Till Cremer

Koeln 24

interaktive Videoinstallation

Koeln 24 - Standbild aus dem Film

Koeln 24 - Standbild aus dem Film

Content Description

"Die Welt ist das, was ich wahrnehme." (Maurice Merleau-Ponty)
"Das Medium ist die Botschaft." (Marshall McLuhan)

"Koeln 24" heißt die interaktive Videoinstallation, die im Rahmen meiner Diplomarbeit mit dem Thema "Wahrnehmung im interaktiven Erfahrungsraum" im FB Kommunikationsdesign an der Hochschule für
Bildende Künste Braunschweig enstanden ist.
Betreuende und prüfende Professoren sind Frau Prof. Ulrike Stoltz und Frau Prof. Regina Henze.

Die Intention
Die Medien unserer Zeit werden immer eindringlicher und direkter in ihrer Kommunikation und ihre Präsenz bestimmt zunehmend unseren Alltag. Die Dimensionen unserer nätürlichen Umwelt und die des Mediums verschmelzen zu einer neuen Art der Perzeption und Apperzeption.
Was bedeutet das für den Menschen, seine Wahrnehmung und seine Vorstellung? Wie verändern sich Raum und Zeit als subjektive Bedingungen jeder Erfahrung?
Ich möchte die Beziehungsstruktur zwischen Wahrnehmung und Medium untersuchen und die Wechselwirkungen zwischen unserem Bewusstsein und dem interaktiven, audiovsiuellen Medium herausarbeiten. Ziel meiner Arbeit über die Wahrnehmung im interaktiven Erfahrungsraum ist, seine Dimension und Wirkungsweise unserer Physis gegenüberzustellen und das Medium als "Botschaft" in Form einer interaktiven Installation dem Betrachter zu vermitteln.
Es geht um einen projezierten Raum, der durch seine interaktive Struktur mit unserer sinnlichen Welt in direkte Beziehung tritt. Die interaktive, audiovisuelle Dimension erweitert unsere Wahrnehmung im Rahmen ihrer dargestellten Form und bildet in unserem Bewusstsein eine Symbiose mit unserer natürlichen Umwelt. Der Betrachter soll intuitiv erfahren, in welchen Dimensionen er sich bewegt.
Der Film
Der Betrachter betritt einen Raum und sieht ein großes, an ein Gemälde anmutendes Bild in seiner Mitte. Es zeigt einen großen Platz mit vielen Menschen und Verkehr, das Fließen städtischen Treibens, im Hintergrund
monumentale Gebäude.
Das Bild ist eine Zeitrafferaufnahme. Es zeigt uns einen ganzen Tag. Die Sonne geht auf und zeigt uns die Silhouette der umgebenden Architektur und läßt uns langsam das vordergründige Schauspiel erahnen. Die Sonne tritt als funkelnder Ball ins Bild und leuchtet wie ein Scheinwerfer den belebten Platz im Vordergrund aus, während die Gebäude im Hintergrund durch das starke Gegenlicht weiterhin nur als Scherenschnitt erkennbar sind. Mit fortschreitendem Tag offenbart sich mehr und mehr die Fülle des Bildes, bis wir die Geamtheit des Bildraumes erfassen können und Gebäude, Menschen und Verkehr deutlich sehen. Durch die Wanderung des Sonnenlichtes verändert sich stetig die Gestalt des Motivs, bis die Sonne schließlich untergeht und all ihre Farben, Lichter und Schatten mit ihr gehen.
Es ist Nacht. Die elektrischen Lichter von Lampen, Leuchtreklamen und Autos sind die einzigen Anhaltspunkte in der absoluten Dunkelheit. Sie bilden ein recht abtraktes Schauspiel und zeigen uns den dargestellten Raum nochmal auf eine ganz eigene Weise
Die Installation
