Jennifer Eifler

We don't sweat, we shit perfume

Audio- und Videoinstallation zur Körperwahrnehmung

Nominee of the digital sparks award 2006

We don't sweat, we shit perfume

We don't sweat, we shit perfume

University / department

Universität Bayreuth
Theater und Medien

University URL

» http://www.theaterwi…dienperformances.html

Project supervisor

Dr. Martina Leeker

Supervisor commentary

Die Videoinstallation "WE DON’T SWEAT, WE SHIT PERFUME" von Jennifer Eifler entstand im WS 05/06 im Seminar "Projekte im Digitalen Studio" (s.u.) und wurde während einer Präsentation zum Semesterende erfolgreich erprobt. Es handelt sich um eine Arbeit einer Studentin im 1. Semester im BA Theater und Medien. Es ist bemerkenswert, dass Jennifer Eifler sich in einem Semester so weit in Max/ MSP/ Jitter einarbeitete, dass sie die nötigen Patches für ihre Installation zunehmend selbständig programmieren konnte.
Herauszuheben sind in der Arbeit von Jennifer Eifler (1) die besondere Qualität der Ausführung, (2) die mit ihr hergestellte Interaktion sowie (3) die differenzierte Reflexion des Status von Körperlichkeit.
Die Installation besticht (1) durch ihre Schlichtheit und Eleganz und leistet damit einen besonderen, unprätentiösen Beitrag zum Bereich interaktive Installationen. Das Interface, ein Midi-Keyboard, die Filme, die aufgezeichneten Körpergeräusche sowie die drei Phasen der Installation sind angemessen und von einer gradlinigen Präzision. Gebrauch und Funktion der Installation sind dadurch intuitiv zu erfassen. Durch diese Qualität der Gestaltung wird ein ruhiges, bedächtiges und beschauliches Mittun möglich. Es handelt sich also um eine absolut stimmige, wohldurchdachte und präzise Installation.
Auf Grund ihrer präzisen und unprätentiösen Dramaturgie und Struktur leistet die Arbeit (2) einen eigenen Beitrag zum Bereich der 'interaktiven Installationen'. Deren Problem ist oftmals, dass die Verweildauer äußerst kurz ist, da die Interaktion entweder nicht klar genug – oder zu klar – zu durchschauen ist. Oder das Angebot zur Interaktion erschöpft sich nach kurzer Zeit. Dieser problematischen Konstitution begegnet die Installation und lädt – wie bei der öffentlichen Präsentation deutlich wurde – zu einem langen und konzentrierten Verweilen ein. Denn in der Interaktion kann sich der Besucher durch sein Tun seinen eigenen Film und seine eigene Komposition zusammenstellen. Der Performer ruft durch Betätigen der Tasten Töne und Filme zu Körpergeräuschen auf, die ästhetisch äußerst ansprechend sind. Schlägt er mehrere Tasten zur gleichen Zeit an, werden mehrere Filmclips überblendet, so dass die filmische Ebene immer interessant bleibt. Da die Videoclips zudem so konzipiert und ausgeführt sind, dass sie gleich einem Memory-Spiel gut wieder zu erkennen sind, wird ein gezieltes Aufrufen ermöglicht. Jennifer Eifler entscheidet sich sehr klug dafür, angenehme und nicht tabuisierte Körpergeräusche zu verwenden. Hier geht es nicht um Action oder Schockerlebnisse, sondern darum, eine Bezogenheit auf den eigenen Körper und die Körperwahrnehmung zu ermöglichen. Die besondere Qualität der derart strukturell ermöglichten Interaktion ist nun, dass der Besucher das Instrument gleichsam erlernt, d.h. er kann sich recht schnell in der Belegung der Tasten des Keyboards mit Tönen und Filmen orientieren, sodass er sie gezielt aufrufen, mithin komponieren kann. Interaktion als eine der zentralen ästhetischen Kategorien der Medienkunst wird in der Installation auf eine sehr sanfte und wertschätzende Art von der Autorin inszeniert. Der Besucher wird insofern ernst genommen, als er eine Kompetenz zur Bedienung der Instrumentes erlangen kann. Und er wird nicht brüskiert, sondern mit angenehmen Filmen und Tönen konfrontiert, die Interesse auslösen und Lust bereiten.
Konzeptuell besticht die Installation durch die Verbindung von (a) Körpergeräuschen mit Filmclips, die Assoziationen visualisieren, die Testpersonen zu den Geräuschen hatten, mit (b) dokumentarischen Clips, die die Herstellung der Körpergeräusche zeigen. Können schließlich (3) in der dritten Phase assoziative Filmclips und “Originale” gemischt werden, besteht der Reiz der Interaktion darin, die Verbindung von Ton und Bild und damit die Überlagerung von Körperwahrnehmung und Körpererfahrung mit medialen Schablonen zu befragen und zu verändern. In der Konfrontation der beiden Filmkategorien gelingt es, mit der Installation in besonderer Weise auf den Körper zurückzuführen. Es wird nicht schlicht ein unmittelbarer Zugang zum Körper behauptet, der ja paradoxerweise mit höchst technischen Mitteln ermöglicht würde, nämlich Filmen, digitalen Tonaufnahmen und einer Datenverwaltung im Computer. In der Begegnung mit der Installation wird vielmehr deutlich, dass Körperlichkeit immer eine vermittelte, mediatisierte ist. Es kann nicht darum gehen, diesen Status zu ignorieren, gar zu leugnen. Angemessen scheint vielmehr zu sein, sich mit unterschiedlichen Formen der medialen Überblendung und Überlagerung von Körperwahrnehmung und Körpererfahrung auseinandersetzen und deren Wirklichkeiten und Potenziale je differenzieren zu lernen.

