Franziska Kuehbandner

„Sichtweisen“

– Konzeption und Realisation einer Infotainmentanwendung (Schwerpunkt: interactive Storytelling im Web)

„Sichtweisen“ - Screenshot Film Manni

„Sichtweisen“ - Screenshot Film Manni

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Inhaltliche Beschreibung

Allgemein
Empathie und Einfühlungsvermögen gehen in unserer heutigen, von Leistungsdruck beherrschten Gesellschaft, immer mehr verloren. Gleichzeitig steigen die digitalen Möglichkeiten im Internet rasant. In dem Projekt „Sichtweisen“ nutze ich die neuen Möglichkeiten des Internets um Menschen wieder mehr für die persönlichen Anschauungen anderer Menschen zu sensibilisieren. Dabei nutze ich die neuartige Verbindung zwischen interaktivem Film, Spiel und Infotainmentanwendung.
Interaktiver Film hat gerade im Internet und als Infotainmentanwendung Zukunft. Fast jeder Mensch in Deutschland hat einen relativ leistungsstarken Internetzugang und nutzt diesen auch sehr häufig. In unserer Gesellschaft hat Spaß und Vergnügen einen sehr großen Stellenwert. Es liegt also nah die hohe Internetaktivität der Menschen und das Bedürfnis nach Spaß mit der Vermittlung von Informationen und Einstellungen zu kombinieren. Aus diesem Grund läuft die Anwendung als Onlineprojekt.

Das Projekt ist zudem eine Plattform für interaktiven Film. Diese Plattform kann ständig durch neue Filme erweitert werden. Es wurde eine Website geschaffen, auf welcher verschiedene nicht-lineare Filme gezeigt werden. Sie ergeben ein Netz aus Bekanntschaften, Geschichten und Sichtweisen.
Die Filme sollen von verschiedenen Personen oder Personengruppen erstellt werden. So entsteht ein Input aus den unterschiedlichsten Ideen und Stilen, die mit Hilfe von gemeinsamen Vorgaben ein in sich schlüssiges Gesamtwerk ergeben.

Die umfangreichen Vorgaben könnten mit Hilfe eines Workshops bestmöglich vermittelt werden. Zudem können Teilnehmer theoretische und praktische Informationen zum Thema interaktiver Film erlernen.

Hauptdarsteller eines neuen Filmes kann nur ein Nebendarsteller eines bereits existierenden Filmes werden. Durch diese wichtige Vorgabe entsteht ein Netzwerk von interaktiven Geschichten, die alle durch eine oder auch mehrere Verbindungen verknüpft sind.
Das Projekt ist unbegrenzt erweiterbar. Jeder einzelne Film kann für sich alleine stehen und dennoch in einem größeren Kontext von verschiedenen Geschichten rezipiert und eingeordnet werden.
Trifft der Hauptdarsteller eines Filmes auf einen Nebendarsteller, reagiert der Hauptdarsteller entsprechenden seiner Sichtweise. Betrachtet man nun den anderen Film, aus Sicht des Nebendarstellers, werden die unterschiedlichen Denkweisen offensichtlich. Ursachen für Missverständnisse in zwischenmenschlicher Kommunikation lassen sich so spielerisch aufzeigen.

Durch das ständige weiterentwickeln, vertiefen und kombinieren der einzelnen interaktiven Filme entsteht ein großer Anreiz, diese eigene Dynamik immer weiter zu verfolgen und unterschiedlichste Menschen kennenzulernen.

Die interaktiven Filme
In jedem Film wird ein Charakter mit seinen stereotypen Eigenschaften durch den User begleitet. Jeder Protagonist hat ein spezifisches Problem, welches er lösen muss. Der User kann helfen dieses Problem zu lösen, indem er aktiv und sinnvoll in die Handlung eingreift.
Das Beeinflussen der Handlung ist spielerisch aufgebaut. Pro Charakter und dessen Film gibt es eine bestimmte Anzahl von Aktionen die erlebt werden kann. Diese Interaktionsmöglichkeiten sind jeweils in Form eines leeren Kästchens am unteren Bildschirmrand visualisiert. Erlebt der User eine Interaktion, erscheint an dem entsprechenden Kästchen ein Haken. So kann immer nachvollzogen werden wie viele Interaktionen noch erlebt werden können.