Der Betrachter beobachtet den Tag, kann kontemplativ erfahren und beobachten, wie sich dieser dargestellte Tag in seinem Verlauf verändert. Der Betrachter kann das Bild von allen Seiten sehen, da die transparente Projektion sich in der Mitte des Raumes befindet. Er kann um das Bild herumlaufen, sich entfernen oder nah herangehen. Durch die Veränderung seiner Position im Raum, durch seine Bewegung verändert sich die Darstellung des Motivs. Es scheint als würde sich die Zeit auflösen, die Farben verändern sich und das dargestellte Motiv erscheint ungewohnt surreal. Nähert sich der Betrachter der Leinwand, so hat er das Gefühl in das Geschehen einzutauchen, er hört Geräusche, als würde er einen Moment greifen. Er kann einzelne Szenen des Tages beobachten, aber auch den ganzen Tag als ein durch die Sonne bestimmtes Szenario erfahren, in welchem der Mensch seinen künstlichen "Mikrokomsos" geschaffen hat. Entfernt er sich von der Leinwand, so wird das Geschehen flüchtiger und er sieht mehr dem Sonnenzyklus nach.
Durch die Interaktion des Betrachters wird der audiovisuell transportierte Tag in gewisser weise verfügbar, verliert jedoch seine ursprüngliche, natürliche Form und wird zu einer neuen interaktiven, audiovisuellen Erfahrung. Es ensteht eine Art Zwischenwelt, eine mediale Eigenwelt, in der der natürliche, lebensbestimmende Sonnenzyklusseine lineare Struktur verliert und sich das Motiv in einer neuen, einzigartigen Farbigkeit zeigt.
Der Ton ist eine Kollage von Athmogeräuschen, welche sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten überlagern. Durch die Veränderung der Abspielgeschwindigkeit der Filme treten auch durch den Ton immer andere, assoziative Momente des Geschehens hervor. Inbesondere wenn der Betrachter sich Nahe der Leinwand befindet und der Film langsam läuft, werden zusätzlich Geräusche abgerufen, welche den dargestellten Moment atmosphärisch vedichten.
Die Technik
Das Bild entsteht durch zwei Projektionen, die sich auf der transparenten Leinwand in der Raummmitte mischen. Beide Projektionen zeigen den gleichen Film, die Zeitrafferaufnahme von 24 Stunden des Kölner Bahnhofvorplatzes. Einen Tag zusammengefasst in etwa 15 Minuten Film, ein Motiv, dessen Gestalt durch den Zyklus der Sonne bestimmt ist.
Die Projektion ist reines Licht, welches sein Farbspektrum aus Rot, Grün und Blau (RGB) bildet. Dem einen Film fehlt jedes Blau (RG), dem anderen jedes Rot (GB) in seinem Farbspektrum. Auf der Leinwand ergänzen sich beide Projektionen wieder zu einem vollen Farbspektrum (RGB) und laufen die Filme synchron, so sieht man wieder den ursprünglichen Film in seinen echten Farbe.
Der oder die Betrachter interagieren durch ihre Bewegung im physischen Raum jeweils auf einer Seite der Projektionsfläche und verändern die Geschwindigkeit eines der projezierten Filme. Dadurch laufen die Filme asynchron und es entsteht eine Farbverschiebung in der Projektion. Die Interaktion der Betrachter löst die uns vertraute Form und abtrahiert die dargestellte Wirklichkeit, deren fragmentarischer Schein von unwiederbringlichen, flüchtigen Momenten ist. Es entseht eine mediale Eigenwelt.
Die Filme laufen digital von einem Macintosh Computer, der den Anschluß zweier Databeamer erlaubt, die jeweils eine Seite der transparenten Leinwand beleuchten. Die Infrarot-Sensoren, die die Schnittstelle für die Interaktion der Betrachter bilden, werden über ein Interface an den Computer angeschlossen und in Macromedia Director, hier werden auch die beiden Filme gesteuert, ausgewertet.
Die Zeitrafferaufnahme ist zuerst mit einer Super8-Kamera aufgenommen worden, später über eine DV-Kamera digitalisiert und speziell am Computer nachbearbeitet worden, um möglichst ein malerisches Motiv zu entwickeln.

Till Cremer
www.laboratoriumforart.de
t.cremer@laboratoriumforart.de