Mirjam Struppek


Interaktionsfeld - öffentlicher Raum

Interaktivität im öffentlichen Raum im digitalen Zeitalter und die Rolle interaktiver Kunst


Bump: zwei Städte, interaktiv verknüft [link 01]

Bump: zwei Städte, interaktiv verknüft

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

"Interaktionsfeld - öffentlicher Raum" geht der Verknüpfung der Interaktivität digitaler Welten mit dem realen Stadtraum nach. Die Arbeit will das entstehende Potential dieser Synthese herausstellen, indem sie beispielhafte Projekte analysiert, kategorisiert und online ein erweiterbares Beispielarchiv anbietet. Die interaktive Kunst mit ihrer Lebensnähe, kommunikativen Ansätzen und dem reflektierenden Umgang mit modernen Machttechnologien ist prädestiniert, im städtischen öffentlichen Raum ein größeres Publikum anzusprechen. Die Projekte zeigen, wie die Neuen Medien alternativ genutzt werden können, um durch neue Interaktionsqualitäten zur Reaktivierung eines integrierenden und identitätsstiftenden Stadtraums für eine demokratische Gesellschaft beizutragen. Zu finden sind u.a. Katalysatoren für angstfreie Konfrontation mit Fremden, die soziale Interaktion fördern; andere Installationen regen zu Diskussion und Reflektion an und unterstützen so Öffentlichkeitsbildung. In seiner neuen Interaktivität kann der Stadtraum selbst zu einem direkt mitzugestaltenden (Kunst)werk werden.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Mirjam Struppek › Biografie [link 02]

Entstehung

Deutschland, 2002

Eingabe des Beitrags

Mirjam Struppek, 05.05.2003

Kategorie

  • Forschungsprojekt

Schlagworte

  • Themen:
    • Kommunikation |
    • Mixed Reality |
    • Medienkunst |
    • Community |
    • Urbaner Raum |
    • öffentlicher Raum |
    • Mobile Computing |
    • Soziale Systeme |
    • Interaktivität |
    • Architektur
  • Formate:
    • Text |
    • CD-ROM |
    • Internet
  • Technik:
    • HTML/ DHTML

