Evelyn  May


tempo

Zwei Übungsprogramme für und wider das Warten. Videoprojektionen in U-Bahnhaltestellen.


Still: Übungsprogramm 1 [link 01]

Still: Übungsprogramm 1

Kurzdarstellung

Kurzbeschreibung

Was machen Sie in der U-Bahnhaltestelle, wenn Sie warten? Eine Möglichkeit besteht darin, die Videoanzeigen von Infoscreen zu verfolgen. Das Warten wird so angenehmer und Sie vergessen für einen Augenblick, dass Sie eigentlich gerade warten.
Ich nutze in meiner Arbeit diese Projektionswände und spiele gleichzeitig mit ihren Raumfunktionen. Ich thematisiere aktuelle Gedanken des "Zeitmanagement" an einem Ort, der vom Warten und von Abfahrtszeiten geprägt wird. Die beiden Videos "tempo_Übungsprogramm1" und "tempo_Übungsprogramm2" sind im Rahmen des normalen Infoscreen-Programms zu sehen und erwecken zunächst den Eindruck eines Fitnessprogramms am U-Bahngleis: Training statt Trägheit. Schnell sehen sich die BetrachterInnen jedoch mit ihrer eigenen Warteposition vor der Leinwand konfrontiert. Alltägliches erscheint im Spiegel. Raum und Gegenraum, BetrachterIn und Filmakteurin treten in Beziehung zueinander. Eine Alltagssituation wird neuartig wahrnehmbar.

KünstlerInnen / AutorInnen

  • Evelyn  May

MitarbeiterInnen

  • Thomas  Lange, Kamera-Assistenz
  • Ben Powell, Technische Beratung

Entstehung

Deutschland, 2005-2006

Partner / Sponsoren

Die Videos entstanden im Rahmen meiner Abschlussarbeit im Bereich Plastik und interdisziplinären Arbeiten bei Prof. Ursula Bertram.
Für die Drehgenehmigung in der U-Bahnstation gilt mein Dank den Dortmunder Stadtwerken. Im April 2006 werden die Videos voraussichtlich mit Unterstützung der Firma Infoscreen GmbH in U-Bahnhaltestellen zu sehen sein.

Eingabe des Beitrags

Evelyn May, 27.01.2006
ev.may@gmx.de [link 02]

Kategorie

  • künstlerische Arbeit

Schlagworte

  • Themen:
    • Konzeptuelle Arbeit |
    • Wahrnehmung |
    • Medienkunst |
    • öffentlicher Raum |
    • Cultural Studies
  • Formate:
    • Projektion
  • Technik:
    • Digitales Video

Ergänzungen zur Schlagwortliste

  • U-Bahnhaltestelle |
  • Zeit |
  • Geschwindigkeit

Kontext

Hochschule / Fachbereich

Universität Dortmund
Institut für Kunst und materielle Kultur, Fachgebiet: Plastik und interdisziplinäres Arbeiten

URL der Hochschule

» http://www.uni-dortmund.de [link 03]

Betreuer des Projekts

Prof. Ursula Bertram

Kommentar des Betreuers

„Experimentelle Zeitproben im interdisziplinären Raum“

gewidmet. Sie hat die Auseinandersetzung mit dem städtischen Raum in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Recherche gestellt. Dabei zeigt sie sich als aufmerksamer Beobachter der örtlichen Gegebenheiten, der alltäglichen Gegenstände und ritualisierten Handlungsabläufe. Sie nutzt ihre Beobachtungen zu reduzierten und intelligenten Eingriffe vor Ort. Bestimmte Handlungsweisen (warten) verdeutlicht und kontakariert sie mit einem stets auf die Situation bezogenen künstlerischen Repertoire. Ihr minimalistischer Ansatz ist ausgesprochen vielfältig. In diesem Zusammenhang entstand die Installation im Westpark, die interaktive Arbeit "Wartepedale", die Installation "Zeitzonen" mit den Arbeiten "Himmel und Hölle", "Gedankenkreise" und "Zeitstrahlen", die Videoinstallation "Tempo", teils mit Ton/Musik verknüpft.
Ihre Experimente und Entwürfe sind gekennzeichnet von einer intensiven Thematischen und räumlichen Erkundung. Sie fand Parallelen der Begrifflichkeit 'Tempo' im Bereich Musik und übertrug diese wieder auf Alltagssituationen, um so 'Tempobilder' in den öffentlichen Raum zu übertragen. Sie vergleicht den Prozess der Tempi in der Musik auf den gleichlaufenden gesellschaftlichen Beschleunigungsprozess.
Sie trennt sich von dem Gedanken, Interaktionen vorzuprogrammieren und widmet sich den nicht vorhersehbaren offenen Prozessen.
Ihre Raumwahrnehmungen und die Kommunikationsangebote setzt sie in den Kontext des Diskurses 'Kunst im öffentlichen Raum' und erarbeitet dessen Wirkungsmöglichkeiten und Grenzen.
In ihren Ausführungen zeigt sie sich äußerst kompetent, vergleicht ihre künstlerische Position mit den Positionen anderer Künstler( u.a. Cage, Ahner, Holzer, Gerz, Domke, Jaar) und untersucht die Beziehungen zur Sprachwissenschaft, Musikwissenschaft, Naturwissenschaft und der Gesellschaftswissenschaften.

