Joachim Blank, Karl-Heinz Jeron, Thomas Kaulmann

Internationale Stadt

Die ideale Stadt im Internet

Internationale Stadt

Internationale Stadt

Statement

“Es kommt bei dieser Architektur nicht auf die Materie an, sondern auf die Organisationsform.” (Leonardo Mosso, Die programmierte Stadt, Turin 1969)

Das Projekt Internationale Stadt präsentiert die Stadt als soziales Phänomen menschlicher Entwicklung im Internet. Die Stadt als Sammelpunkt, Ballungszentrum, Kommunikations- und Informationsmedium mit ihren Dienstleistungsangeboten ist ein gesellschaftliches und universelles Gesamtmedium und verdient daher im Kontext der "Neuen Medien" besondere Aufmerksamkeit.
Grundlegender Ausgangspunkt unseres Projekts ist die Transformation verlorengegangener Funktionalitäten realer Städte in elektronische Netzwerke. Die Visualisierung von Stadtarchitektur ist in diesem Zusammenhang von geringem Interesse. Die Stadt im Netz wird die reale Stadt nicht ersetzen, sie jedoch ergänzen, erweitern und verändern. Ausgangspunkt dieser Vision ist eine Interessensgemeinschaft aus Künstlerinitiativen, Wissenschaftlern und anderen Interessierten. Das
verbindende Element dieser heterogenen Gruppe besteht in der Erforschung und Nutzung des weltweiten Computernetzwerks Internet.
Das Internet mit Millionen Nutzern in einer absolut dezentralen Struktur ist ein über Jahre gewachsener sozialer Organismus. Die derzeitige Weiterentwicklung dieses Massenmediums erfährt durch gigantische Synergieeffekte der in ihm wohnenden Menschen und Institutionen eine rasante Beschleunigung. Wie in jeder technologischen Neuentdeckung wird selbstverständlich das technisch Machbare versucht, der Sinn und Zweck solchen Handelns jedoch oft nicht auf seinen Nutzen für den Menschen überprüft.
Grundlage unserer Initiative im Umfeld einer dezentralen Struktur - sowohl im Netz als auch in der Kollaboration außerhalb des Netzes - ist das Interesse und die Fähigkeit, technologisch und konzeptionell, in einem soziokulturellen Kontext zu handeln. Die Idee der sozialen Vernetzung durch Technologie ist sicherlich nicht neu, hat aber unter den genannten Voraussetzungen eine vielleicht einmalige Chance, kommunikatives Handeln in elektronischen Netzwerken nicht ausschließlich monetären Zielen zu unterwerfen.
Der Mensch steht als aktiv Beteiligter und nicht als Verbraucher im Zentrum der Internationalen Stadt.
Neue zwischenmenschliche Beziehungen werden durch die Internationale Stadt initiiert und wirken auf den Alltag der realen Stadt. Er findet durch das globale Internet eine bereits vorhandene Infrastruktur vor, die Kommunikation und Informationsaustausch auf internationaler Ebene ermöglicht.
Das System basiert auf der Grundlage des World Wide Web und ist auch für ungeübte Benutzer leicht zu bedienen. Eine Struktur mit digitalen Clubs, Zeitungen, Galerien und vielen anderen Informationsressourcen bildet innerhalb der globalen Welt des Internet eine lokale Ausgangsbasis. Größere Benutzerkreise werden durch öffentliche Terminals an unterschiedlichen Orten mit der Internationalen Stadt in Berührung kommen und unter minimalen finanziellen und technologischen Voraussetzungen dieses System auch von zuhause nutzen. Erfahrungen mit "Clubnetz" - Terminals in fünf Berliner Music-Clubs und WWW-Terminals während der Reichtagsverhüllung haben gezeigt, dass öffentliche Zugänge zur Internationalen Stadt und zum Internet ein lebendiger Bestandteil des öffentlichen Raums werden können.

Stadtplanung
- erleichterter Zugang zum Internet und damit Beteiligung von Menschen, die aus nicht-technischen Erwägungen an digitaler Kommunikation teilhaben wollen
- Verwendung von mindestens zwei Sprachen (deutsch, englisch)
- gezielte Einbindung von Initiativen aus dem lokalen Umfeld der NutzerInnen
- Bereitstellung von Senatsdaten oder sonstigen Informationen von staatlicher Seite
- soziale Vernetzung durch verstärkten Ausbau von Echtzeit
- Kommunikation zwischen den EinwohnerInnen der Internationalen Stadt, Berlin, anderen internationalen/digitalen Städten und dem Internet
- Navigationshilfen zur gezielten Informationssuche
- Integration aller Internetdienste in die World Wide Web- Oberfläche der Internationalen Stadt
- die Bildung von geschlossenen und offenen Gruppen, die sich ihre Arbeitsumgebung selbst einrichten können
- öffentliche Terminals an verschiedenen Orten der Stadt, um vielen Menschen die Teilnahme zu ermöglichen
Die EinwohnerInnen der Internationalen Stadt gestalten ihre eigene Netzumgebung, die für andere einsehbar ist. Es entsteht ein sich selbst organisierendes System, in dem Kommunikationsformen und Inhalte durch bidirektionale Interaktion zwischen den BetreiberInnen und NutzerInnen bestimmt werden. Im Unterschied zu anderen Medien werden neue Informationen durch sozialen Austausch entstehen. Besucher aus dem Internet bekommen durch die Internationale Stadt einen authentischen Einblick in die lokalen Befindlichkeiten.
Die Internationale Stadt stellt unter Berücksichtigung früherer sozialutopischer Stadtentwürfe ein funktionales Modell für Stadtstruktur dar. Weitere Internationale Städte sind bereits online (Internationale Stadt Bremen, http://www.is-bremen.de/IS-Bremen/) oder in Vorbereitung. Dabei streben wir enge Kooperationen mit Freenetbetreibern und anderen Stadtprojekten wie "De Digitale Stad" (Amsterdam) u. a. an.
(Verein Internationale Stadt)

Sekundärliteratur