Sven Hahne, Andreas Hirsch


Elektronenmusik

Ein Unterrichtskonzept zur medienkünstlerischen Einführung in die improvisierte Elektronische Musik


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Inhalt

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Inhaltliche Beschreibung

Im gemeinsamen Musizieren kann eine Gruppe von Menschen zu einer Gemeinschaft werden. Zusammen Improvisieren heißt zuhören und agieren, agieren und zuhören. Durch die direkte musikalische Aktion können eigene Emotionen für andere erfahrbar werden und gesellschafts- und persönlichkeitsbedingte Hemmnisse gelöst werden. Dieser Prozess kann ein wichtiges Instrument zur Identitätsbildung darstellen.
Das Projekt besteht in der Erarbeitung einer musikalischen Gruppenimprovisation mit elektronischen Alltagsgegenständen, die zu Instrumenten umgebaut werden. Hierzu gehören etwa Batterie betriebene Radios, Anrufbeantworter oder Radiowecker, was den SchülerInnen neben grundlegendem Wissen in Physik, Elektrotechnik und der Verwendung von mechanischem Werkzeug, einen direkten, intuitiven Zugang zu musikalischem Ausdruck vermittelt.

Da die Instrumente mit geringen Mitteln hergestellt werden, haftet ihnen eine ganz eigene visuelle Qualität an, die auch den Zugang zu bildhauerischen, bzw. skulpturalen medienkünstlerischen
Bereichen öffnet.
Durch die Verwendung von einfachen und billigen Materialien können die Schüler Ihre Experimente problemlos auch über den Unterricht hinaus weiterführen.


Fächerübergreifendes Arbeiten

Es ist durchaus denkbar und sinnvoll, das Projekt als eine Verbindung von Musik-, Kunst- und Physikunterricht anzulegen. Letzterer etwa unter dem Gesichtspunkt “Was ist Strom ?” und “Wie funktioniert eine elektronische Schaltung”. Im Kunstunsterricht kann die skulpturale Komponente beleuchtet werden und in Zusammenhang zu den Arbeiten von z.B. Fischli und Weiss, oder Jean Tinguely (http://www.tinguely.ch) gesetzt werden.
Darüber hinaus sind narrative Elemente für kompositorisches muskalisches Arbeiten auch äußert förderlich. Eine Verbindung zum Deutschunterricht, etwa in Form eines abstrakten Hörspiels, ist ebenfalls denkbar.


Ziele

(Emanzipatorisches) Basteln

Die Umwelt von Kindern war nie so geprägt von technischen Medien wie heute. Parallel mit der Entwicklung dieser Medien ist oft ein Rückgang sinnlicher Wahrnehmungsfähigkeiten, wie auch sozialer Kompetenzen zu beobachten. Indem man beginnt, die uns umgebenden technischen Medien entgegen ihrer eigentlichen Funktionalität zu benutzen, durchbricht man die ihnen zu Grunde liegende Konsumlogik und setzt ihr etwas Persönliches entgegen. Ein Ansatz, der durch dieses Projekt in allen anderen Bereichen des Medienkonsums zu Denkanstößen führen kann.


Improvisation

Durch die Improvisation können sehr direkt grundlegende Kenntnisse über Komposition und Musikkompetenz im Allgemeinen vermittelt werden. Neben einer Intensivierung des Gefühls für zeitliche Strukturen, Dichte und Spannungsbögen wird eine Vorstellung von Klangästhetik entwickelt.


Aufführung

Am Ende des Workshops soll eine gemeinsame Aufführung vor realem, öffentlichem Publikum stehen. Dieses soll von Anfang an als transparentes Ziel und Sinn der gemeinsamen
Anstrengungen den Schülern mitgeteilt werden. Hiermit wird die Notwendigkeit einer erfolgreichen Zusammenarbeit unterstrichen und motiviert.


Förderung des Selbstbewusstseins

Zum einen durch das Erfolgserlebnis, mit sehr geringen Mitteln und gegen den ursprünglichen Zweck etwas hergestellt zu haben, mit dem man arbeiten und Spaß haben kann, zum anderen durch das Erlebnis eines Auftritts vor Publikum, mit all der Aufregung, den Problemen und dem Applaus.


Förderung von Imagination und Erfindergeist

Aus quasi „nichts“ etwas “zaubern”. Eine ganz bestimmte Eigenschaft in einem Ding sehen und diese aus ihm herausarbeiten.