Die Handlung wird durch direktes Klicken in den Film beeinflusst. Diese innovative Art der Interaktion zeichnet das Projekt aus.
An den Stellen im Film an denen Interaktion möglich ist wird dem User durch ein deutliches Feedback gezeigt, dass er interagieren könnte. Dies geschieht durch das Aufblinken eines Icons (i in einem Kreis) und einer kurzen textuellen Information. Zudem erklingt bei jeder Interaktionsmöglichkeit die gleiche Musik. So lernt der Benutzer dieses Geräusch mit der Möglichkeit der Interaktion zu kombinieren.
Der Zeitraum in dem ein Klicken direkt in den Film (unsichtbare Buttons) möglich ist, ist begrenzt. Dadurch ist es kaum zu schaffen, den Button durch Absuchen des Screens mit der Maus zu finden. Der User muss intuitiv herausfinden an welche Stelle im Film er klicken muss um die Aktion auszulösen. Ist er zu langsam gibt es einen textuellen Hinweis, dass sich der Hauptcharakter selbst entschieden hat. Dabei folgt nun die Handlung einer vorgegeben Weise.

Zusätzlich werden andere Interaktionsformen eingebaut, wie vorgegebene Auswahlmöglichkeiten zwischen denen sich der User entscheiden kann. Es kann auch direkt Einfluss auf das Geschehen genommen werden, indem zum Beispiel über einen Regler der Gemütszustand einer Person eingestellt werden kann. Ich habe bewusst viele verschiedene Interaktionsformen integriert und miteinander kombiniert. Zum einen gibt es kaum interaktive Filme in denen das möglich ist, zum anderen sehe ich darin eine Chance den Nutzer noch mehr herauszufordern und zu faszinieren. Der Zuschauer wird angeregt sich den Film immer wieder anzuschauen.

Treffen die Hauptcharaktere auf andere Menschen, werden diese mit Hilfe eines Infoscreens kurz charakterisiert. Durch dieses Hilfsmittel wird dem Zuschauer bewusst gemacht, dass jeder Mensch ein eigenständiges Individuum mit eigenständigen Sichtweisen ist. Unter Umständen entsprechen die Vorurteile und Erlebnisse denen des Users und dieser kann sich intensiv mit der Situation auseinandersetzen und seine eigenen Ansichten hinterfragen.

Zielgruppe sind alle die an anderen Menschen interessiert sind und sich bemühen die Verhaltensweisen der Menschen besser zu verstehen. Zudem sind sie offen für den neuen Umgang mit neuen Medien.
Als Kernzielgruppe sind zwei Personengruppen gedacht. Zum einen die, die sich in der Ausbildung zu einem sozialen Beruf befinden, ein Praktikum oder Zivildienst in diesem Bereich machen. Zum anderen Menschen die eine Ausbildung im Bereich der neuen Median absolvieren oder sich für diesen Bereich interessieren. Aufgrund dieser Tatsache wird sie vor allem junge Menschen im Alter zwischen 19 und 25 Jahren ansprechen.
Die Filme regen an sich über soziale Mechanismen bewusst zu werden. Das Projekt hilft durch praktisches Erleben Empathie zu fördern.
Es wird nicht speziell auf bestimmte Sichtweisen von Randgruppen eingegangen, sondern es wird bewusst gemacht, dass jeder Mensch die gleiche Situation anders interpretiert und erlebt.
Im sozialen Bereich ist die Eigenschaft sich in andere Hineinzuversetzen von sehr großer Bedeutung, da so ein intensiveres Arbeiten mit den zukünftigen Klienten möglich ist.
Im Bereich der neuen Medien ist es sehr wichtig sich mit neuen Formen der Interaktivität auseinander zu setzen. Die möglichen Datenraten im Internet werden immer größer. Dadurch steigen auch die Möglichkeiten der Verwendung von Film. Zudem herrscht ein immer höherer Bedarf an neuen spannenden Internetseiten. Dieses Projekt gibt die Chance interaktive Filme zu betrachten und sogar selbst zu erstellen.
Einsetzungsmöglichkeiten der Anwendung gibt es für beide Kernzielgruppen als unterstützendes Unterrichtsmedium zu Beginn des Studiums, der Ausbildung oder zu Fort- und Weiterbildungen.

Neben einem ausführlichen theoretischen Teil bestand meine Bachelorarbeit aus einem praktischen Teil. In diesem habe ich die Website, welche als Plattform und Verbindungsglied zu den einzelnen interaktiven Filmen dient, realisiert. Zudem habe ich eine Geschichte, die des Obdachlosen Manni, als interaktiven Film umgesetzt. Hier habe ich den gesamten Ablauf einer Filmproduktion selbst bearbeitet (Drehbuch, Storyboard, Regie, Kamera, Schnitt und Programmierung).In diesem Film habe ich mich an die selbst erstellten Vorgaben gehalten, eine Vielzahl von verschiedenen Interaktionsmöglichkeiten integriert und so gezeigt, dass die konzeptionellen Ideen und Vorgaben gut in der Praxis funktionieren.