Inhalt

Inhaltliche Beschreibung

Interaktionsfeld - Öffentlicher Raum im digitalen Zeitalter
www.interactionfield.de
Die Geschichte zeigt, dass der städtische öffentliche Raum schon immer ein Ort gewesen ist, der von vielseitigen Interaktionen lebt und von ihnen geformt wird. Besonders die Bildung von Öffentlichkeit und Urbanität entsteht durch ein Zusammenkommen von verschiedensten Austauschprozessen. Seit Aufkommen der digitalen Medien ist jedoch die Art der menschlichen Interaktion deutlich erweitert und komplexer geworden, sodass sie Befürchtungen auslösten, der reale öffentliche Raum verliere als Interaktionsort an Bedeutung. Unabhängigkeit von Ort und Zeit, entlokalisierte und individualisierte Zeitstrukturen zerfasern den Rhythmus der Stadt. Jene droht ungemütlicher und gefährlicher zu werden. Das Netz wurde zum neuen "öffentlicheren" Raum im Sinne einer aktiven kritischen bürgerlichen Öffentlichkeit erhoben.
Mit der Mobilisierung der digitalen Technologien wird es jedoch möglich, zurück in den öffentlichen Raum zu gehen und sich die neuen Medien als kommunikationsfördernd, identitäts- und gemeinschaftsproduzierend zu Hilfe zu nehmen, um ein neues integrierendes und identitätsstiftendes Interaktionsfeld für eine demokratische Gesellschaft zu kreieren - im besonderen als Gegenentwicklung zur weiteren Kommerzialisierung und Reizüberfrachtung des öffentlichen Raums. Die interaktive Kunst mit ihrer Lebensnähe, den kommunikativen Ansätzen und dem reflektierenden Umgang mit den modernen Machttechnologien ist dementsprechend besonders prädestiniert, mit dem städtischen öffentlichen Raum verknüpft zu werden.
Ziel der Arbeit ist es nun, aus dem Feld der Interaktiven Kunst neue Ansätze für eine Wiederbelebung der Öffentlichkeitsfunktion des Stadtraums aufzuzeigen, so zum Beispiel Katalysatoren für eine direkte Mensch-Mensch-Interaktion oder eine neue Art von Involvierung in die Gestaltung des öffentlichen Raums. In seiner neuen Interaktivität kann der Raum selbst zu einer Art Austauschmedium werden.
Aus den theoretischen Überlegungen, den Fragebögen und der Analyse gesammelter interaktiver Projekte, die bewusst in den öffentlichen Raum gehen, haben sich schließlich folgende fünf Kategorien herauskristallisiert. Sie bilden Ansatzpunkte für einen Schritt in Richtung Realisierung eines zeitgemäßen Interaktionsfeldes.
-Interaktionsförderung zur angstfreien Konfrontation und zum Kontakt mit Fremden
-Förderung der Öffentlichkeitsbildung durch Kritik, Diskussion und Reflektion der Gesellschaft
-Förderung der sozialen Interaktion und Verortung in der lokalen Nachbarschaft
-Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung durch Technologie reflektierende, sinnliche Systemerfahrung
-Aktivierung zur bewussten Teilnahme an der Gestaltung des öffentlichen Raums
Die Homepage, die sich aus der CD-ROM zur Diplomarbeit entwickelt hat, stellt diese interaktiven Medienprojekte vor. Sie verdeutlicht anhand der Analyse und Kategorisierung der Projekte, wie nun die Neuen Medien alternativ genutzt werden können, um zur Reaktivierung und positiven Veränderung des Stadtraumes beizutragen.
In einer offenen Liste können weitere Projekte eintragen werden. Mit der Zeit kann sich so ein umfangreiches Archiv entwickeln, mit Beispielen, die zu neuen Ansätzen im Umgang der Stadtplanung mit dem öffentlichen Raum anregen.
www.interactionfield.de
Anhand einiger Beispiele der Sammlung möchte ich erläutern, wie interaktive Projekte zu einer Veränderung im öffentlichen Raum beitragen können. Die Beispiele sind unter www.interactionfield.de detaillierter erläutert und visualisiert.
Interaktionsförderung zur angstfreien Konfrontation und zum Kontakt mit Fremden. Das Thema der wachsenden Videoüberwachung wird immer aktueller. Durch "Kommunikation statt Kontrolle" versucht z.B. das Projekt Chat-Stop alternativ zur klassischen Überwachung die Frage der Sicherheit des öffentlichen Raums durch gegenseitige freiwillige Beobachtung wieder zu einer Frage des gemeinschaftlichen Handelns zu machen. Gleichzeitig versucht es die Atmosphäre in Angsträumen (nachts an der Bushaltestelle) aufzuwerten und zu einer Kommunikation unter Fremden zu führen. Kommunikative Interaktion unter Fremden bleibt im heutigen öffentlichen Raum meist beschränkt auf ungewöhnliche Sondersituationen. Installationen wie "Raindance" fördern durch alternative Interaktionsformen unverbindlichen temporären Kontakt mit Fremden. Mehrere Personen können spielerisch mit ihren Schirmen zu einer Klangkomposition beitragen und so über Musik miteinander kommunizieren. Das Element Wasser spielt dabei eine sehr symbolisch verbindende Rolle. Eine entspanntere spielerische Atmosphäre im öffentlichen Raum kann das subjektive Angstempfinden mindern und zu friedlicherem Verhalten im öffentlichen Raum beitragen.