Vermittlung von technischem Know-How

Fließverhalten von Strom, Leit- und Nichtleitfähigkeit von Materialien (insbesonderem des menschlichen Körpers) werden äußert “greifbar” dargestellt.
Durch das Aufschrauben des “Materials” (der elektronischen Apparate) und dem Freilegen des Innenlebens verlieren die Apparate ihre Eigenschaft als “Black Box”, deren Funktion zwar evident, deren Funktionsweise meist jedoch gänzlich unbekannt ist.


Bildhauerei

Die Instrumente haben einen improvisierten Charakter, da sie mit bescheidenen Mitteln hergestellt werden. Dieser Charakter hat eine eigene Qualität des Imperfekten, die als ästhetisch erkannt werden kann und ein natürliches Gegenstück zu gesellschaftsinherentem Perfektionismus darstellen
kann.



Didaktik

Eine Einbettung des vorgestellten Thematik in den Lehrablauf gestaltet sich am besten als kompakte, zeitlich definierte Projektarbeit. Es soll klar sein, dass es um die Erarbeitung einer Aufführung geht und damit auch um die Kommunikation der künsterischen Arbeit an ein Publikum. Dies sollte aber nicht als Lösung einer Aufgabe unter Anleitung begriffen werden, sondern als Entwicklung, bzw. als ein Prozess, der - einmal angestoßen - unbegrenzt weitergehen kann.
Durch Schaffung einer möglichst reichhaltigen, kommunikationsorientierten Umgebung, wird auf einen Lerneffekt durch subjektive Erfahrung des Einzelnen in der Auseinandersetzung mit sich, seinem Material (bzw. Gerät und Instrument) und dem Zusammenspiel mit den anderen gesetzt und nicht auf Vermittlung eines vorgefertigten Stoffes.
Dies impliziert das Einhalten eines sensiblen Gleichgewichts zwischen dem Angebot konkreter Inhalte, wie etwa akustischer Beispiele oder konkreter Arbeitsanleitungen und dem Vorenthalten jeglicher Anhaltspunkte, also dem Wahren einer “naiven” Fantasie, die eventuell noch interessantere Blüten treiben kann, als ein unwillkürliches Nachahmen der Beispiele.
Uneingeschränkte Freiheit bei der Bearbeitung des Materials, d.h. dem Aufschrauben, Umbauen, Verunstalten und Erweitern der Geräte ist essentiell, auch wenn diese dadurch zunächst ihre Funktionalität verlieren.
Genau hier findet sich ein spannender Punkt: Dem betreffenden Gerät wird eine neue, alternative Funktionalität eingeprägt, was über das Materielle auch einen wichtigen geistigen Prozess bedeutet.
Es handelt sich also um eine zutiefst konstruktivistischen Ansatz, der eine hohe Flexbilität von Lehrer und Unterrichtssituation fordert.



Unterrichtsansätze

Rhythmische Strukturen und Klangästhetik

Dem Spielen elektronischer Instrumente setzt dieses Projekt einige grundlegenden körperlichen Übungen voraus. Die Entwicklung einer Vorstellung von klanglicher Ästhetik beispielsweise zunächst über die Stimme, als primärem “Klangerzeuger”. Man gibt eine imaginäre räumliche und kontextuelle Situation vor und stellt die Aufgabe, sich konkrete Charaktere mit charakteristischen Lauten in diesem Szenario zu überlegen. Diese Charaktäre können dann abwechselnd oder gemeinsam in einfachen narrativen Abläufen inszeniert werden, Dialoge führen, etc.

Darauf aufbauend sind strukturelle Übungen mit den gefundenen Lauten denkbar. Als serielle Abfolge mit genauer Vorgabe an zeitlicher Dimensionierung zwischen jedem Laut, was immer weiter moduliert wird. Beginnend bei einer Sekunde zwischen jedem Laut kann man immer langsamer werden, bis irgendwann 10 Sek. zwischen jedem Laut liegen, wobei man es zur Aufgabe machen kann, die gefühlte Zeit der “echten” Zeit immer weiter anzugleichen.

Weitere musikalische Parameter wie Lautstärke und Tonhöhe sind hierin integrierbar, sowohl als crescendo wie auch als decrescendo, Pausen können in ihrer Länge ständig variiert werden, ebenfalls an- und/oder absteigen.
Ab einem gewissen Punkt tritt das selbstgebaute Instrument an die Stelle der Stimme.


