Sascha Pohflepp

Eavesdripping

Wasser als physisches Display

Nominiert für den
Digital Sparks Award 2006

Inhaltliche Beschreibung

In Zusammenhang mit dem, was mittlerweile gewöhnlich Physical Computing gennant wird, haben sich eine Reihe von Ansätzen entwickelt, wie man computergenerierte visuelle Information anders als mit Röhren- oder TFT-Monitoren darstellen könnte. Wie Ullmer und Ishii in ihrem Paper "Emerging Frameworks for Tangible User Interfaces" hervorheben, gibt es "a growing space for interfaces in which physical objects play a central role as both physical representations and controls for digital information."

Diesem Ansatz folgend, zeigen gegenwärtige Beispiele von physischen Displays andere Arten der "Kopplung" von Erfahrbarkeit und Raum mit vormals nicht berührbarer, digitaler Information. Das Resultat ist oft ebenfalls eine flache, pixelartige Repräsentation, aber stets fesselnder als das Fenster ins Virtuelle, wie man es in traditionellen Displays findet, was auch der aktuelle Diskurs über die so genannten Urban Screens zeigt.

Um sich im Feld der körperlich-räumlichen Erfahrung zu verankern, beziehen sich viele der tangiblen Technologien auf Alltagserfahrung. "Eavesdripping" arbeitet mit Wasser, da ein wohlbekanntes Material hilft, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erhöhen und eine größere Zugänglichkeit der Arbeit herstellt. Gleichzeitig eröffnet sich die Möglichkeit, das Dargestellte über die Konnotation des benutzten Mediums zu metaphorisieren, ohne in der Arbeit darauf eingehen zu müssen. Besonders Wasser ist, als eine der Konstanten des Lebens, durch alle Kulturen hindurch mit Bedeutung aufgeladen, von der eine Darstellung, die auf und in Wasser passiert, profitieren kann.

"Eavesdripping" baut auf verschiedene Referenzprojekte auf und versucht deren starke Aspekte zu kombinieren, um ein System zu bauen, das vielseitig funktioniert und – obwohl stets auch zur direkten Vermittlung von Information geeignet – bewusst mit seinen besonderen Eigenschaften spielt. Da die eigentlichen Bilder auf der Wasseroberfläche in schneller Folge reproduziert werden, hat die Darstellung – genau wie das Bild auf einer Leinwand – einen sehr vergänglichen Charakter. Die Tropfen verschwinden fast augenblicklich und vermischen sich mit dem restlichen Wasser. Zwischen der Wasseroberfläche und den Ventilen entsteht im Betrieb eine Säule aus fallenden Tropfen. Während die Wasseroberfläche die Gegenwart des Bildes darstellt, repräsentieren die Tropfen darüber auf eine Art die Zukunft. Wie bei vielen Arbeiten aus dem Bereich des sogenannten Split-Scan-Imaging ist dies besonders im Bereich von Bewegtbild interessant – geschieht aber bei "Eavesdripping" tatsächlich im Raum und nicht auf einem Bildschirm. Die dritte Eigenheit bezieht sich ebenfalls auf den Raum zwischen den Magnetventilen und dem beleuchteten Wasser (siehe Technik). Die Tropfen vermitteln den Eindruck, auf ihrem Weg durch den Raum aufgeladen worden zu sein, was interessante Darstellungsanwendungen im Bezug auf das Volumen des Raumes erlaubt.

Die erste Anwendung, die "Eavesdripping" auch den – aus "Eavesdropping" (Abhören) und "Dripping" (Tropfen) zusammengesetzten – Namen gibt, spielt mit dem Motiv der informationellen Aufladung. Die Installation umfasst eine Software, mit der man die Inhalte von Netzwerkpaketen im lokalen drahtlosen Netzwerk als Klartext anzeigen kann. Die sozusagen aus der Luft abgefangenen Worte werden auf dem Wasser dargestellt, sodass für den Betrachter der Eindruck entsteht, als ob die Worte aus der Luft gewaschen würden.
Andere denkbare Anwendungen entfernen sich von den elektromagnetischen Eigenschaften des Raumes hin zu verschiedenen Interaktionen mit der Bewegung der Betrachter und der Umwelt sowie der Darstellung von anderer textueller oder grafischer Information.

Die Rolle, die Eavesdripping zwischen einem Ambient Display und einem klassischen Informationsdisplay einnimmt, erlaubt die Repräsentation von verschiedensten Inhalten, während der installative Charakter des Systems erhalten bleibt. Dies führt dazu, daß die Arbeit sich an einer bisher unbesetzten Stelle im Feld zwischen visueller Darstellung, Architektur und der Verbindung von natürlichen Mitteln und Technologie befindet, die sie für eine Vielzahl von interessanten Anwendungen geeignet macht.