Kerstin  Gabriel-Jeßke, Mathias  Thimm

Aus Gemälden werden Hörbilder

Eine Unterrichtseinheit für die Jahrgangsstufe 6 einer Schule für Schwerhörige im Rahmen des Projektes: Kinder-Kunst-Medien

(Philipp Hackert: Palazzina Borghese in Practica di Mare 1780, Ausschnitte

(Philipp Hackert: Palazzina Borghese in Practica di Mare 1780, Ausschnitte

Content Description

Vorbereitung des Museumsbesuchs
Die SchülerInnen erarbeiten sich den geschichtlichen Hintergrund des 19. Jahrhunderts mit Hilfe von Bildern und Textkarten. Dazu gehören vor allem die wichtigsten Erfindungen: Telefon, Glühbirne, Eisenbahn, Auto etc.
Ein Beispiel-Hörbild wird gezeigt und so die Aufgabe für den Museumsbesuch vorgestellt: Jeder Schüler soll sich ein Bild aussuchen, auf dem viel "Hörbares" zu sehen ist. Mehrere Gemälde werden in Hinblick auf diese Aufgabe besprochen.
Besuch der Alten Nationalgalerie in Berlin
Im Museum darf nur ohne Blitzlicht und Stativ fotografiert werden, was häufig zu unscharfen und schlecht ausgeleuchteten Bildern führt. Daher ist es zu empfehlen, die Museums- CD» Alte Nationalgalerie zu kaufen, auf der die meisten Bilder archiviert sind oder Postkarten zu erwerben, um sie später einzuscannen. Die SchülerInnen versuchen mit verschiedenen Abständen zum Bild und unterschiedlichen Belichtungen ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen. Sie notieren sich die Namen der Künstler und die Titel der ausgewählten Gemälde.

Bilder im Computer bearbeiten
Zuerst vergleichen die SchülerInnen die selbst erstellten Aufnahmen mit den Bildern auf der CD-ROM. Für die weitere Arbeit sollten sie möglicherweise ihre eigenen Fotos benutzen, da sie in Größe und Auflösung etwas besser geeignet sind. Grundsätzlich sollten die Bilder größer als in Bildschirmauflösung sein, da bei der Vergrößerung kleiner Bildausschnitte diese sonst sehr gepixelt werden. Das ist auch nicht mehr mit dem Werkzeug "Scharfzeichnen" im Programm › PhotoImpact 8 auszubessern.
Die SchülerInnen wählen nun Bildausschnitte aus, die hörbar gemacht werden können, z.B. einen Hund, einen Kirchturm etc. und speichern sie als gesonderte Bilddateien ab.

Bilder mit dem "MAGIX music maker" arrangieren
Mit dem Video- und Musik-Schnittprogramm › MAGIX music maker gestalten die SchülerInnen aus einem Gemälde einen Videoclip: Die Bildausschnitte haben sie vorher aus dem Gemälde im › PhotoImpact ausgeschnitten. Diese werden wie durch eine Lupe vergrößert in das Hintergrundbild eingeblendet. Die SchülerInnen wählen dabei eine logische Reihenfolge (von links nach rechts, von hinten nach vorne oder jeweils umgekehrt), wie nacheinander die einzelnen Bildausschnitte abgespielt werden sollen. Durch das Einblenden nur eines Ausschnittes in das große Bild entsteht dann auch schon eine Animation, da zuerst nur das große Hintergrundbild zu sehen ist und es dazwischen immer wieder ohne Vergrößerungen erscheint.


Geräuschsuche im Internet oder von CD
Zu jedem Bildausschnitt sollen passende Geräusche gefunden werden, auch "Atmos", die die Stimmung des Bildes einfangen. Im Internet gibt es dafür Geräuschdatenbanken wie z.B. die » Hörspielbox des Rundfunk Berlin-Brandenburg oder » sounddogs.com. » Die Internetseite » www.hoerspielbox.de funktioniert wie eine herkömmliche Suchmaschine. » www.sounddogs.com bietet Geräusche kostenlos nur in mittelmäßiger Klangqualität zum Herunterladen an, hochwertige Sounddateien sind hingegen kostenpflichtig. Die SchülerInnen können bei der Geräuschsuche mit einem Wörterbuch arbeiten. Die mit einer Stichwörter-Suche gefundenen Audiodateien können sie vorhören und herunterladen. Zu einigen Stichwörtern gibt es keine passenden Geräusche, so dass sie flexibel agieren und Alternativen oder Synonyme suchen müssen.