Modifikation von elektronischen Alltagsgegenständen

Den Unterrichtseinheiten geht eine ausgiebiger Besuch der örtlichen Flohmärkte voran, bei denen alles an möglichst alten Radios, Radioweckern, Anrufbeantwortern und sonstigen klangerzeugenden Geräten eingekauft wird, was billig und Batterie betrieben ist und nach Möglichkeit über einen eigenen Lautsprecher verfügt. Die grundlegende Modifikation besteht darin, die Geräte aus dem Gehäuse zu befreien und mit den Fingern Kurzschlüsse auf den Platinen zu erzeugen (je feuchter desto leitfähiger). Bei alten Transistorradios sind hier auf diese Weise beeindruckende Ergebnisse zu erzielen.
Die nächste Stufe besteht darin, eine Krokodilklemme an einem Pol des Lautsprechers anzubringen und das anderen Ende der Klemme an andere Lötstellen auf der Platine zu halten. Die interessanten Stellen könne markiert oder fest mit dem Lautsprecher verlötet werden. So lernt man nach und nach die Möglichkeiten des Gerätes und die Art es zu spielen kennen.

Man kann natürlich auch weitere Lautsprecher anklemmen, indem man die Pole der vorhandenen mit denen der Neuen verbindet (plus mit plus und minus mit minus). Man kann die vorhandenen Lautsprecher gegen größere ersetzen, aber auch mehrere Geräte miteinander verbinden (von Platine zu Platine), oder sich ausgefallene Mechanismen und Objekte zum Herbeiführen der Kurzschlüsse überlegen.


Zufällige Zusammenhänge entstehen lassen und erkennen

Wir verbinden in unserem Kopf automatisch sensorische Eindrücke, (Geräusche, Bilder) auch wenn diese in keinem direkten Zusammenhang zueinander stehen. Bilder können durch zufällige Geräusche, Klänge oder Musik mit Stimmungen aufgeladen werden. Eine Bewegung bzw. ein Bild können eine klangliche Stimmung mit tragen oder auch konterkarieren. Mit diesem Phänomen lässt sich spielen: 1 Gruppe überlegt sich, wie/was sie spielen wollen, eine andere Gruppe spricht sich ab, welche Pantomime sie vorführen. Zwischen den beiden Gruppen gibt es keine Absprache. Es folgt eine Vorführung mit Begleitung. Welche Zusammenhänge entstehen dabei ? Welche Zusammenhänge lassen sich nutzen für das gemeinsame Musikmachen und Improvisieren?

Variante: Ein oder zwei Kinder machen eine Pantomime, ein oder zwei andere spielen dazu auf ihren Instrumenten. Die anderen Kinder schauen zu. Dann wird die Vorführung besprochen. Gerade bei diesem Spiel lässt sich sehr schön eine Konzertsituation erproben. Die Motivation kann dadurch noch erhöht werden.


Die Gruppenimprovisation vorbereiten

Um das Enstehen eines völligen Chaos beim Improvisieren einer Gruppe von Schülern zu vermeiden, ist es sinnvoll, zunächst mit kleineren Besetzungen, z.B. mit Duos, anzufangen.
Am besten inszeniert man einen kleine Bühnensituation und schafft so auch die Möglichkeit zu einer unmittelbaren Reflexion über die Besonderheiten von Präsenz und Wirkung der Vorführung bzw. Aktionen. Eine zunächst äußert beschränkende Vorgabe, einen einfachen sequentiellen Dialog
zwischen den beiden Duopartnern stattfi nden zu lassen (wiederum mit konkreter Vorstellung von Charakteren), schafft ein klare Ausgangsbasis und kann nach und nach ausgeweitet werden zu immer freieren zeitlichen Dimensionierungen der einzelnen Aktionen.

Nachfolgend können die Gruppen zu Trios erweitert werden, oder man lässt zwei Duos miteinander spielen, wobei ein Duo möglichst wie ein einziger Klangkörper agiert. Eine weitere Möglichkeit zur Organisation einer klaren Struktur, von der aus man sich ins Chaos begeben kann, wäre das Einführen eines Dirigenten. Nachdem man sich mit der Funktion des Dirigats und den Zeichen vertraut gemacht hat, können auch die SchülerInnen diese Funktion einmal übernehmen.

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  • › Video Ausschnitt aus der Präsentation des Projektes im Animax Bonn [9 MB ] [link 14]
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