Förderung der Öffentlichkeitsbildung durch Kritik, Diskussion und Reflektion der Gesellschaft
Durch neue Interaktivität könnte der Raum selbst zu einer Art Kommunikationsmedium werden: Die Idee des schwarzen Brettes und der Speakers Corners, so gepriesen in der Form von Newsgroups usw., könnte in den öffentlichen Raum zurückgeholt und an bestimmten Knotenpunkten der Stadt lokalisiert werden. Installationen könnten kreativ zur Beteiligung animieren. "Hello Mr. President" macht z.B. mit Hilfe eines Laserbeamers einen schneebedeckten Berghang zur SMS-Diskussionsplattform und öffnet den sonst so elitären, Diskurs des World Economic Forum für die Stadt. Stadtraum als Katalysator für einen lebendigen gesellschaftlichen Diskurs.
Förderung der sozialen Interaktion und Verortung in der lokalen Nachbarschaft
"Summoning Stones" setzt die einzelne Person in Beziehung mit ihren Mitmenschen und der Vergangenheit des Ortes, indem der eigene aufgenommene Beitrag mit ähnlichen oder kontrastierenden Kommentaren, die von Vorgängern dort gelassen wurden, überlagert wird. Man könnte sagen, durch diese poetische Verortung von Informationen entsteht ein Art Gedächtnis der lokalen Stadt, und je reicher die Umgebung an Bedeutung ist, um so stärker wird ihre Tiefe und Poesie.
"Re:site Projects" versucht, als eine Art experimenteller offener Kanal, bei der Entstehung eines ganz neuen Stadtteils unterstützend mitzuwirken und die Dynamik des Wandels interaktiv aufzugreifen und zu dokumentieren. Der öffentliche Raum wird durch die Installationen wieder zu einem verbindenden Element der Nachbarschaft.
Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung durch Technologie reflektierende, sinnliche Systemerfahrung.
Kunst war schon immer auch ein Element, das fragt: Wie wird dies oder das werden, wenn man es weiterspinnt; verschwimmt z.B. irgendwann Realität und Virtualität? Mechanismen digitaler Technologien, die bis zur Unkenntlichkeit in das Umfeld integriert werden, sind immer schwerer nachzuvollziehen, verändern aber unser Empfinden und Verhalten. Projekte könnten in einer sehr sinnlichen oder auch irritierenden Weise zur Reflektion anregen und das Elektronische sichtbar, hörbar, spürbar, und somit unsere Umwelt wieder erfahrbarer machen.
Gerade Überwachungssysteme sind meistens für den "Normalbürger" sehr unsichtbar. "Les Lignes Mobiles" versucht die unangenehme Erfahrungen des Beobachtetseins zu verdeutlichen, indem Passanten symbolisch von einem Kreis markiert werden, begleitet durch weiße Linien, die ein Eigenleben zu führen scheinen. Überwachung wird so auch für "sich konform verhaltende" Bürger erlebbar. "Bump" z.B. beschäftigt sich mit dem Phänomen der Veränderung der Empfindung von Nähe und Ferne. Die Installation hilft die Illusion der Nähe zu empfinden: Man kann in Echtzeit die Bewegungen am eigenen Leib erfahren, die sich in der Ferne ereignen. Eine Voraussicht auf die Übertragung von Gefühle und Berührungen über Kabel oder Satellit, ein taktiles Interface gegen die Körperlosigkeit der Netzwelten.
Aktivierung zur bewussten Teilnahme an der Gestaltung des öffentlichen Raums
Eine demokratische Gesellschaft fordert aktive Teilnahme seiner Bürger. Installationen könnten den Stadtbürger aus seiner passiven, konsumierenden Massengesellschaftshaltung heraus zur aktiven Teilnahme an der Gestaltung des öffentlichen Raumes verführen und zur Eigenleistung auffordern. Gleichzeitig würde sich so eine neue Auseinandersetzung mit der Umgebung entwickeln. Erste erfolgreiche Ansätze zeigt "Blinkenlights", ein großes abstrahiertes, interaktives Computer-Display. Die Beleuchtung der einzelnen Fenster konnte per Internet und SMS animiert werden.
Der öffentliche Raum als offenes, direkt mitzugestaltenden (Kunst)werk. Die Rollenverteilung in der Produktion und Verantwortung für die Gestaltung des öffentlichen Raums und seiner Architektur kann neu überdacht werden.