Schlüsselworte ihrer künstlerischen Arbeit sind Bewegung und Stillstand. Die Umsetzung ist gekennzeichnet von einer minimalistischen künstlerischen Ausdrucksweise der dezidierten Gedankenfelder, die das Thema in bemerkungsvoller Weise auf den Punkt bringen.
Evelyn May versteht es, sich im Raum zu verorten.

Ihre Videoarbeit "Tempo" (Übungsprogramm 1 und Übungsprogramm 2) ist genau so präzise, wie die vorangegangene Wahrnehmung des Umfeldes. Sie zeigt unauffällige gymnastische Übungen von einer Frau (Evelyn May) im roten Sportanzug, die sich konzentriert auf das Krafttraining mit der Aktentasche, bzw. der eigenen Arme und Beine. Sowohl das Video selbst, als auch dessen Ausstrahlung auf vorhandener Info-Screen gehören zu den künstlerischen Ausdrucksformen 'auf den zweiten Blick'. Sie eröffnet ein intelligentes, hintergründiges Spiel zwischen dem Ort, dem Betrachter und seiner Situation. Der 'Wartende' schaut zugleich in den Ort hinein, in dem er sich andererseits befindet, und wird aufgefordert, die Wartezeit nicht ungenutzt zu lassen -ein sarkastisches Wechselspiel der Wahrnehmung von Zeit. Auch die Funktion der Anzeigetafel wird umgedreht.

Bei der Arbeit "Zeitstrahl" nutzt sie 179 Fußbodenplatten einer U-Bahn Station, die sie mir einfachen weißen Klebestreifen exakt umrandet. Die einzelnen Kästchen tragen mittig eine Nummer von 1-179, die das Warten förmlich sortieren und im Kontext mit der Arbeit "Wartemarken" stehen. Hier benutzt sie vorhandene Fahrkartenentwerter und irritiert die U-Bahn Benutzer mit 'Bedienungsmarken', also Zahlen von 1-179 auf Abreißrollen, die gleichzeitig in der Bodeninstallation zu finden sind. Ohne jegliche Anweisung erzeugt sie so Bezüge und Reaktionen: wird der U-Bahn Fahrer sich auf 'seinen' Warteplatz stellen? Was passiert, wenn da schon einer steht?

Ihre Recherchen zur Umsetzung ihrer Arbeiten im öffentlichen Raum haben sie zu einer eigenen Methodik des Planungsprozesses angeregt, die zu einer eigenen Felduntersuchung führte, ähnlich den Projekten von Sabine Reuter.

Evelyn May spielt mit Wahrnehmungs- und Bewusstwerdungsprozessen und neuen Perspektiven von ortsbezogenen Handlungsfeldern in einer ganz eigenständigen Positionierung im Kunstraum. Sie versteht sich auf „das Navigieren im offenen System“.
Eine herausragende Position, ohne jede Einschränkung, die ich mit der

Note 1.0 (sehr gut) bewerte.

Seminar / Kurzbeschreibung

Die Arbeit ist entstanden im Kontext zum Seminar: Konzeptionelles Arbeiten im interdisziplinären Raum.
Künstlerische Untersuchungen zwischen Denk- und Handlungsfeldern.

Zuordnung Forschungsbereich

Arbeiten vor Ort und im öffentlichem Raum- geschlossene und offene Systeme

  • › digital sparks 2006 [link 04]
  • › Still: Übungsprogramm 2 [JPEG | 140 KB ] [link 05]
  • › Still: Titel [JPEG | 55 KB ] [link 06]
  • › tempo_Übungsprogramm1 [4 MB ] [link 07]
  • › tempo_Übungsprogramm2 [4 MB ] [link 08]
  • › Katalog [PDF | 245 KB ] [link 09]