Ulrike Kobelius

ALTES HANDWERK

Panoramabilder und Hörstücke

Titelbild des Booklets

Titelbild des Booklets

Inhaltliche Beschreibung

Ausgangspunkt für meine Diplomarbeit zum Thema »Altes Handwerk« war die Werkstatt der Handwerker. Sie ist der Raum, in welchem sich der Handwerker jeden Tag von morgens bis abends aufhält. Sie ist der Ort der Arbeit, der mit seiner Räumlichkeit das Leben des Handwerkers prägt und gleichzeitig das Schaffen des Handwerkers widerspiegelt.

Deshalb habe ich mich entschieden Panoramabilder der Werkstätten im Format QuickTimeVR zum Mittelpunkt meiner Arbeit zu machen. Dabei handelt es sich um digitale Panoramabilder, die in der Regel 360°, also die gesamte horizontale Umgebung zeigen. Auf dem Bildschirm sieht man nur einen Ausschnitt des Bildes, kann sich aber mit der Maus in jede Richtung bewegen, auch an die Decke und auf den Fußboden. Man hat sozusagen das Gefühl, (wenn man vergisst, dass man am Computer sitzt), dass man in der Mitte des Ortes steht und sich in jede beliebige Richtung um die eigene Achse drehen kann. Mit dieser Technik kann ich Werkstattfotos zeigen, in denen der Betrachter »wandern« kann. Der Betrachter entscheidet, welcher Gegenstand ihn interessiert, ob er nach links oder rechts guckt, einen Überblick möchte oder ein Detail. Nur wenn er sich selbstständig im »Raum« bewegt, kann er Neues entdecken.

Diese Art der Darstellung ermöglicht mir, die Werkstatt wie ein Technisches Denkmal im virtuellen Raum zu zeigen. Ich kann, wie im Museum, nichts berühren oder ausprobieren, aber ich darf mir alles anschauen und mich im Raum bewegen. Da, wie auch im Museum, nicht jeder Gegenstand beschriftet ist, wird der Besucher intuitiv an die Gegenstände herangeführt. An diesem Punkt wollte ich ihn nicht allein lassen, sondern ihm die Möglichkeit geben, im Interview mit dem Handwerker Neues zu erfahren und typische Arbeitsgeräusche aus der Werkstatt zu hören. So erhält der Besucher nicht nur Informationen zum Beruf, sondern erfährt auch etwas über den Handwerker als Person.

Um den menschlichen Bezug zu verstärken, zeige ich zusätzlich Portraits der Handwerker. Diese sind abgekoppelt von den digitalen Werkstattbildern im Booklet abgebildet, um die Unmöglichkeit zu unterstreichen, einen Charakter oder etwas Lebendiges und mit ihm Wissen und Erfahrungen zu konservieren. Gleichzeitig verleihen sie der Arbeit einen persönlichen Bezug. Damit möchte ich vor allem eine Sensibilisierung für den Beruf und das Handwerk allgemein erreichen. Interessiert sich der Besucher für bestimmte Details, ist er aufgefordert sie selbst herauszufinden.

Die Hülle für die CD ist aus einem natürlichen Material hergestellt, um durch Haptik und Material das Thema »Handwerk« zu unterstreichen. Ich entschied mich für ein Recyclingmaterial, einen dunkelgrauen Lederfaserstoff. Durch die Verwertung von Resten und Abfall für die Herstellung dieses Stoffes wird eine nachhaltige Lebensweise unterstützt. Nachhaltigkeit und umweltfreundliches Verhalten wird in den meisten Handwerksberufen vorgelebt. Zum Beispiel bestehen die meisten Materialien aus natürlichen Stoffen, sie werden sparsam eingesetzt und der größte Teil der Produkte kann repariert werden.


