Manja Kurzak

Mixed Reality Tanztheater

Überlagerung in Raum und Zeit: Szenario zur Integration neuer Technologien in das Genre des Tanztheaters

CAVE und Tangible User Interface

CAVE und Tangible User Interface

Content Description

Das "Mixed Reality Tanztheater" nutzt Einsatzmöglichkeiten der zukunftsweisenden Forschungsgebiete virtueller, überlagerter und gemischter Realität (Virtual Reality VR, Augmented Reality AR, Mixed Reality MR) jenseits rein funktionaler Anwendungen. In einem künstlerischen Kontext spielt die Arbeit mit dem Aufeinandertreffen von virtuellen und realen Inhalten.
Konzept:
In einem experimentellen Tanztheaterstück sehen und erleben die ZuschauerInnen eine Collage aus realen und virtuellen Darstellungen. Statt dem klassischen Opernglas erhalten sie Augmented Reality Interfaces als erweiterte Sehhilfen. Unabhängig von ihrem physischen Standort können sie ihren Blickpunkt im realen und virtuellen Raum verlagern. Im Vergleich zu konventionellen Vorstellungen mit fester Bestuhlung und vorgegebener Blickrichtung auf den Bühnenraum eröffnen sich dem Publikum neue, selbst gewählte Perspektiven.
Bei dem Stück handelt es sich um eine Veranstaltung, die an zwei realen, räumlich voneinander entfernten Orten zeitgleich stattfindet. An jedem der beiden Orte befindet sich jeweils ein realer Tänzer und eine virtuelle Repräsentation, sprich Avatar, des jeweils anderen Tänzers. Bewegung wird mit dem so genannten MotionCapture Verfahren digitalisiert und graphisch verändert in den Displays der Teilnehmer des anderen Schauplatzes wiedergegeben.
Tanz, sprich körperliche Bewegung im Raum, bildet das Kommunikationsmittel der Akteure. Neben der Ausdruckskraft der Bewegung dient die, sich im Laufe der Veranstaltung verändernde, visuelle Gestaltung der Avatare als eine zusätzliche Nuance der Kommunikation.
Inhaltliche Umsetzung:
Auf der Seite des Zuschauers wird vor allem das Loslösen aus einer passiven Betrachtungsweise aufgezeigt. Die Verwendung von AR Displays, mobilen Eingabegeräten und Position Tracking erlauben ihm eine freie Standortwahl im Raum. Neben der Freiheit sich im Raum zu bewegen, kann er seinen virtuellen Blickpunkt im Raum verlagern. Auf diese Weise erschließen sich ihm assoziative Erzählschichten in seinem individuellen Blickfeld.
Auf der Seite der Tänzer / Akteure liegt der Schwerpunkt der Arbeit in der Gestaltfindung und visuellen Umsetzung der virtuellen Repräsentationen (Avatare) der Tanzenden.
Visuelle Umsetzung:
Die optische Gestaltung der Tänzeravatare ist aus unterschiedlichen Gedankenmodellen der gegenseitigen Körper- und Raumwahrnehmung aus der Tanztheorie hergeleitet. Um den Umfang dieses Textes zu begrenzen, möchte ich hier nur beispielhaft einige Tanztheoretiker und Choreographen namentlich erwähnen: Oskar Schlemmer (1888-1943), Rudolf von Laban (1879-1958) und Merce Cunningham (1912).
Das Nebeneinander von realen Inhalten und Körpern und virtuellen Repräsentationen wurde in einer Verknüpfung aus CAVE (dreidimensionaler, interaktiver Wahrnehmungsraum, Maßstab 1:1) und einer Augmented Reality Anwendung an einem physischen Architekturmodell (überlagerte Realität, Maßstab 1:33,3) präsentiert.
Annäherung und Distanzierung zwischen dem Teilnehmer in der CAVE und dem über eine tangible Eingabefigur agierenden Teilnehmer am physischen Modell lösen Veränderungen im Klang- und Bewegungsraum aus.
Den real-räumlichen Kontext bildet das Gebäude des Forum Neues
Musiktheater, ein Projekt der Oper Stuttgart (http://www.staatstheater.stuttgart.de). Das Gebäude wurde in 3d visualisiert, sowie als physisches Architekturmodell gebaut.
Hintergrund:
Definition Tanztheater:
Tanztheater ist eine Weiterentwicklung des Ausdruckstanzes und charakterisiert sich durch die Darstellung von Alltagssituationen, Emotionen und menschlichen Ängsten.
Die non-lineare Erzählweise, meist ohne eine durchgängige Handlung, arbeitet mit der Collage verschiedener Ausdrucksformen und Medien.
Neue Technologien:
Neue Werkzeuge werden in dieser Arbeit im Sinne von Marshall McLuhan* als Erweiterung des menschlichen Körperraumes und der menschlichen Funktionen aufgefasst.
(* 1911-1980, kanadischer Medienforscher)