Geräusche zu den Bildern arrangieren
Im "MAGIX music maker" ziehen die SchülerInnen die verschiedenen Geräusche per "drag & drop" auf die Tonspuren unter den Bildern. Das Hintergrundgeräusch kann dabei mehrfach angefügt werden, falls es zu kurz sein sollte. Längere Töne werden teilweise beschnitten und in der Lautstärke angepasst. Die SchülerInnen arbeiten in kleinen Gruppen und sprechen sich ab, wer gerade Geräusche hören muss, damit es nicht zu laut wird. Es kann auch mit Kopfhörern gearbeitet werden, was allerdings die Teamarbeit erschwert.

Bilder zur Präsentation in Audioformate umwandeln
Die fertigen Hörbilder sind kleine Videos mit einer Länge von ungefähr zwei Minuten. Um sie mit dem "Windows Media Player" vor der Klasse zu präsentieren, werden sie im "MAGIX music maker" im AVI - Format exportiert (Datei - Endung: z.B. Filmbeispiel.avi). Mit Hilfe eines Beamers schauen sich die SchülerInnen am Ende ihre Werke in einer Größe an, mit der auch alle Details gut zu erkennen sind.


DIDAKTISCHE ASPEKTE
Zur Arbeit mit Schwerhörigen
¬ Das Erstellen von Hörbildern durch schwerhörige SchülerInnen soll neben deren künstlerischen und medialen Fähigkeiten auch den auditiven Sinn schulen. An einer Schule für Schwerhörige ist Hörerziehung ein durchgängiges Unterrichtsprinzip. Das Gehör sollte trainiert werden, da es sich ohne Hörerziehung weiter verschlechtert. Wichtige Aspekte sind dabei das Verständnis von Sprache sowie die Wahrnehmung alltäglicher Geräusche, z.B. Hundebellen, herannahende Autos etc., die lebenswichtig sein können. Bei der Geräuschsuche vergegenwärtigen sich die SchülerInnen diese auditiven Eindrücke.
¬ Dazu müssen sie die Geräusche benennen und mitunter Synonyme finden, was ihren meist eingeschränkten Wortschatz erweitert.
¬ Obwohl jeder Schüler sein eigenes Hörbild erstellen soll, arbeiten die Kinder meist paarweise zusammen und beraten sich gegenseitig. Dies führt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema. Zugleich unterstützen die besser hörenden Kinder ihre hochgradig schwerhörigen MitschülerInnen.
¬ Der "MAGIX music maker" stellt die Frequenzen der Geräusche graphisch dar. Die SchülerInnen können sich so die auditiven Signale über den visuellen Kanal erschließen und erfahren, welche Frequenzen sie hören und welche nicht.


Museumspädagogischer Ansatz
Der konkrete Arbeitsauftrag hilft den SchülerInnen bei ihren ersten Erfahrungen mit einem Kunstmuseum. Sie können sich durch diese Fokussierung besser orientieren und sind motiviert, weil sie wissen, welche Aufgaben im Anschluss folgen. Dabei ist der Arbeitsauftrag weit genug gefasst, um Raum für viele Beobachtungen zu schaffen, d.h. es gibt keine Beschränkung auf Epochen, Künstler oder ähnliches. Die Beobachtungsgabe verbessert sich und zugleich wird die Phantasie der SchülerInnen angeregt, da sie sich bereits beim Betrachten der Bilder die passenden Geräusche vorstellen müssen. Die Hemmschwelle, die oftmals bei einem ersten Museumsbesuch vorhanden ist, kann abgebaut und Interesse an weiteren Besuchen geweckt werden. Informationen zur Museumspädagogik gibt es beim » Bundesverband Museumspädagogik