Florian Miosge

BLiNK _ DAS VERPASSTE BILD

Eine multidimensional echtzeit-analytische Videoinstallation

Nominee of the digital sparks award 2006

BLiNK _ DAS VERPASSTE BILD

BLiNK _ DAS VERPASSTE BILD

Media Files

Content Description

Täglich betrachtet der Mensch unterschiedlichste Formen audiovisueller Medien. Auch dabei muss die Netzhaut befeuchtet werden; wir blinzeln – selbstständig und größtenteils unbewusst. Wie oft und wann – in welchen Momenten blinzeln wir beispielsweise bei der Sichtung eines Kinofilms? Reagiert unser Blinzelverhalten auf das Wahrgenommene? Haben Spannung, Anspannung, Entspannung in vorgegebenen filmischen Rhythmen (jeder erdenklichen Art) Einfluss auf unser Blinzelverhalten? Entsteht parallel zum audiovisuellen Rhythmus des Gezeigten ein erkennbarer Blinzel-Rhythmus beim Betrachter – und wenn, wie sieht dieser aus - ist er nur ähnlich, synchron oder total gegenläufig? Gibt es Synchronismen in der Wahrnehmung unterschiedlicher Menschen – gibt es Ähnlichkeiten unter verschiedenen Probanden in den verpassten Bildern? Und ist es möglich, am Blinzel-Rhythmus (der Anzahl der verpassten Bilder) die Aufmerksamkeit eines Menschen abzulesen? Kann der Blinzel-Rhythmus durch die Auswahl und Kombination audiovisueller Materialen beeinflusst oder sogar gesteuert werden?

"BLiNK" ist eine multidimensionale Videoinstallation, die wissenschaftliche Analysemethoden in Echtzeit nutzt, um diesen Fragenstellungen und Gedanken der Montage- und vor allem Wahrnehmungs- und Kognitionstheorie in Bezug auf audiovisuelle Medien näher zu kommen. Die Installation macht dabei Lösungsansätze zu diesen Fragen im Raum künstlerisch erfahrbar – lässt den Rezipienten an der ganz persönlichen Wahrnehmung einer fremden Person teilhaben und gibt ihm dabei die Möglichkeit, diese mit der eigenen abzugleichen und zu hinterfragen. Möglich ist dies durch verschiedene, vom Probanden ausgehende Videoströme – er ist demnach die "menschliche Datenquelle" und liefert seine Augenbewegungen (Saccaden), den Blinzelrhythmus, sein Augenbild und u.a. eine Subjektive seines Blickfeldes mit einem live erzeugten Blickpunkt; hier ergibt sich für den Rezipienten der Installation die Möglichkeit, direkt in die visuelle Wahrnehmung einer fremden Person zu schlüpfen und dabei zu erleben, welche Bildinhalte mit welcher Intensität vom Probanden (der sowohl als Mensch und als auch als Videostrom in der Installation sichtbar ist) betrachtet werden.

Die Basis der Installation ist ein mobiles (head-mounted) Eyetracking-System, das dem Probanden in diesem Fall ermöglicht, in entspannter Haltung und Position audiovisuelles Material zu erleben, gleichzeitig aber als entscheidender Lieferant "menschlicher Daten" Teil der Videoinstallation zu sein. Durch die Analyse und die Verarbeitung aller gewonnenen Daten und Videoströme in Echtzeit, können Bilder und die Ergebnisse aus der Kombination der Daten und Bilder des Probanden in der Installation wiederum direkt in Bezug zueinander gesetzt, vom Rezipienten betrachtet und mit der eigenen Wahrnehmung abgeglichen werden. Die Einzigartigkeit dieser zum einen visuell reizvollen und zum anderen analytisch überaus interessanten Bilder in ihrer direkten Gegenüberstellung und Vereinigung im Raum machen die Wahrnehmung des Probanden in der Installation nachvollziehbar – lassen dessen eigenen Rhythmus des Blinzelns spürbar und sichtbar werden.

Komponenten zu diesem Erlebnis sind ein bildfüllendes Augenvideo des Probanden, das jede Augen- und Pupillenbewegung/ -veränderung sichtbar macht; dabei dienen die aus dem Augenvideo ermittelten Eyetracking-Daten gleichzeitig dazu, über eine weitere Software das vorgeführte Testvideo (z.B. einen Filmauschnitt) in den Blinzel-Momenten mit Auslöschungen zu versehen – diese Bilder (Frames) hat der Proband verpasst bzw. nicht gesehen; dabei wäre auch denkbar die Echtzeit-Auswertung an dieser Stelle umzukehren und alle verpassten Bilder während der Sichtung zu sammeln, um sie dem Probanden dann z. B. als Collage aus Film-Stills ausdrucken und somit die verpassten Bilder nachreichen zu können. Es besteht außerdem die Möglichkeit "BLiNK" als Experiment bzw. Studie über einen bestimmten Zeitraum mit einer Vielzahl von Probanden zu betreiben und die oben beschriebenen Ergebnisse nachträglich (postproduziert) als Installation erlebbar in den Raum zu bringen; hier ergäbe sich eine weitere Option des Projekts, denn die Probandenergebnisse an sich mit ihrer von Mensch zu Mensch variierenden Wahrnehmung könnten sich nun in der Installation direkt gegenüberstehend als weiterer, künstlerisch erlebbarer Forschungsansatz präsentiert werden.