Course abstract

Die Arbeit an Projekten zu Theater/Performance und Installationen mit Video und Computer wird im Rahmen der Juniorprofessur Theater und Medien im gleichnamigen BA im fakultativen Lehrbereich "Projekte im Digitalen Studio" angeboten. Die Studierenden erhalten hier ein Angebot, zusätzlich zu ihren obligatorischen, an der Grundlagenausbildung zu Fernsehen und Internet orientierten Seminaren, praktische und theoretische Qualifikationen im Studien- und Arbeitsbereich Theater und Medien bzw. Medienkunst oder Experimentelle Medienarbeit zu erwerben. Grundlage ist zum einen der Umgang mit Max/ MSP/ Jitter, der in Lehrkooperation mit Jeremy Bernstein und Martin Slawig vermittelt wird. Zum anderen basieren die Projekte auf einer Ausbildung im Experimentalfilm in Lehrkooperation mit Dominik Busch.

Die Arbeit entstand in den "Projekten im Digitalen Studio" im Wintersemester 2005/ 2006 zum Thema "BODIES":
"Der Körper ist in je unterschiedlicher Weise zentraler 'Angriffspunkt' des Theaters sowie elektronischer Medien (der Körper im elektronischen Bild, der Körper als Interface zu digitalen Technologien). Im Mittelpunkt des Seminars steht die Auseinandersetzung mit Techniken und Ästhetiken Körper und Medien zu verbinden. Welche Möglichkeiten ergeben sich (1) aus der Konstruktion des Körpers in elektronischen Bildern? Wie kann (2) der Körper als Datengeber für den Computer dienen, was kann der Rechner mit diesen Daten anfangen und welche Möglichkeiten ergeben sich in der Interaktion mit dem Computer für Theater/ Performance?"

Relation to the research area

Lehre und Forschung zu Performances und Installationen mit Computer und Video finden im Rahmen der Juniorprofessur Theater und Medien im gleichnamigen BA an einer geisteswissenschaftlichen Fakultät statt (Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth). Die Arbeit umfasst performative, filmische und installative Projekte mit Video und Computer. Im genannten Kontext kann die Arbeit weder einer genuin technischen noch einer genuin künstlerischen Ausbildung dienen. Den Studierenden sollen vielmehr durch die eigene Praxis mit Medienkunst theoretische, ästhetische und technische Grundlagen vermittelt werden, die sie dazu befähigen, als 'content giver' (z.B. Dramaturgen, Redakteure, Journalisten, Kulturmanager, Produzenten) im genannten Bereich tätig zu werden. Vor diesem institutionellen und curricularen Hintergrund steht in der Arbeit mit Medienkunst und Performance in der Juniorprofessur die Medienreflexion im Vordergrund. Ziel ist, die Studierenden zu einem medienreflexiven Konzipieren und Gestalten anzuleiten und sie derart zu einem kritischen und innovativen, d.h. gängige Formate reflektierenden Gebrauch von Medien zu befähigen.
Diese Ziele zu erreichen, werden drei Methoden angewandt und erforscht:
1. Schwerpunkt in der Juniorprofessur ist die experimentelle künstlerische Medienarbeit. Der Fokus liegt je bei einer reflexiven Auseinandersetzung mit Medientechnologien und deren kulturellen Auswirkungen. Mit Mitteln experimenteller, d.h. die technischen Materialitäten von Medien fokussierender, künstlerischer Arbeitsweisen wird eine kritische und humorvolle Reflexion von Monitoren, Video, Computer und Internet konzipiert und umgesetzt.
2. Um die medienreflexive Arbeit zu ermöglichen, wird die praktische Arbeit mit theoretischen Grundlagen zu Geschichte, Theorie und Epistemologie von Computer, Theater als Mediengeschichte sowie von elektronischen Bildmedien unterfüttert.
3. Als besonderes Mittel der Medienreflexion wird die Konfrontation von Computer und elektronischen Bildmedien mit theatralen und performativen Techniken erprobt und erforscht. Der forschungsleitende Gedanke ist, dass gerade in dieser Begegnung äußerst unterschiedlicher Techniken und Technologien deren je eigene mediale Spezifik herausgearbeitet werden kann. Auf diese Weise kann ein medienreflexives Arbeiten entstehen, dass die Strategien der Medien, Wirklichkeiten und Wahrnehmung zu generieren, in der Art der Gestaltung der Projekte sichtbar und wahrnehmbar werden lässt.