Meine Wunschpräsentation

Die Präsentation meiner Arbeit sehe ich als Erstes in Form einer Ausstellung. Im Idealfall bekommt jeder Handwerker im Raum einen eigenen großen Bildschirm mit zugehörigen Kopfhörern. Während ich mir die Werkstatt anschaue, erfahre ich über die Stimme des Handwerkers Interessantes aus dem Beruf. An der Wand neben dem Bildschirm sehe ich das Portrait des Werkstattmeisters und den Text zur Vorstellung seiner Person, welche sich bei der CD im Booklet befinden. Zusätzlich wird neben dem Bildschirm ein Produkt aus der Werkstatt ausgestellt. Es ist erlaubt, den Gegenstand anzufassen oder in die Hand zu nehmen. Auf diese Weise soll der Bezug zur realen Welt hergestellt werden. Man kann sehen, dass es sich nicht nur um einen medialen Beitrag handelt, sondern in der Werkstatt Dinge entstehen, die man anfassen und benutzen kann. Interessiert sich der Besucher für einen Beruf näher, findet er in der Mitte des Raumes neben einem gemütlichen Sofa Bücher zum Thema.

Es ist mir wichtig, dass es Führungen gibt, so dass Ältere Besucher an den Umgang mit der Technik herangeführt werden, während man mit Jüngeren nach dem Anschauen der Bilder gemeinsam über offen gebliebene Fragen spricht. In der Ausstellung ist es daher für die Betrachter nicht nötig, einen Computer perfekt zu beherrschen.

Des weiteren wäre es schön, wenn es im Anschluss an die Ausstellung weiterführende Angebote gibt. Ich kann mir Werkstattbesuche bei Handwerkern vorstellen oder eine sich anschließende Werkstatt, in der man zum Beispiel das Weben, Arbeiten mit Holz oder Textildruck ausprobieren kann. Aus diesem Grund stelle ich mir als Ausstellungsort in erster Linie Museen für Technik und Sonderausstellungsräume in Technischen Denkmälern vor.

Aber auch eine Präsentation in Heimatmuseen, welche alte Handwerksberufe vorstellen, finde ich schlüssig. Dort hätte man sicher nicht so viel Platz und nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Deshalb kann ich mir an so einem Ort ein einzelnes Computerterminal vorstellen, auf welchem alle Handwerksberufe innerhalb einer Präsentation gezeigt werden. Dieses Terminal würde im Kontrast zur herkömmlichen Präsentation der Berufe stehen, eine gegenwärtige Auseinandersetzung zu diesem Thema repräsentieren und das zünftige Handwerk mit dem Alltag der Museumsbesucher verknüpfen.

Eine weitere Verwendung meiner Arbeit sehe ich als Klassensatz in der Schule. Ich könnte sie mir als Diskussionseinstieg in den Unterricht vorstellen. Sie bietet unterschiedliche rezeptive Niveaus, indem man entsprechend des Unterrichtsziels über die Bilder redet und zum behandelnden Thema überleitet. Ein Projekt unter dem Titel »Berufe unserer Großeltern« findet seit 2004 in der Voltaireschule in Potsdam im Austausch mit Portugal, Estland, Frankreich und Italien statt und bestätigt meinen Ansatz.


Die Ausstellung im Technischen Denkmal "Neue Mühle" Erfurt

Ich konnte das Stadtmuseum Erfurt gewinnen, meine Diplomausstellung im Technischen Denkmal Neue Mühle zu zeigen. Die Arbeit war sechs Wochen im Sonderausstellungsraum der zum Technischen Denkmal umgestalteten Wassermühle zu sehen. Hier fand auch meine Verteidigung statt.
Die Ausstellung bestand aus einen abgetrennten Bereich, in welchem die Handwerker vorgestellt und die Produkte ihrer Arbeit ausgestellt wurden. Im Eingangsbereich der Ausstellung befanden sich hingegen die Computer mit den digitalen Panoramabildern und den Hörstücken. Zum Tag des Offenen Denkmals wurde die Ausstellung von den Besuchern sehr gut angenommen.