Technik

Technische Beschreibung

Die Arbeit besteht aus einem theoretischen Teil, also einem Buch, und einer beigelegten CD-ROM. Aus der CD-ROM ist die Webseite entwickelt worden, auf der die Beispielsammlung und Analyse der interaktiven Projekte dokumentiert sind. Auf ihr ist weiter ein Forum und eine offene Projektliste zu finden, mit der Möglichkeit, die Liste durch Eingabe eigener Projekte zu erweitern. So kann mit der Zeit ein Archiv entstehen und die Arbeit wird selbst zu einem Austauschmedium. Der theoretische Teil steht jedem zum Herunterladen zur Verfügung.

Hardware / Software

Microsoft Word
Dreamweaver

Kontext

Hochschule / Fachbereich

Universität Kaiserslautern
Raum- und Umweltplanung

URL der Hochschule

» http://www.uni-kl.de [link 03]

Betreuer des Projekts

Prof. Dr. Bernd  Streich

Kommentar des Betreuers

Diese Arbeit darf sowohl inhaltlich als auch in der schriftlichen und medialen Aufbereitung gegenüber anderen Diplomarbeiten im Bereich der Stadtplanung durchaus als herausragend bezeichnet werden.
Frau Struppek hat nicht nur in methodischer Hinsicht eine solide Arbeit abgeliefert, sondern hat auch in künstlerischer Hinsicht Geschick und Inspiration gezeigt. Ich denke, dass diese Arbeit erst der Ausgangspunkt weiterer innovativer Projekte von ihr sein werden.
Ich würde eine gute oder sehr gute Platzierung dieses Wettbewerbsbeitrags mit großem Nachdruck wünschen.

Seminar / Kurzbeschreibung

Frau Struppek hat in meinem Fachgebiet im Jahre 2002 eine Diplomarbeit zum Thema "Interaktionsfeld - Öffentlicher Raum im digitalen Zeitalter" verfasst, die durch mich und von Herrn Kai Vöckler - Bauhaus Dessau - betreut wurde.

Zuordnung Forschungsbereich

1. Titel meines Fachgebietes:
"Computergestützte Planungs- und Entwurfsmethoden in Raumplanung und Architektur"
Universität Kaiserslautern
Fachbereich Architektur, Raum- und Umweltplanung, Bauingenieurwesen (ARUBI)
2. Lehre und Forschung
- CAD-/GIS-Ausbildung für Architekten und Raumplaner sowie quantitative Methoden der Raumplanung
- Medienexperimentelles Entwerfen in Architektur und Städtebau
- Netzentwürfe für Architekten und Raumplaner
- Computergestützter Architekturmodellbau
- Anwendung von Methoden der Künstlichen Intelligenz: Case-Based Reasoning, Workflow-Management-Systeme in der Stadtplanung, Bürgerbeteiligungsverfahren im Internet etc.
3. Weitere Vorhaben:
- Buchpublikation über "Medienexperimentelles Entwerfen" kurz vor dem Abschluss; auf diesem Gebiet wird weiter geforscht werden
- Buchpublikation zum Thema Stadtplanung und Wissensgesellschaft kurz vor dem Abschluss;
künftiger Forschungsschwerpunkt
4. Internetadressen dazu:
http://www.urban-is.de
http://cpe.arubi.uni-kl.de

  • › digital sparks 2003 [link 04]

» http://www.interactionfield.de [link 05]

  • › Theoretischer Teil - Interaktionsfeld [PDF | 2 MB ] [link 06]
  • › Definitionen - Interaktion [PDF | 38 KB ] [link 07]
  • › Definitionen - öffentlicher Raum [PDF | 30 KB ] [link 08]
  • › Chat-Stops: eine andere Art von Videoüberwachung [JPEG | 30 KB ] [link 09]
  • › Blinkenlights: interaktiv bespielbare Gebäudefassade [JPEG | 27 KB ] [link 10]