39,90", die Bimm Coors für seine Diplomarbeit filmisch dokumentieren durfte. Sodann dient ihm die Inszenierung des Theaters Basel als Material. Auch die hatte er als selbst gedrehtes filmisches Dokument zur Verfügung. Dazu fügt Christian Bimm Coers ausgesuchte Schnipsel aus TV-Werbesendungen, Musik- und Geräuschfiles, weiteres Text- und Typografiezeug und komponiert am Ende ein eigenes Drama (teils Tragödie teils Komödie bekanntlich) über die Diktatur der Profite, Umsätze und Aktienkurse und über die verteilten Rollen der verschiedenen Medienformate in diesem Theater.
Bimm Coers "Kritik", denn sein Film ist auch eine Kritik, zeigt nicht mit moralischem Zeigefinger. Er desavouiert den Wahnsinn, indem er seine Versatzstücke collagiert und ihn dabei mit zwinkerndem Auge überbietet. Wenn es uns kalt über den Rücken läuft, umso besser. Aber das ist Sache des Zuschauers.
Was die Sportkanäle mit sieben parallelen Bildfenstern auf einem Fernsehmonitor realisieren, um einen einzigen Formel-1-Rennwagen von vorne, hinten, oben, unten, aus der Perspektive des Fahrers, seiner Ehefrau und seiner 3-jährigen unehelichen Tochter beobachten zu können, was freilich auf bloße Bildvermehrung - zunächst - beschränkt bleibt, bietet Christian Bimm Coers Video formal erheblich dichter und erweitert. Der Zuschauer kann sich bei Betrachtung seiner jüngsten Arbeit daran gewöhnen, was es heißt, wenn eine musik- und textunterlegte Joghurtwerbung überblendet wird von einer Buchseite, auf der man, wenn man will, einen Kommentar zum Clip lesen kann - oder auch eine philosophische Betrachtung -, während im Vordergrund das Set agiert, das den Streifen produziert, wobei gleichzeitig die Regieanweisungen des Hörspielregisseurs zum selben Stück ablaufen und die wichtigsten Claims noch einmal am unteren Bildrand aufleuchten. Übertrieben könnte man meinen. Aber wer übertreibt? Und wer weiß, was alles im Kopf des Zuschauers passieren kann? Schließlich ist der die das Intermediale auch eine Antwort auf Pisa , wie Günter Jauch weiß.

Seminar / Kurzbeschreibung

"19.90. Agenturfassung" ist Bimm Coers Diplomarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign am Fachbereich Design der FH Dortmund. Entstanden im Kontext von Seminaren und Projekten zum Thema Gestaltungstheorien und Neue Medien. Die Arbeit schließt an an Bimm Coers, Svenja Schelbergs und Holger Gathmanns, ebenfalls in digital sparks vorgestellten, interaktiven Annäherung an Perecs "Leben. Gebrauchsanweisung" (2001). Die Diskussion gilt folglich im Besonderen der Begegnung von Klassischen und Neuen Medien, von Literatur, Film und Multimedia. Produktiv ist darum die Zusammenarbeit mit einem Kollegen des Studiengangs Film/Fernsehen am Fachbereich, Adolf Winkelmann.
Allgemeines Ziel der Veranstaltungen in diesem Rahmen ist es auszuloten, warum und in welchen Formen die Mittel sog. Neue Medien den Raum kreativer Äußerung auf den Gebieten des Medien- und Kommunikationsdesign und ihrem künstlerischen Umfeld erweitern können.
Das Angebot ist von Studiengang und Studienrichtung unabhängig und richtet sich an alle Studierenden des Kommunikations- und Mediendesign in Dortmund (in der Regel des Hauptstudiums, so dass hier nicht selten Diplomprojekte erdacht werden). Interdisziplinäres Gespräch und Kooperation mit Gestaltungsfächern der verschiedensten Art sind obligatorisch.
05/03 Heiner Wilharm

Zuordnung Forschungsbereich

Gestaltungswissenschaften/Designtheorie: Semiotik & Neue Medien; Theorie-Seminare und multimediale Gestaltungs-Projekte im Rahmen von Mediendesign und Kommunikationsdesign.
Institut für integriertes Design (IIG) am Fachbereich Design der FH, University of Applied Sciences, Dortmund

  • › digital sparks 2003 [link 03]

» http://www.cbc-desig…n.de/neunzehnneunzig/ [link 04]

  • › 19,90 »agenturfassung« Teil 1 'ich heiße octave' [2 MB ] [link 05]
  • › 19,90 »agenturfassung« Teil 2 'vergnügen des verbrauchers' [1 MB ] [link 06]
  • › 19,90 »agenturfassung« Teil 4 'christus, ein herausragender texter' [778 KB ] [link 07]
  • › 19,90 »agenturfassung« Teil 5 'mastershot in echtzeit' [3 MB ] [link 08]