Rainer Günther

Klangsynthese

Eine Unterrichtseinheit für die Sekundarstufe 1 und 2 im Rahmen des Projektes Me[i]mus

Oszillatoren in Reaktor Soundschool Analog

Oszillatoren in Reaktor Soundschool Analog

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Inhaltliche Beschreibung

Zeitbedarf und Rahmenbedingungen:
Die Unterrichtseinheit ist angelegt für SchülerInnen der Sekundarstufe I / II (Klassenstufe 10/11), die über Grundkenntnisse im Umgang mit Computern (Maus- und Tastatur-Bedienung, Daten speichern bzw. öffnen) verfügen. Außerdem sind Grundkenntnisse in Musikprogrammen wie Sequenzer nützlich. Das Unterrichtsmaterial ist so angelegt, dass die Einarbeitungszeit in die Software Cubase VST Education recht kurz ist.
Für die gesamte Unterrichtseinheit müssen sechs bis sieben Unterrichtsstunden veranschlagt werden. Eine Durchführung in Doppelstunden ist im Hinblick auf die Einrichtung der Arbeitsstationen (Hochfahren der Computer, Austeilen der Kopfhörer, Lade- und Speichervorgänge) und den Verlauf des gesamten Arbeitsprozesses sehr sinnvoll.
Die Geschichte des Synthesizers:
Synthesizer und elektronische Klangerzeugung sind aus der modernen Pop-Musik nicht mehr wegzudenken. Vor allem seit den neunziger Jahren erfuhren sie einen hohen Verbreitungsgrad. Musikrichtungen wie Techno und Trance entstanden.
Synthesizer kamen vor allem in den siebziger Jahren zum Einsatz. Diese Geräte waren am Anfang ihrer Entwicklung sehr unförmige Gebilde mit baulichen Größen, die mit einer Schrankwand vergleichbar waren. 1970 erschien der monophone „Mini-Moog,” ein baulich klein analoger Synthesizer, der noch heute bei vielen Musikern verwendet wird (Rick Wakemann - Yes).
Die klanglichen Möglichkeiten und damit auch die Bedeutung dieser Geräte für die Musik dokumentierten Keith Emerson von der Gruppe Emerson, Lake & Palmer und der Japaner Isao Tomita. Auch die deutschen Gruppen Kraftwerk und Tangerine Dream arbeiteten mit solchen Instrumenten und schufen damit bis in die heutige Zeit ein unverwechselbares Klangbild.
Polyfon arbeitende Synthesizer kamen in der Produktion von Pop-Musik der achtziger Jahre massenhaft zum Einsatz. Gruppen wie „Depeche Mode” und „Talk Talk” prägten mit ihrer elektronischen Musik ein ganzes Jahrzehnt und waren mit „Kraftwerk” wichtige musikalische und auch technologische Vorreiter der heutigen Produktion von elektronischer Musik. Anfang der achtziger Jahre entwickelten Firmen wie beispielsweise „Roland” ,„Yamaha” und „Korg” die ersten digitalen Synthesizer. Diese Geräte setzten sich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf der Bühne und in den Studios durch. Für Klangdesigner gab es jetzt viele neue Möglichkeiten des kreativen Arbeitens. Wenige Jahre später zog der bereits ebenfalls Anfang der achtziger Jahre entwickelte Sampler als neuste Technologie erfolgreich in die Studios als Produktionsmittel ein.

Synthesizer als Softwareprogramme in Computern:
Die rasend voran schreitende Entwicklung der Computertechnologie schuf Softwareprogramme in Computern, die den Synthesizer in seinen Funktionen simulieren können. Die Folge: es entstanden in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts virtuelle Synthesizer, die zunächst als „stand alone” -Programme funktionierten. Die Bedingungen der Produktion von elektronischer Musik verlangen aber, dass gleichzeitig mehrere unterschiedliche Synthesizer erklingen. Die führenden Hersteller von Sequenzerprogrammen wie „Steinberg” , „Emagic” und „Cakewalk” verfolgten dabei unterschiedliche Strategien zur Einbindung von virtuellen Klangerzeugern in ihren Sequenzern. Sehr weit verbreitet ist mittlerweile VST 2.0 als Schnittstelle zur Integration von virtuellen Instrumenten und Effekten. Im Internet sind derweil eine riesige Zahl an VST-Instrumenten und anderen VST-Plug-Ins wie Masteringtools oder virtuelle Effektgeräte zu finden. Sie stehen oftmals frei zum Herunterladen zur Verfügung. In den verschiedenen Versionen von Steinbergs „Cubase” lassen sich dann diese VST-Plug-Ins problemlos integrieren.

Lernziele:
¬ Der Aspekt „Klang” soll zunächst als eine physisch erzeugbare akustische Realität erfahren werden.
¬ Durch Imitation mit Instrumenten, der menschlichen Stimme und durch Auflisten der Charakteristika können die SchülerInnen die Hauptelemente der synthetischen Klangerzeugung besser verstehen.
¬ Eine einseitig technisierte Fixierung auf die Grundfunktionen von virtuellen Geräten in der Behandlung dieser Unterrichtsreihe ist somit ausgeschlossen.
¬ Die SchülerInnen lernen, Grundprinzipien der Klangerzeugung mit Synthesizern zu verstehen und anzuwenden.
¬ Sie unterscheiden die Charakteristika von Klangtypen und synthetisieren sie zielgerichtet.
¬ Sie werden in die Lage versetzt, experimentell eigene Klänge zu gestalten.
¬ Im Zusammenhang mit der Produktion eines Pop-Titels eignen sich die SchülerInnen Kenntnisse des Aufbaus und der Struktur von genretypischen Musikstücken an.
¬ Die SchülerInnen lernen die apparative Handhabung von VST-Instrumenten.
¬ Der Computer ist Produktionsmittel von Musik, ein Werkzeug zum Gestalten von Klängen und Thema in Hinblick der Umsetzung von hardwarebasierter Synthesizertechnologie zu einer virtuellen Synthesizertechnologie.


Unterrichtsansatz:
Um einen virtuellen Synthesizer bzw. ein VST-Instrument zielgerichtet im Unterricht einsetzen zu können, müssen ausgehend von einer notwendigen didaktischen Reduktion des Themenfeldes gleichwohl viele Details berücksichtigt werden. Eine Beschränkung auf die Grundparameter fördert eine systematische Vorgehensweise bei der Behandlung dieser Unterrichtseinheit. Der Erwerb von Grundwissen steht im Vordergrund. Unnötiger theoretischer und visueller Ballast wird anfangs vermieden. Da derzeitige Syntheseformen sehr komplex sind, würden SchülerInnen innerhalb des Unterrichts schnell überfordert werden. Neben vielen Syntheseformen ist die „subtraktive Klangsynthese” das beliebteste und weit verbreitete Klangverfahren. Spezielle Filter subtrahieren (wegnehmen) bestimmte Klangbestandteile aus der Wellenform. Der gewünschte Klang wird z.B. dadurch erzielt, dass bei Benutzung eines Tiefpassfilters immer mehr hohe Frequenzanteile weggenommen werden.
Die subtraktive Klangsynthese findet ihre Verwendung in vielen Hard- und Softwaresynthesizern. Die Daten, die für die Klangmanipulation benötigt werden, können zwischen den oben genannten Geräten sogar ausgetauscht werden. Daher ist eine didaktische Reduktion auf diese Klangsynthese folgerichtig.