Fabian Hemmert, Susann Hamann

Die digitale Sanduhr

Die digitale Sanduhr ist ein Wecker, der dem einfachen Interaktionsprinzip einer Sanduhr folgt.

Nominee of the digital sparks award 2006

Die digitale Sanduhr

Die digitale Sanduhr

Content Description

Annähernd jeder Wecker, der heute erhältlich ist, bezieht sich in Form und Funktion auf den Zeitpunkt des Aufstehens. Die Dauer des Schlafs rückt dabei mehr und mehr in den Hintergrund.

Wie müßte also ein Wecker aussehen, der die Länge des Schlafs (und damit seine Qualität) aufgreift und so klar kommuniziert, daß man nicht nur schläft, um pünktlich wieder aufzustehen?

Statt Hektik und <Ticken> zu symbolisieren, sollte unser Wecker eine ruhige Form haben, die im Idealfall sogar das nächtliche Ablesen auf einen einzigen Blick reduziert. Die geistige Leistung, im Schlummer zu

- lesen, wie spät es ist
- erinnern, wann der Wecker klingelt
- rechnen, wie lange das noch dauert

erschien uns als nicht angemessen. Hinzu kam das wirre Interaktionsprinzip aktueller Wecker: 2x "SET", dann "MIN" gedrückt halten und anschließend "-","-","-","-" ... - intuitiv ist das nicht. Wir führten in unserem Kurs Untersuchungen und 'thinking-aloud' Protokolle an Unbeteiligten durch, die mit vielen der momentan erhältlichen Wecker überfordert waren.

Die Idee entstand in der Cafeteria - statt Dösen gab es Kaffee und Saft. Wir stellten die Flasche (zugegeben: aus Langeweile) auf den Kopf und die Idee war geboren.

Welche Zustände hat eine Sanduhr? Was drückt sie aus? Wie würde eine digitale Sanduhr aussehen?

Nach einem Videoprotoypen und einigen 3D-Mockups begannen wir mit der Konstruktion unseres Objekts. Wir haben das Wiring-Board verwendet, um die LEDs einfach in unsere Schaltlogik integrieren zu können:

Steht die Uhr, soll sie laufen.
Liegt die Uhr, soll sie sich abschalten.
Hält man sie geneigt in der Hand, sollte man sie stellen können.

Kein einziger Knopf, eine klare und schlichte Digitalisierung durch die LEDs und nicht mehr als unbedingt nötig. Über Neigungssensoren konnten wir die Zustände schnell erfassen, drei kleinere LEDs würden das "Rieseln" der Zeit symbolisieren.

Unsere Untersuchungen im Kurs hatten ergeben, dass die Schlummerfunktion für einen Großteil der Benutzer sehr wichtig ist. In unserem Fall wird sie über ein Umdrehen des Weckers aktiviert, wenn der Alarm ertönt - wie bei einer analogen Sanduhr, wenn man mehr Zeit benötigt.

Ein Problem war es, den Zeitpunkt des Abschaltens zu finden. Die Uhr würde sich in der Waagerechten befinden, aber natürlich sollte sie sich nicht abschalten, wenn sie horizontal in der Hand gehalten würde. Wir haben den Schwerpunkt des Geräts also nach vorn verlagert, so dass sich das Gehäuse auf das Display rollt, wenn es liegt. Diesen Zustand konnten wir ebenfalls über einen Neigungssensor abfragen.

'Just enough prototyping' lautete das Ziel des Kurses bei Prof. Reto Wettach. Wir halten es deshalb für legitim, daß unsere "Sanduhr" derzeitig kein Geräusch macht um zu wecken. Wir haben uns auf die Interaktion konzentriert. In den nächsten Schritten würden wir ein taktiles Feedback hinzufügen, so daß man tatsächlich etwas "fallen" spürt, wenn man die "Sanduhr" stellt.

Interessant finden wir auch diese Ansatzpunkte für unsere Zielgruppe, die sich aus dem Konzept ergibt:

- Wahrung des Luxusguts Schlaf
- Lösen aus der täglichen Hektik
- bewußter Leben

Diese Tendenz ist in unseren Augen ungewöhnlich für ein Objekt, das in eine digitale Form umgewandelt wird.

Die Ästhetik einer klassischen Sanduhr können wir hier bei weitem nicht übertreffen - aber wir können sie zu neuem Leben erwecken, indem wir ihr Prinzip in einen aktuellen Kontext setzen - und so das digitale in den Raum bringen.