Manfred Koob, Marc Grellert

Synagogen in Deutschland

Visualisierung des Zerstörten

Synagoge von E. Oppler, Hannover_Kuppel

Synagoge von E. Oppler, Hannover_Kuppel

Statement

Im Sommer 1996 entstehen die ersten digitalen Bilder auf der Grundlage weniger Dokumente und Hinweise der noch lebenden Zeitzeugen. Es sind Bilder, die aus der Beschäftigung mit der Vergangenheit, mit jüdischer Kultur und jüdischem Glauben sowie aus der Begegnung mit den Überlebenden hervorgegangen sind. Es sind Bilder aus deutschen Städten, deutschen Straßen, deutscher Vergangenheit, die zeigen, zu welcher Blüte es die jüdische Kultur in diesem Lande gebracht hatte. Und dennoch sind es Bilder, denen das Leben fehlt. Sie weisen uns hin auf eine irreversible Zerstörung, geben uns lediglich eine Illusion, dauernde Gegenwart erzeugen zu können. Und wir erkennen gemeinsam - Zeitzeugen, Lehrende und Lernende -, dass wir über Generationsgrenzen hinweg Teil eines gemeinsamen Gedächtnisses sind, in dessen Verantwortung wir alle stehen.
(Koob, Manfred: Visualisierung des Zerstörten. In: Bonn 2000: Synagogen in Deutschland. Eine virtuelle Rekonstruktion. Ausst. Kat. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, S.10-17, S.11)

Theorie / Forschung

Wie waren die Reaktionen auf das Projekt und welche Erkenntnisse und Konsequenzen haben sich für die Evaluation des Projektes ergeben?
Die digitalen Bilder vermitteln die Dimension des kulturellen Verlustes des realen Raumes und waren in der Lage, einen hohen Grad an Emotionalität zu erzeugen. Bei den Bearbeitenden und der Öffentlichkeit wurde Erstaunen über das einst Vorhandene und Entsetzen über das Ausmaß der Zerstörung hervorgerufen. Bei den Zeitzeugen einerseits Schmerz über eine erneute Konfrontation mit dem Verlust, andererseits Freude über eine nicht für möglich gehaltene Veranschaulichung des real Verlorenen.
Das Projekt löste bei Zeitzeugen, Jüdischen Gemeinden und Medien ein enormes Echo aus. In unzähligen Presseartikeln, Rundfunk- und Fernsehbeiträgen von Medienanstalten aus der ganzen Welt wurde über das Projekt berichtet, u. a. mehrfach in FR, FAZ, Süddeutsche, Focus, Spiegel, Zeit, New York Times, London Times, LA Times, Jerusalem Post, El Pais, Le Monde, ARD, ZDF, ARTE, 3SAT, BR, HR, NDR, WDR, CNN, BBC.

Wie oft und in welchem Kontext wurde das Projekt präsentiert?
Das Projekt wurde in mehreren Ausstellungshäusern präsentiert, unter anderem in der Bundeskunsthalle in Bonn und in dem Diaspora Museum Tel Aviv. Des weiteren wurde das Projekt in Vorträgen und Kongressen in u.a. in Washington, Tel Aviv, London, Berlin, Hamburg, Sofia, Moskau, Peking, Mexiko City, Wien, Rom, Xiàn, Kiel, München, Singapur, Monteray, Venedig vorgestellt.

Wurde das Projekt anschließend erweitert oder aktualisiert? Haben sich aus der Arbeit andere Folgeprojekte ergeben?
Das Projekt regte eine Forschungsarbeit zum Thema „Erinnerungskultur im immateriellen Raum“ an, in dessen Rahmen ein interaktives öffentliches Internetarchiv entstand. Dieses beinhaltet Grundinformationen zu über 2200 deutschen und österreichischen Synagogen. Benutzer des Internets können weltweit Kommentare, Bilder, Links und Zeitzeugenberichte eigenständig hinzufügen. (www.synagogen.info)

(Marc Grellert & Manfred Koob)

Ausstellungen / Präsentationen

Veröffentlichungen